Der Weg der neuen Urheberrechtsrichtlinie durch die europäischen Instanzen geht weiter: Aktuell hat der Rechtsausschuss des EU-Parlaments (JURI) über das künftige Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt abgestimmt.
Die für die Buchbranche wichtigsten Beschlüsse und Positionen im Überblick:
- Verlegerbeteiligung: Bezüglich der Beteiligung von Verlagen an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften entschied sich der Ausschuss für einen Kompromiss. Dieser sieht vor, dass nur die Länder zur (gerichtlich gekippten) Verlegerbeteiligung zurückkehren dürfen, in denen diese Regelung bis zu einem bestimmten Stichtag schon existiert hatte. Im Hinblick auf den noch anstehenden Trilog halten einzelne Beobachter diese Stichtagsregelung jedoch für wenig durchsetzungsfähig. Bei den Buchtagen hatten die Verlage im Börsenverein hierzu noch einmal in einem „Berliner Appell“ Stellung bezogen und sich u.a. auch gegen eine Stichtagsregelung ausgeprochen.
- Werknutzung im Unterricht: Hinsichtlich der Verwendung von urheberrechtlich geschützten Werken im Unterricht einigte sich der Ausschuss auf eine Bereichsausnahme für Schulbücher.
Die sowohl in der Politik als auch in der Netzwirtschaft äußert umstrittenen Artikel zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage (Art. 11) und zur Plattformregulierung (Art. 13) wurden zwar abgesegnet, aber bei den Beratungen im Parlament dürften sie erneut zur Debatte stehen. Kritiker befürchten dadurch eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Verlegerverbände begrüßen dagegen die Entscheidung für ein Leistungsschutzrecht.
Die Beschlüsse sind nicht endgültig: Ab dem 3. Juli berät zunächst noch das EU-Parlament über den Bericht seines Ausschusses. Beobachter halten es für möglich, dass das Plenum dann einzelne JURI-Ergebnisse ablehnt und ggf. selbst noch einmal über jeden Regelungsvorschlag einzeln abstimmt. Erst, wenn das Parlament seine Position bestimmt hat, können die Trilog-Verhandlungen zwischen den EU-Gremien beginnen. Die EU-Kommission hat ihren ersten Richtlinienentwurf 2016 vorgelegt, der EU-Rat sein Positionspapier für die anstehenden Verhandlungen Ende Mai.
Hintergrund: Gekippte Verlegerbeteiligung
Den EU-Verhandlungen zur Verlegerbeteiligung sind Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesgerichtshofs (BGH) vorausgegangen:
- Der EuGH hat im Herbst 2015 im sogenannten Reprobel-Urteil zu einem Fall aus Belgien entschieden, dass die Beteiligung von Verlagen an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften aus Urheberrechtsabgaben rechtswidrig sei.
- Im April 2016 hat der BGH in letzter Instanz die Beteiligung von Verlagen an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften gekippt. Im Revisionsverfahren zwischen dem Wissenschaftsautor Martin Vogel und der VG Wort hatten die Richter entschieden, dass die Verwertungsgesellschaft nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag (je nach Sparte bis zu 50%) ihrer Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen an Verlage auszuzahlen.
Für viele Buchverlage war das Vogel-Urteil mit Blick auf die europäische Rechtsprechung erwartbar, aber dennoch ein harter Schlag, weil die mit den Autoren geteilten Verwertungserlöse lange eine fest einkalkulierte Einnahmequelle waren. Hinzu kommt, dass die Verlage die seit 2012 zu Unrecht erhaltenen Ausschüttungen an die VG Wort zurückzahlen mussten. Diese Gelder wurden Ende 2017 an die Urheber ausgezahlt.
Bis die angedachte Änderung des europäischen Rechts die Rückkehr zum alten System ermöglicht, können deutsche Veleger im Rahmen einer nationalen Behelfslösung (die Autoren müssen bei jedem Werk explizit zustimmen) wieder an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden.
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