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Menczykalski: »Wir werden nicht in andere Märkte ausweichen«

„Für einen Publikumsverlag wie uns gibt es nichts Schlimmeres, als wenn ein Titel nachgefragt wird, aber nicht lieferbar ist“, umreißt Silvia Menczykalski, Herstellungsleiterin von Bastei Lübbe, das Worst-Case-Szenario. Damit das trotz unverändert angespannter Situation bei der Beschaffung von Papier und anderer Materialien zum Buchdruck nicht passiert, sind sie und ihre Kolleginnen und Kollegen in diesem Jahr früher als sonst in die Auflagenplanung fürs Weihnachtsgeschäft eingestiegen, um Druckaufträge zeitig auf den Weg zu bringen und nicht von Verzögerungen im Einkauf überrascht zu werden.

Neben frühzeitigem Disponieren und Bevorratung, etwa für die Spitzentitel von Dirk Rossmann (ET: 18.10.) und Ken Follett (ET: 9.11.), setzt sie auch auf Flexibilität bei der Papierauswahl. Was Menczykalski für die kommenden Vertragsverhandlungen im Einkauf erwartet und wieso das Ausweichen in andere Märkte für sie keine Option ist, erklärt sie im Interview.

»Seit Jahresanfang hat sich eine Dynamik entwickelt, die ich so nicht erwartet habe.«

Silvia Menczykalski (Foto: Olivier Favre)

Wie schätzen Sie die Lage ein?

Es gibt wohl keinen Verlag in Deutschland, der die angespannte Lage in den Rohstoffmärkten nicht zu spüren bekommt. Aktuell treffen zwei Dinge zusammen: Preiserhöhungen und Lieferschwierigkeiten bei Papier und weiteren Materialien. Preisschwankungen gibt es immer, und die Situation auf den Zellstoffmärkten ist auch nicht neu, aber seit Jahresanfang hat sich eine Dynamik entwickelt, die ich so nicht erwartet habe.

Wir befinden uns daher im ständigen Austausch mit unseren Druckdienstleistern und telefonieren derzeit etwa einmal in der Woche miteinander. Deren Einkäufer sind noch näher am Markt und können schneller reagieren. 

Ein Vorteil ist, dass wir seit einigen Jahren nicht mehr auf spezifische Papiere setzen, sondern mit Papierklassen arbeiten. Das verschafft den Druckereien mehr Flexibilität beim Materialeinsatz. Aktuell sind wir auch durch Bestandsverträge abgesichert, aber die nächsten Verhandlungen kommen und werden nicht einfach.

Wie verändert die jetzige Situation Ihre Planung?

Vor allem bei potentiellen Bestsellern hat es sich bewährt, frühzeitig zu planen. Damit sind wir bislang gut gefahren, und das werden wir auch weiterhin so tun. Bei den neuen Romanen von Rossmann und Follett, die im Oktober und November erscheinen, haben wir schon im Juni über Bevorratung gesprochen, um die Lieferfähigkeit sicherzustellen.

Man hört allgemein, dass derzeit mehr eingekauft und sich bevorratet wird, vor allem mit Blick aufs Weihnachtsgeschäft. Auch wir haben angefangen zu sondieren, welche Titel, auch aus der Backlist, zum Jahresende nochmal anziehen werden, um frühzeitig zu disponieren. Sonst machen wird das in der Regel Ende August.

»Bei den neuen Romanen von Rossmann und Follett, die im Oktober und November erscheinen, haben wir schon im Juni über Bevorratung gesprochen.«

Haben Sie Sorge um die Lieferfähigkeit im Weihnachtsgeschäft?

Wir haben es früher immer gut hinbekommen, selbst wenn wir von der Nachfrage nach einem Titel überrascht wurden, und ich bin optimistisch, dass wir es in enger Zusammenarbeit mit unseren Druckereien auch dieses Mal schaffen. Für einen Publikumsverlag wie uns gibt es nichts Schlimmeres, als wenn ein Titel nachgefragt wird, aber nicht lieferbar ist.

Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit Ihren Dienstleistern?

Bisher habe ich die Zusammenarbeit als sehr gemeinschaftlich und solidarisch erlebt. Die Druckereien haben früh signalisiert, dass der Einkauf schwieriger ist und die Preise steigen. Eine harte Konfrontation führt zu nichts. Wir müssen gemeinsam eine Lösung finden, die für beide Seiten wirtschaftlich und tragbar ist. Das hat bislang gut funktioniert, und ich bin sicher, dass es auch künftig funktionieren wird. Gerade weil es für beide Seiten enger wird und die kommenden Verhandlungen härter werden. Wir sind letztendlich aufeinander angewiesen.

Wir werden auch nicht in andere Märkte ausweichen. Fernost ist keine Option für uns. Einmal aus den bekannten Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Aber für uns ist eben auch die Lieferfähigkeit sehr wichtig, und die langen Lieferzeiten aus Fernost können wir uns nicht leisten. Wir planen sehr bedarfsgerecht, weil wir die Lagerbestände nicht zu groß werden lassen wollen und müssen deshalb in kürzester Zeit nachdrucken können.

Produktion in einer Papierfabrik (Foto: lnzyx/123RF.COM)

Themenschwerpunkt: Beschaffung

  • Wie entwickelt sich die Lage in den Beschaffungsmärkten?
  • Wie schätzen Herstellungsleiterinnen, Einkaufsverantwortliche und Lieferanten die Lage ein?
  • Wie lässt sich kurzfristig gegensteuern, und wie lässt sich die Beschaffung dauerhaft resilient aufstellen?

 

buchreport und Publisher Consultants haben Expertinnen und Experten befragt. Ihre Einschätzungen und weitere Erkenntnisse werden sukzessive in einer Serie im Channel Produktion & Prozesse auf buchreport.de veröffentlicht.

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