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Vertrauen als Transformations-Treiber

Die Welt verändert sich mit wachsender Geschwindigkeit – besonders für Unternehmen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Führungskräfte, Fachabteilungen und HR-Verantwortliche Fachkräfte für die Zukunft befähigen. Wie wird diese Kompetenzentwicklung am besten organisiert und prozessualisiert?

In einer dreiteiligen Serie im Channel Produktion & Prozesse auf buchreport.de beschreibt ein Autorenteam um Julia Held, Program Assistent im Programm „Unternehmen in der Gesellschaft“ in der Bertelsmann Stiftung, mögliche Wege dafür. Im zweiten Teil wird gezeigt, wieso Innovation am besten aus einer Haltung gegenseitigen Vertrauens entsteht und welche Rolle New Work dabei spielt.

 

Die Analyse der betrachteten Baustellen und Handlungsfelder der betrieblichen digitalen Transformation zeigt, dass sie eines gemeinsam haben: Sie setzen Menschen im Unternehmen voraus, die bereit sind, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Wege zu gehen. Diese Bereitschaft an entscheidenden Punkten in den Unternehmen ist die Bedingung dafür, dass mit Innovationen eine Transformation angegangen werden kann. Wir haben es im vorherigen Beitrag die entsprechende Unternehmenskultur genannt. Nun ist aber Kultur immer das Ergebnis der sozialen Interaktion von Individuen, die sich dann in Werten und Normen als Elemente der Kultur manifestiert.

Warum sind Menschen überhaupt innovativ?

Von daher lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die Motive der Menschen zu werfen, diese Änderungen, die auch ihren eigenen Status zum Negativen verändern könnten, trotz der Risiken anzugehen. Wir haben in den vergangenen Jahren im Zuge unserer Projektarbeiten die Erfahrung machen können, dass betriebliche Digitale Transformation ohne eine genauere Betrachtung der Prinzipien von „New Work“ als Motor für Innovationen unmöglich erscheint.

Der US-Österreicher Frithjof Bergmann hat bereits in den 1970er Jahren den Kern der New-Work-Bewegung geschaffen. Mit der Digitalisierung der Arbeit erfährt das Konzept eine nochmals aktualisierte Dynamik. Führung ist gut beraten, sich mit den Prinzipien von „New Work“ zu beschäftigen – ihre Angestellten machen dies bereits.

Das Konzept von „New Work“ wird in seinem Ursprung Frithjof Bergmann zugeschrieben. Bergmann, ein österreichisch-amerikanischer Philosophieprofessor an der Universität von Ann Arbor, hatte in den 1970er Jahren in den Autofabriken von General Motors in der Produktion gearbeitet und angefangen, die bestehenden Logiken der Produktion und der Bedeutung von Arbeit zu hinterfragen. Er hat vor Augen geführt bekommen, dass die meisten Menschen in ihrem Job als „Rädchen im Getriebe“ fungieren und der „Zweck“ von Arbeit mit der Einführung von Lohnarbeit als Arbeitsmodell zum Selbstzweck geworden ist. Eine Nähe zu den Aussagen von Karl Marx zur Selbstentfremdung ist naheliegend.

Als General Motors dann eine großflächige Kündigung der dortigen Arbeiter ankündigte, schlug Bergmann vor, alternativ die Arbeitszeit aller zu reduzieren. In der dann gewonnenen freien Zeit von sechs Monaten sollten die Beschäftigten in sogenannten „Zentren der neuen Arbeit“ herausfinden, wie sie mit selbstständiger Arbeit ihren eigenen Unterhalt dadurch verdienen können, dass sie herausfinden, was „sie wirklich, wirklich wollen“. Er beklagte eine „Armut der Begierde“, die sich daraus ergibt, dass wir im Zuge der Lohnarbeit vergessen oder verschüttet haben, was uns wirklich antreibt, für welche Werte wir wirklich stehen, was unserem Leben wirklich einen Sinn gibt.

