Keine Aussicht auf Dividende, fragwürdige Entscheidungen der alten Führungsmannschaft bei Übernahmen und Beteiligungen – der Besitz von Bastei-Lübbe-Aktien ist nicht vergnügungssteuerpflichtig. Auf der ersten Hauptversammlung des börsennotierten Publikumsverlags mit dem neuen Vorstandschef Carel Halff wurde klar: Alles kommt auf den Prüfstand. Inklusive möglicher Schadensersatzforderungen an die Altvorstände.
Wurde Bastei Lübbe schlecht geführt?
Robert Stein, seit Dezember 2016 neuer Aufsichtsratsvorsitzender und enger Vertrauter von Großaktionärin Birgit Lübbe (33%), ging hart mit dem früheren Vorstandsvorsitzenden Thomas Schierack ins Gericht, der das Unternehmen im September Knall auf Fall ohne Abfindung und Bonus verlassen musste. Vorgeworfen werden ihm „nicht nachvollziehbare teure Zukäufe“ und weitere generelle Managementfehler bei der Führung des Unternehmens. Der im Dezember vergangenen Jahres neu installierte Aufsichtsrat habe unter der Leitung von Stein bislang bereits 12 Sitzungen absolviert, um alles zu durchleuchten. Dieser Prozess sei noch lange nicht abgeschlossen. Deshalb gab es auf der Hauptversammlung auch keine Entlastungen für den Vorstand und den ehemaligen Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2016/2017. Sie wurden bis zur nächsten Hauptversammlung vertagt.
Zu den Altlasten mit juristischer Virulenz für die Gegenwart gehört auch der Fall des ehemaligen Aufsichtsrats-Mitglieds Michael Nelles, während seiner Amtszeit offenbar in Doppelrolle auch als Berater für das Unternehmen aktiv. Wie auf der Hauptversammlung bekannt wurde, wurden ihm für den Zeitraum 2015/2016 Beraterhonorare in Höhe von 833.000 Euro gezahlt, über eine Zahlung von weiteren 366.000 Euro liegt er derzeit mit Bastei Lübbe in einem Rechtsstreit.
Arbeit an unternehmensinternen Strukturen
Bei weitem noch nicht abgeschlossene Vergangenheitsbewältigung und erste Maßnahmen: Halff und der neue Finanzvorstand Ulrich Zimmermann, im Juni in die Führungsmannschaft geholt, haben unternehmensintern eine Reihe von Änderungen auf den Weg gebracht, um Bastei Lübbe trittfester zu machen:
- Einführung eines monatlichen Reportings
- Etablierung eines effizienten Risikomanagement-Systems
- Von der Hauptversammlung abgesegnet wurde die Einführung eines variablen Vergütungssystems für die Vorstandsmitglieder, das sich an der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung orientiert.
Halff ruft Bastei Lübbe zu einem neuen Aufbruch auf
Wie soll es mit Bastei Lübbe weitergehen? „Das Haus hat Herausforderungen, aber einen großartigen Kern mit Top-Mitarbeitern, die einen neuen Aufbruch wollen“, betonte Halff in seiner Anrittsrede vor den Anteilseignern. Auf der Agenda hat er die Stärkung des „klassischen Kerns des Publikumsverlags“, aber auch die „konsequente und vollständige Nutzung der Digitalisierung“.
„Effizienzsteigerung fängt mit einer gründlichen Portfolioanalyse an und beinhaltet gegebenenfalls auch Bereinigung“, betonte der ehemalige Weltbild-Chef. Ein erster Schnitt wurde bereits kurz nach seinem Amtsantritt Anfang November vollzogen: Halff hat bei der Streaming-Plattform Oolipo den Stecker gezogen. Das mit hohem finanziellen Aufwand entwickelte Portal, von Ex-Vorstand Schierack den Aktionären und der Branche in der Vergangenheit unermüdlich als Schlüsselprojekt für die Zukunft verkauft, habe die notwendigen Nutzerzahlen weit verfehlt. Hinzu kam, dass das vorgesehene Investitionsvolumen in Höhe von 6 Mio Euro ausgereizt war und kein neuer Co-Investor gefunden werden konnte.
Halff hat auch die unter Schierack zugekaufte Tochter Buchpartner offenbar unter besonderer Beobachtung. „Der Einstieg in das von schwachen Margen gekennzeichnete Geschäft im hart umkämpften Lebensmittel-Einzelhandelsmarkt entwickelt sich in diesem Geschäftsjahr zu einer großen Herausforderung, die großer Aufmerksamkeit bedarf“, stellte er klar.
In die Pflicht genommen wird auch die Beteiligung Daedalic, der Halff eine „beeindruckende Unternehmensgeschichte“ attestierte. Aber: Die Hamburger Spieleschmiede, die die Game-Adaption des Bestellers „Die Säulen der Erde“ von Ken Follett realisiert hat, müsse weiter beweisen dass mit ihr sich „für Bastei Lübbe signifikante Vorteile erzielen lassen“.
Blick auf Bestseller soll Mut machen
Applaus kassierte von den Anteilseignern Klaus Kluge, Vorstand mit den Ressorts Programm, Marketing und Vertrieb. Zeitgleich mit der überraschenden Bestellung von Halff wurde im Oktober auch der Vertrag von Altvorstand Kluge um 3 Jahre verlängert, wobei er zu Zugeständnissen bereit war, wie auf der Hauptversammlung bekannt wurde. Kluge hat einen Vertrag mit Konditionen deutlich unter seinen früheren Bezügen unterschrieben und damit, so Stein, gezeigt, dass er „bereit sei, seinen Teil zur Begrenzung des Schadens beizutragen“. Kluge blickte voraus und zeichnete das Bild von „Blockbustern auf der Zielgeraden“. Mit „Das Fundament der Ewigkeit“ von Ken Follett und „Origin“ von Dan Brown hat Bastei Lübbe im Weihnachtsgeschäft gleich zwei heiße Eisen im Feuer. Mit Follett ist (per 31. Dezember) ein Umsatziel von 8,5 Mio Euro verbunden, der aktuelle Titel von Dan Brown steht für prognositizierte 11,2 Mio Euro. Für eine Bescherung soll auch „Gregs Tagebuch. Band 12″ von Jeff Kinney sorgen (Umsatzziel bis Jahresende: 4,5 Mio Euro). Kluges frohe Botschaft: Kinney arbeitet bereits an Band 13.
Im kommenden Jahr sollen u.a. Beseller-Garanten wie Andreas Eschbach oder Andrea Camilleri die Kurven klettern lassen. Hinzu kommt die Taschenbuchvertung der Top-Autoren Ken Follett, Dan Brown und Rebecca Gablé.
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