Blockchain-Anwendungen bringen auch abseits des Kryptogeld-Hypes schon heute gutes Geld. Umso wichtiger, dass auch die Medienbranche ihre Chancen auslotet. Wie können Verlage davon profitieren?
Im Jahr 2021 hat der Verlags-Dienstleister Bookwire die auf der Blockchain-Technologie basierende NFT-Handelsplattform Creatokia gegründet. John Ruhrmann ist Mitgründer und Managing Director von Bookwire, Berry Kilb Business Development Manager. In einer Serie im Channel Produktion und Prozesse auf buchreport.de zeigen sie, welches Potenzial hinter dem NFT-Hype liegt und wie Verlage NFTs nachhaltig einsetzen und in ihre Prozesse integrieren können. Im ersten Teil erklärten sie das Konzept NFT und seine Anwendungen. Im hier vorliegenden zweiten Teil erörtern sie Fragen der Integration in die bestehenden Verlagsabläufe.
Integration von NFTs in bestehende Verlagsprozesse
Welche konkreten Schritte kann ich als Verlagsmanager unternehmen, um diese innovative Produktform zu implementieren?
Eines muss an dieser Stelle klar gesagt werden: Das Ziel von NFTs ist es nicht, die althergebrachten, etablierten Prozesse zu ersetzen – ganz und gar nicht. Vielmehr sind NFTs als eigene Produktform anzusehen, welche sich mit den bereits existierenden Verlagsprozessen koppeln lässt, um diese sinnvoll zu ergänzen.
Ganz zu Beginn mag man sich die Frage stellen, welches Genre sich wohl am besten für ein NFT-Projekt eignet: Belletristik oder Sachbuch? Fantasy-Roman oder Management-Ratgeber? Liebesroman oder Kochbuch? Eine klare Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Oder vielleicht: noch nicht. Das ist ein bisschen so, als würde man fragen, welche Idee oder welches Konzept sich am besten dafür eignet, als Buch veröffentlicht zu werden. Es kommt auf die Idee an und vor allem darauf, ob es für diese Idee einen Markt mit einschlägiger Zielgruppe gibt.
Es wäre zu empfehlen, sich zunächst einmal die ganz grundlegenden Gedanken zu machen und für sich herauszuarbeiten, wie NFTs generell in die eigene Verlagsstrategie hineinpassen und welche Ziele man damit verfolgt. Dabei sollte man sich zudem vor Augen führen, was es genau ist, das den Verlag einzigartig macht.
Ebenfalls fundamental wichtig: Welche Zielgruppen hat man bereits erschlossen, und wie ist man mit diesen verbunden? Da der NFT-Diskurs größtenteils in den sozialen Medien und hier insbesondere auf Twitter und Discord stattfindet, ist es aus Verlagsperspektive naheliegend, die Thematik von der Seite der Vermarktung anzugehen und sich zu fragen, welcher Autor denn bereits eine adäquate digitale Gefolgschaft mitbringt. Je größer Reichweite und Interaktionsrate zwischen Autoren und Fans sind, desto besser, denn ein Großteil der Vermarktungsaktivitäten wird eben auch in diesen Kanälen stattfinden. An dieser Stelle lautet die Devise also zunächst einmal „Community is king“, bis ein solides Fundament steht, auf welchem hochwertiger Content vertrieben werden kann.
Das bestehende Produktionsmodell eines neuen Buchprojekts sieht bekanntlich in etwa so aus: Aus einer Idee wird ein Manuskript, das zu einem Text wird, welcher wiederum in verschiedenen medialen Formen – als gebundenes Buch, E-Book, Hörbuch – veröffentlicht werden kann. Bei den erfolgreichen Titeln können darüber hinaus bestimmte Formen der Lizenzierung, etwa für einen Film oder eine Serie, entstehen. NFTs können jede dieser Verwertungsformen ergänzen bzw. exklusives Zusatzmaterial zu diesen bieten.
