Vor einem Jahr wurde der Schweizer Bildungsdienstleister Edupartner der Klett-Gruppe gegründet. CEO Jürgen Weder über Herausforderungen bei der Digitalisierung des Bildungsmarktes.
Wo steht der deutschsprachige Bildungsmarkt beim Thema Digitalisierung heute?
Da gibt es große Unterschiede: In staatlichen Bildungseinrichtungen ist die Digitalisierung tendenziell nicht so weit fortgeschritten wie im privatwirtschaftlichen Bereich. Das fängt bei fundamentalen Themen wie Infrastruktur und WLAN oder dem Austausch mit den Eltern an und reicht bis hin zu den eingesetzten Medien im Selbststudium oder Unterricht.
Warum verläuft der Prozess so schleppend?
Es gibt insgesamt viele Stakeholder und auch die Frage, wer die Vorgaben macht. Es werden beispielsweise Programme gestartet, um Tablets zur Verfügung zu stellen, ohne dabei jedoch den gesamten Bildungsprozess bis hin zu einem sinnvollen Einsatz zu berücksichtigen. Es gibt viele Akteure, die mitbestimmen möchten, und gleichzeitig Ängste der Lehrkräfte.
Wie sollten digitale Bildungsmedien idealerweise aussehen?
Das hängt von der Zielgruppe ab. In der höheren Bildung wollen Menschen zum Beispiel möglichst effizient einen Abschluss schaffen. Lehrbücher müssten an dieser Stelle mindestens als Nachschlagewerk digital als E-Book zur Verfügung stehen, da sprechen wir noch gar nicht von interaktivem Lernmaterial oder Videos. In den Lernräumen muss der Zugang zu diesen Unterlagen geschaffen und organisiert werden. Inhaltlich ist zu fragen: Welches Medium ist für diesen Inhalt am sinnvollsten? Tabellen und Darstellungen sind für das Buch auch weiterhin geeignet, aber digitale Bildungsmedien eignen sich sehr gut, wenn es um Erklärungen geht. Bedienungsanleitungen konsumiert man heute beispielsweise auf Youtube.
Was hat sich durch Corona bereits geändert?
Digitale Produkte und E-Books werden stärker nachgefragt, bei den Verlagen gibt es spürbare Umsatz- und Absatzsteigerungen. Auch bei den Verlagen selbst wird der Prozess beschleunigt. Womit sich oft noch schwergetan wird: Ein digitales Produkt ist in der Entwicklung nicht mit traditionellen Verlagsprodukten zu vergleichen, da muss zum Teil erst einmal verstanden werden, wie das funktioniert und vertrieben werden kann. Ist es ergänzend, das gleiche oder eigenständig? Es gibt viele offene strategische Fragen, die unglaublich spannend sind und mit denen wir uns gerne beschäftigen. Crossmediales Publishing überfordert viele Verlage noch. Ich ermutige dazu, sich damit aktiv auseinanderzusetzen. Denn die Digitalisierung ermöglicht für Verlage ganz neue Geschäftsfelder, Strategien und Produkte.
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