Nur wenige Themen werden derzeit emotionaler und gegensätzlicher diskutiert als die Frage nach geschlechtergerechter Sprache, nach dem Gendern. Jetzt hat der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL) zu einer Versachlichung der Debatte aufgerufen. Damit reagiere der Berufsverband der Textprofis auf Forderungen nach einem Genderverbot, die immer wieder und jüngst aus der Hamburger CDU zu hören seien, heißt es in der Mitteilung des Verbands.
Angelika Pohl, Sprecherin der VFLL-Regionalgruppe Hamburg, sagte nach einer Sitzung der verbandsinternen Arbeitsgruppe „Sprachwandel“ Ende Mai: „Nach unserer Erfahrung möchten viele Mitarbeit:erinnen in Behörden, Institutionen und Unternehmen diskriminierungsfrei formulieren. Vor allem aber möchten sie ihre eigentliche Arbeit erledigen. Es gibt deshalb ein verständliches Bedürfnis nach alltagstauglichen Lösungen für die geschlechtergerechte Kommunikation. Rufe nach einem Genderverbot helfen da nicht.“ Die Arbeitsgruppe „Sprachwandel“ sensibilisiert und unterstützt die Mitglieder des VFLL mit Informationen zu geschlechtergerechter und diskriminierungsfreier Sprache.
Eine einfache Möglichkeit, alle Geschlechter anzusprechen, sei das Gendern mit Sonderzeichen wie dem Sternchen oder Doppelpunkt. Das haben einige Kommunen erkannt und entsprechende Regeln an ihre Verwaltung herausgegeben. Dort schreibt man nun zum Beispiel „Liebe Kolleg*innen“ oder „Liebe Kolleg:innen“.
Wer den Genderstern nicht verwenden möchte, kann an vielen Stellen auch durch Wortwahl oder Umformulierungen geschlechtergerecht schreiben. Statt „Liebe Kollegen“ heißt es dann etwa „Liebes Team“. Ein anderes Beispiel, das viele Menschen gar nicht als Gendern empfinden: Das Straßenschild „Radfahrer absteigen“ lässt sich umformulieren zu „Das Rad bitte schieben“. Pohl ergänzt: „Das Straßenschild-Beispiel zeigt auch sehr schön, dass Gendern Texte gleichzeitig freundlicher, geradezu bürgernah machen kann.“
„Klare Regeln kann es noch nicht geben. Der sprachliche Wandel hin zu mehr Gerechtigkeit ist ein Prozess und braucht Zeit. Das sieht übrigens auch der zwischenstaatliche Rat für deutsche Rechtschreibung so und hat bewusst noch keiner Schreibweise den Vorzug gegeben“, erklärt die Hamburger Lektorin Pohl.
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