Suche und Produktion solcher NFT-geeigneter Bonus- oder Ergänzungsmaterialien können bereits bei der Bearbeitung des Manuskripts im Lektorat anfangen: Gibt es handgeschriebene Notizen? Gibt es Handlungsstränge, die herausgekürzt werden mussten, da sie nicht unbedingt zielführend zum gesamten Plot beigetragen haben, andererseits aber doch interessante zusätzliche Facetten aufzeigen? Mit anderen Worten: Fast bei jedem Buchprojekt können aus dem klassischen redaktionellen Prozess hochinteressante Behind-the-scenes-Inhalte resultieren, die nicht nur für Fans spannend sein können, sondern ggf. auch werdenden Schriftstellerinnen und Schriftstellern wertvolle Einblicke bieten.
NFTs lassen sich auch mit der „Gutenberg-Galaxis“ verknüpfen: Neben der normalen Auflage für den allgemeinen Handel könnte man eine gedruckte exklusive Schmuckausgabe anfertigen lassen, die nur Inhaber eines NFT erhalten.
Auch ließe sich, wie bereits erwähnt, eine digitale Erstausgabe eines E-Books oder Hörbuchs in begrenzter Stückzahl veröffentlichen. Aus vertrieblicher Sicht gibt es hier also viele attraktive Ansätze, was die Produktseite angeht.
Im Marketing können NFTs ebenfalls eine sinnvolle Ergänzung sein, denn für die Community eines Autors lassen sich ansprechende Webseiten gestalten, die die Veröffentlichung begleiten und auch Querverbindungen zu anderen Produktformen herstellen können. NFTs eignen sich bestens dazu, bereits bestehende Autoren-Communitys besser zu vernetzen und für eine neue Veröffentlichung zu begeistern.
Entsprechend kann der Marketingkanal „Community“ ebenfalls genutzt werden, um ein Projekt vorzustellen und transparent zu erklären. Etabliert haben sich für diesen Zweck Twitter und Discord, zwei hochperformante Kommunikationsplattformen, deren User sich auch technisch viel mit den Themen Blockchain und NFT auseinandersetzen. Bei Discord hat man zum Beispiel die Möglichkeit, eigene virtuelle Räume zu eröffnen, die nur derjenige betreten kann, der ein bestimmtes NFT in seiner Wallet hat. NFTs sind entsprechend auch im Veranstaltungswesen interessant, da sie sich zum Beispiel auch als Eintrittskarte zu Sonderevents in der Online- und in der Offline-Welt verwenden lassen.
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Mit diesen Methoden lassen sich demnach besondere Gemeinschaften aufbauen, die einen hohen Identifikationsgrad mit dem angebotenen Produkt erzeugen. Dieser Mikrokosmos von Gleichgesinnten kann im Idealfall zu einer eigenen und von allein laufenden Marketing-Maschinerie werden, die ein Produkt diskutiert und aktiv und begeisternd im Freundes- und Bekanntenkreis promotet.
Wie hoch die Auflage eines NFT-Produktes sein soll, hängt unter anderem auch von der Größe und Aktivität dieser Community ab. Eine allgemeingültige Faustregel aufzustellen, ist jedoch schwierig. Die Auflagenhöhe eines NFT-Produkts – und auch der Preis – muss immer individuell und im Gesamtkontext betrachtet und festgelegt werden.
Zuletzt sei noch erwähnt, dass NFTs im Rahmen der turnusmäßigen Abrechnungen mit Autoren Mechanismen mitbringen, die bestimmte Schritte dieses administrativen Prozesses vereinfachen können. Ein solcher besteht in der Automatisierung von Zahlungsströmen an die zuvor festgelegten Konten bzw. Wallets.
