Der erste Lockdown im Frühjahr 2020 löste einen wahren E-Book-Boom aus und sorgte für ein zweistelliges Umsatzplus. Eine ähnliche Entwicklung war auch im 1. Halbjahr 2021 zu beobachten. Das zeigen nicht nur die von Media Control erfassten E-Book-Download-Zahlen von buchhändlerischen Verkaufsplattformen, sondern auch die jetzt veröffentlichte halbjährliche Marktanalyse von Börsenverein und GfK Entertainment.
Basierend auf der Auskunft von 20.000 Personen im GfK-Konsumentenpanel wurden fürs E-Book im Publikumsbereich (also ohne Schul- und Fachbücher) diese Werte ermittelt:
- Der Umsatz von E-Books legte im 1. Halbjahr um 9,6% zu.
- Der Absatz stieg von 18,8 auf 20,3 Mio verkaufte Exemplare (+8,3%).
- Das Wachstum fand dabei nahezu ausschließlich im lockdowngeprägten 1. Quartal statt (Umsatz: +20,9%, Absatz: +15,5%), während der Markt im 2. Quartal auf dem hohen Vorjahresniveau stagnierte.
- Insgesamt beträgt der Umsatzanteil von E-Books am Publikumsbuchmarkt nach GfK/Börsenverein-Rechnung knapp 8%.
Auffällig ist, dass beim hier erfassten Einzelkauf von E-Books (ab 0,49 Euro) trotz günstiger Rahmenbedingungen – Stichwort „Zu-Hause-bleiben-Konjunktur“ – keine nachhaltige Zielgruppenerweiterung gelingt: Die Zahl der Käufer lag im 1. Halbjahr wie schon in den beiden Vorjahren bei 2,7 Mio (–1,2% zu 2020). Der Zuwachs geschieht über die intensivere Nutzung.
Gute Zahlen – garniert mit einer Polit-Botschaft zur E-Leihe
„Ob das E-Book generell ein Wachstumsmarkt bleibt, wird maßgeblich davon abhängen, wie sich die E-Book-Leihe in Bibliotheken sowie die Bedingungen für die Verlage und Autorinnen und Autorinnen dabei entwickeln“, nutzt Börsenverein-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis den Anlass, um kurz vor der Bundestagswahl beim Dauerstreit um die E-Leihe noch einmal auf „auskömmliche Lizenzvereinbarungen“ zu pochen: „Das stellt für Autoren und Verlage ein existenzielles Problem dar, denn die Vergütung, die sie für verliehene E-Books erhalten, ist minimal. Hier wird über die Bibliotheken mit staatlicher Unterstützung und zum Nachteil der Verlage in den Wettbewerb eingegriffen. Und es ist geplant, diese Eingriffe noch auszuweiten. Es ist unbedingt erforderlich, dass auskömmliche Lizenzvereinbarungen die Grundlage für die E-Book-Leihe in Bibliotheken bleiben. Ansonsten wird die Produktion von qualitativ hochwertigen E-Book-Angeboten für Autor*innen und Verlage ein unzumutbares Zuschussgeschäft.“
Der Verband schätzt, dass die Onleihe weiter dynamisch wächst und derzeit etwa 40% des E-Book-Konsums abdeckt.
Hintergrund: Streit um die E-Leihe
Der Bibliotheksverleih, der über das Onleihe-System des Bibliotheksdienstleisters EKZ/Divibib organisiert wird, ist Verlagen als Verlängerung der Wertschöpfungskette nicht geheuer, weil sie angesichts steil wachsender Ausleihzahlen ihr einträglicheres Hauptgeschäftsmodell des E-Book-Verkaufs gefährdet sehen.
Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) fordert dagegen bereits seit 2012 eine Urheberrechtsänderung, weil Bibliotheken E-Books nicht einfach wie gedruckte Bücher beschaffen und verleihen dürfen: Über E-Books werden Lizenzverträge abgeschlossen, bei denen Verlage besonders bei SPIEGEL-Bestsellern oft ein späteres Startdatum für die Bibliotheksnutzung vorsehen. Dieses „Windowing“ soll sicherstellen, dass der Verkaufsmarkt nicht durch die Ausleihe kannibalisiert wird. Der DBV fordert die gesetzliche Gleichstellung von E-Books und gedruckten Büchern bei der Bibliotheksausleihe sowie die Abgeltung der Onleihe-Nutzung über die Bibliothekstantieme.
Als in diesem Frühjahr die Urheberrechts-Novelle verabschiedet wurde, wurde die Diskussion erneut geführt – unter anderem in Form einer vom Bundesrat vorgeschlagenen „Zwangslizenz“, also einer gesetzlichen Pflicht für Verlage, Bibliotheken E-Books zur Verfügung zu stellen. Auch wenn der Vorstoß letztlich ohne gesetzgeberische Folgen blieb, erwartet der Börsenverein eine Fortsetzung der Debatte um die digitale Leihe nach der Bundestagswahl.
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