Der offizielle Neustart der Frankfurter Buchmesse nach zwei harten Corona-Krisenjahren erfolgt am Dienstag unter schwierigen Bedingungen. Weder gibt es eine wirklich befreiende Post-Corona-Normalität, noch ist die Buchbranche selbst in der erhofften Aufbruchstimmung, setzen weitere und herausfordernde Krisen von außen die Rahmenbedingungen. Der Berliner „Tagesspiegel“ erwartet eine „Krisenmesse“. Die herausfordernde Gemengelage ist zur Buchmesse auch von weiteren Medien aufgegriffen worden.
Drängender denn je: Die Preisfrage
Das in den vergangenen Jahren weitgehend folgenlos diskutierte Thema des angemessenen Buchpreises wird jetzt krisengepuscht:
- In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ spricht Suhrkamp-Verleger Jonathan Landgrebe: „Bücher können und sollten teurer sein. Die Branche hat viel zu lange ihre Preise stabil gehalten und nicht mal die geringe Inflation der zurückliegenden Jahre kompensiert“, klagt er. „Wir müssen über die klassischen Preisschwellen hinweg.“
- Die Buchpreise sind auch in der „Welt“ ein großes Thema. Dort referiert u.a. Hanser-Verleger Jo Lendle: „Papier ist ein energieintensives Material, das lernen wir gerade deutlicher, als wir es jemals wollten.“ Hanser rechne mit Mehrkosten von rund 1 Mio Euro. „Keine Ahnung, wie wir das einfangen sollen.“ Die Buchbranche, wertet die „Welt“, sei wohl einzigartig darin, die Euro-Preise selbst 20 Jahre nach der Währungsumstellung noch auf dem Wert der alten DM-Preise zu halten.
- Der „Stern“ macht sich über die Lage der Buchhandlungen Sorgen und fasst Statistiken zum Online-Buchhandel zusammen: „Der Internethandel mit Büchern ist im vergangenen Jahr zum zweiten Mal in Folge deutlich gestiegen. Der Umsatz im Online-Buchhandel legte 2021 verglichen mit dem ersten Corona-Jahr noch einmal um 16% zu, nachdem er 2020 schon um 21% zugelegt hatte.“ – Wobei hinzuzufügen wäre, dass in diesem Jahr zumindest eine leichte Schubumkehr eingesetzt hat.
- Wer Probleme hat, muss sichtbar bleiben. Börsenvereins-Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs hat der Deutschen Presse-Agentur diese Funktion der Buchmesse akzentuiert. Sie freue sich, dass „auch viele Politiker die Messe besuchen“ wollen. Die Branche brauche diese Beachtung. Sie sehe die Gefahr, dass die Situation der kleinen und mittelgroßen Buchhändler und Verlage in der jetzigen schwierigen Situation nicht genügend beachtet werde.
Kritischer denn je: Die Politmesse
Dass sich die Buchmesse selbst stets als offensiv politisch versteht, ist Chance und Risiko zugleich. Kann sie sich in diesen Zeiten als orientierungsstiftender Leuchtturm positionieren? Im Fall Ukraine vs. Russland hat sie eine klare Linie gezogen, aber ein Dauerkonflikt bleibt:
- Die „Frankfurter Allgemeine“ benennt das Dilemma. Egal wie die Messe neurechte Verlage platziere, sie werde in jedem Fall gescholten. „Mal heißt es, man lasse sie zu, behandele sie dann aber schlechter als andere Aussteller, mal heißt es, man gebe ihnen unnötige Prominenz.“ Wichtig sei das Ausbleiben einer neuen Debatte: „Bloß kein zweiter Boykott“, titelt die Zeitung.
- Die „Hessenschau“ greift dieses Thema ebenfalls auf und berichtet über das „Awareness-Team“, das erstmals auf dem Messegelände unterwegs sein wird, um einzuschreiten, wenn der Diskurs aus dem Ruder läuft. „Wir stellen einfach fest, dass der Ton, in dem diskutiert und debattiert wird, zunehmend rauer wird“, erklärt Messe-Sprecherin Kathrin Grün.
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