Zumeist werden mindestens zwei Wallet-Adressen für die Auszahlung von Einnahmen im entsprechenden Smart Contract hinterlegt: Das Wallet des Verlags sowie das Wallet der NFT-Plattform, welche den Verkauf organisiert und im Regelfall eine Provision bzw. Umsatzbeteiligung bei jedem Verkauf erhält. Zusätzlich könnte man hier ebenfalls die Wallet-Adresse einer Autorin oder eines Autors hinterlegen, sodass die zwischen Verlag und Autor vereinbarte Provision direkt ausgezahlt wird.
Die Pflicht zur Erstellung einer Abrechnung für die Autoren durch den Verlag ersetzt dies nicht. Jedoch können Autoren somit unmittelbar über ihre Einnahmen verfügen und müssen nicht auf die nachträgliche Abrechnung warten. Creatokia unterstützt diese Prozesse sowie die Buchhaltungsabteilungen in Verlagen wie sonst keine und bekannte NFT-Plattform: Sie gibt ihren Kunden detaillierte Verkaufsberichte an die Hand, welche jede erfolgte NFT-Transaktion in jedem Zeitraum mit allen (steuer-)relevanten Informationen aufführt. Diese Berichte lassen sich verhältnismäßig leicht in das verlagseigene Abrechnungstool importieren, wodurch eine rechtskonforme Verbuchung von NFT-Transaktionen überhaupt erst ermöglicht wird.
NFTs im Verlag – ein Ausblick
Eines wird aus diesen Ausführungen klar: NFTs müssen ganzheitlich und von Beginn an mitgedacht und eingeplant werden, um den größtmöglichen Effekt entfalten zu können. Sie lassen sich an bereits existierende Prozesse andocken und können das angebotene inhaltliche Spektrum enorm erweitern.
Ist aber die NFT-Technologie der Heilsbringer, welcher sämtliche Probleme lösen und die Verlags-Umsätze in zuvor ungeahnte Höhen schnellen lassen wird? Nein, das sollte zumindest nicht die Erwartung sein. Es gibt – wie so oft bei Innovationen – neben den großen Chancen natürlich auch viele Herausforderungen.
Allen voran wären hier die je nach genutzter Blockchain zum Teil noch hohen Transaktions- und Energiekosten zu nennen. Glücklicherweise passiert allerdings bereits viel in Forschung und Entwicklung. Nach und nach entstehen so immer mehr Lösungen, die die Erstellung von NFTs ermöglichen, deren CO2-Fußabdruck bereits jetzt schon um ein Vielfaches geringer ist als der einer einzigen Google-Suche oder einer heißen Dusche von einer Minute.
Die Kunst ist es hierbei jedoch, den Spagat zu bewältigen zwischen einer stabilen und sicheren Infrastruktur, die womöglich höhere Energiekosten bedeutet, und einer klimaneutralen, nachhaltigen Lösung, die unter Umständen noch nicht über viele Jahre hinweg erprobt ist und ihre Gebrauchstüchtigkeit und Überlebensfähigkeit entsprechend noch nicht gänzlich bewiesen hat.
Muss ich als Verlagsmanager nun selbst Krypto-Experte sein oder einen solchen in meinem Team haben? Nein, absolut nicht – genausowenig, wie man das World Wide Web in all seinen hochkomplexen technologischen Ausprägungen durchdringen muss, um es sinnvoll im Alltag nutzen zu können. Auch wenn es empfehlenswert ist, sich gewisse Grundlagen anzueignen, gibt es genau auf die beschriebenen Zwecke spezialisierte Plattformen wie Creatokia, die den niedrigschwelligen Einstieg in die NFT-Welt ermöglichen und das relevante Fachwissen sowie die technische Infrastruktur zur Verfügung stellen, welche benötigt werden, um digitale Originale zu verkaufen.
Verlage können oder sollten sich auf das konzentrieren können, was sie traditionellerweise am besten beherrschen: basierend auf bewährten und neuen Technologien spannende Ideen zu entwickeln und besondere, informative oder unterhaltsame Inhalte zu schaffen.
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