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Verdrängung im Bücherregal: Ikea inszeniert Wohnen mit wenig Buch

Seit der Kundenschwundstudie des Börsenvereins ist die Buchbranche besonders sensibel für Anzeichen eines schleichenden Bedeutungsverlustes. Ein klassischer Seismograf ist der Ikea-Katalog: Seit den 1970er-Jahren beeinflusst das große Mitnahme-Möbelhaus durch lebensnah unaufgeräumte Raum-­Inszenierungen die deutsche Wohnkultur, oft mit reichlich Büchern, so vor allem auch im gerade ausgedienten Katalog 2018.

Medienkultur im Spiegel des Ikea-Katalogs: Bücher machen sich als Teil der Wohnkultur im neuen Ikea-Katalog 2019 anders als in früheren Jahren rar. Ausnahmen wie die Sofa-Inszenierung (l.) gemahnen eher an das verunglückte Motto der Branchenmarketingkampagne „Vorsicht Buch“. Die Jugendzimmer-Szene (r.) illustriert anschaulich die Medienkonkurrenz. (Fotos: Inter IKEA Systems B.V.)

Geht es dagegen nach dem in diesen Tagen an ca. 25 Mio deutsche Haushalte verteilten 300-Seiten-Katalog 2019, spielen Bücher nur noch eine marginale Rolle. Statt der bunten Bücherregale früherer Jahre finden sich meist nur noch in schwarzen oder weißen Umschlägen neutral gewandete Einzelstücke als marginale Accessoires. Zahlreiche der abgebildeten und explizit als „Bücherregal“ bezeichneten Möbel enthalten Wollknäuel, Geschirr und andere Haushaltsgegenstände, aber kein einziges Buch.

Dass das einzige Fotomodel mit Buch-Zuwendung von der Lektüre erschlagen auf dem Sofa inszeniert wird, gehört zu den besonderen Gemeinheiten des Art Directors des diesjährigen Katalogs. Der Blick ins Jugendzimmer wiederum schmerzt durch seine hohe Authentizität (s. Abb.).

Kommentare

2 Kommentare zu "Verdrängung im Bücherregal: Ikea inszeniert Wohnen mit wenig Buch"

  1. Erstaunlich, wie sehr alte Geschichten immer wieder neu belebt werden. Bereits 2010 hat der Kritiker der SZ Gerhard Matzig einen lesenwerten Nachruf auf das Bücherregal geschrieben. Über das Verschwinden der Bücher ist im Nachklapp viel geschrieben worden und dennoch bleibt auch festzuhalten, dass zum Beispiel über 1300 öffentliche Bücherschränke in der Republik Bücher ganz anders in den öffentlichen Raum stellen als Werbekataloge. Vielleicht sollten wir uns nicht so sehr damit beschäftigen, ob in Katalogen noch Bücher in Regalen stehen, sondern wie wir Lesen und Geschichten erzählen wieder in den Fokus bringen, nicht nur bei den jungen Lesern, sondern mitten in der Gesellschaft.

  2. Lesen fängt mit dem Lesenlernen an. Wenn wir Leser haben wollen, dann müssen wir uns auch dafür einsetzen, dass die heutigen Grundschüler auch wirklich das Lesen und Schreiben lernen. Und das lernt ein Fünftel und bald ein Drittel (!) nicht. Eine lange Sicht ist gefordert, auch Wälder entstehen bei uns nur durch das Aufforsten, das viele, viele Jahre vorher geschehen muss. Wenn wir hier nicht endlich gegensteuern, wann dann? Bessere Ausbildung an Schulen und Hochschulen! Bitte unterschreiben Sie unter change.org die wichtige Erklärung von Kirsten Boie „Jedes Kind muss lesen lernen“. Wie lange wollen wir noch warten?

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