An dieser Stelle wird deutlich, wie wichtig diese Arbeiten für die heutige Einordnung digitalen Arbeitens gewesen sind. Wenn wir heute im Kontext der betrieblichen digitalen Transformation über die Notwendigkeit von

  • Eigenverantwortung
  • Kommunikation auf Augenhöhe
  • Wertschätzung der anderen
  • Fähigkeit zum Teilen
  • Befähigung zur Kreativität
  • Leben von Diversität
  • Achtsamkeit mir selbst gegenüber
  • Nachhaltigkeit der Umwelt gegenüber

sprechen, dann steckt darin die Bergmannsche Frage nach dem, was wir wirklich, wirklich wollen. Wir erwarten diese Werte im Umgang mit den Mitmenschen im Unternehmen genauso und verstärkt auch im Umgang mit der Umwelt.

Wie Motivation und Vertrauen einander bedingen

Eine Transformation muss diese Fragen im Blick haben und sie beantworten können. In Corona-Zeiten und mit der politischen Bitte um Homeoffice gelangen diese Fragen in ein Brennglas, wenn Arbeitgeber in den Nachrichten behaupten konnten, der Beschäftigte würde im Homeoffice den Arbeitgeber hintergehen und Monopoly mit den Kindern spielen statt zu arbeiten. In diesen Momenten fragen sich die Beschäftigten, für wen sie da eigentlich arbeiten, welches Menschenbild für den Arbeitgeber handlungsleitend ist, wie man in entsprechenden Unternehmen miteinander umgeht.

Der Channel Produktion & Prozesse

Weitere Lösungen, Impulse und Erfahrungsberichte für die Verlagsproduktion lesen Sie im Channel Produktion & Prozesse von buchreport und Channel-Partner Publisher Consultants.
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Um aber diese Widersprüche überhaupt zu erkennen, muss man als Führungskraft, die eine Transformation mit Innovationen vorantreiben möchte,

  1. erkennen, welche Bedeutung das digitale Arbeiten dafür hat, die entsprechenden Fragen überhaupt stellen zu können
  2. den Willen haben, darauf im Zuge der Transformation Antworten zu finden.

Praxisnah formuliert: Als Führungskraft muss man gelernt haben, dass man in digitalen Räumen nicht mit den üblichen Insignien der Macht – Mimik, Gestik, Lautstärke, körperliche Dominanz, Verhinderung von schwierigen Diskussionen – agieren kann. Es ist nicht sinnvoll, in einem gemeinsam vom Team bearbeiteten Dokument mit Caps-Locks − dem Pendant des lauten Sprechens in Offline-Meetings – zu arbeiten.

Voraussetzung von individueller Innovationsfähigkeit als Bedingung für eine erfolgreiche Transformation ist demnach das Hinterfragen des eigenen Wertesystems, das Hinterfragen bisheriger Arbeitsweisen und Arbeitskulturen. Aus unserer Sicht sind dabei drei Bausteine maßgeblich:

  • Es geht darum, das Prinzip der Vereinbarkeit weiterzuentwickeln. Auch Bergmann hat von Anfang an die Arbeitsrealität in zwei Sphären eingeteilt: Auf der einen Seite die Sphäre der Pflicht-Arbeit, auf der anderen Seite die Arbeit, die wir wirklich wollen. Vereinbarkeit muss also in Zukunft noch sehr viele weitere Aspekte aufnehmen als sich „nur“ auf die Vereinbarkeit von Privat- und Arbeitsleben zu konzentrieren.
  • Arbeiten finden daher zunehmend auch an anderen Arbeitsorten statt, da sich bei jeder Form von Büroarbeit − und dies betrifft die relative Mehrheit aller Arbeitsplätze − die Frage stellt, warum sie nur im Büro und nicht in angenehmeren Umgebungen stattfinden sollte.
  • Die ersten beiden Punkte führen ganz automatisch zu der Frage, wie diese Veränderungen mit der bestehenden Arbeitsregulierung vereinbar sind.

 

Der Text ist Teil des Buchs „Handbuch Digitale Kompetenzentwicklung“, das 2021 im Regensburger Innovationszentrum für Industrie 4.0 unter Herausgeberschaft des Mitgründers Philipp Ramin entstanden ist. Mit freundlicher Genehmigung des Carl Hanser Verlages.

Philipp Ramin (Hg.): Handbuch Digitale Kompetenzentwicklung. Wie sich Unternehmen auf die digitale Zukunft vorbereiten.

  • 2021 
  • 720 Seiten 
  • 249,99 Euro

 

 

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