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Transformationsprozesse gestalten

Transformation und Change. Häufig werden diese Begriffe synonym verwendet. Dabei bestehen zwischen ihnen Unterschiede, erklärt der Unternehmensberater Georg Kraus, geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Kraus & Partner, im Channel Strategie & Transformation von buchreport.de.

Foto: 123RF.com/mathisa

Im Managementbereich hat sich nach dem Begriff Change ein neues Buzzword etabliert: Transformation. Noch vor wenigen Jahren wurde dieser Begriff eher selten in den Verlautbarungen der Unternehmen verwendet. Heute findet man ihn in fast allen Statements von ihnen.

Doch nicht nur das: In vielen Großunternehmen wurden inzwischen eigene Stabstellen oder sogar -abteilungen geschaffen, die sich ausschließlich mit dem Thema Transformation befassen. Oft handelt es sich bei den Akteuren um dieselben Personen, die vor nicht allzu langer Zeit noch für das Thema Change Management oder Business Development zuständig waren.

Nicht jeder Change ist eine Transformation

Im Gespräch mit firmeninternen Transformationsexperten registriert man denn auch oft: Vielen fällt es schwer, zu benennen, was einen Transformations- von einem Change-Prozess unterscheidet. Häufig werden die Begriffe synonym verwendet. Dabei gibt es durchaus Unterschiede.

Das Wort Change bezeichnet schlicht eine Veränderung und kann sich auf sehr viele Objekte und Prozesse beziehen. Werden im Unternehmen die PCs ausgetauscht oder die Wände neu gestrichen, handelt es sich um einen Change- oder Veränderungsprozess. Ein Change ist es auch, wenn Abläufe optimiert, Teams neuformiert und Mitarbeiter eingestellt oder entlassen werden. Ein Change kann sich also, er muss sich aber nicht auf alle Ebenen beziehen, die dem Beratungsdreieck zugrunde liegen, nämlich der Unternehmensstrategie, der Unternehmenskultur und der Unternehmensstruktur (Prozesse und Abläufe).

Ein Change muss zudem nicht, kann aber auch eine Einstellungs- und Verhaltensänderung der Mitarbeitenden erfordern, denn: Ein Change-Prozess setzt anders als ein Transformationsprozess nicht notwendigerweise einen sogenannten Musterwechsel voraus. Ein Change, jedoch kein Musterwechsel ist es zum Beispiel, wenn Mitarbeitende im Werk eines Autoherstellers fortan Limousinen statt Geländewagen produzieren. Denn dann müssen sie zwar einige Handgriffe neu lernen, ihre Einstellung und ihr Verhalten aber nicht grundsätzlich ändern. Anders sieht es aus, wenn ein Autohersteller beschließt: „Wir produzieren künftig nur noch E-Autos.“ Oder gar: „Wir entwickeln uns zu einem Mobilitätsanbieter.“ Bei einem solchen Strategiewechsel ändern sich nicht nur die Leistungserbringungsprozesse, das gesamte Unternehmen muss ein neues Selbstverständnis und eine neue Identität entwickeln. Das erfordert auch neue Kompetenzen sowie Denk- und Handlungsmuster der Prozessbeteiligten.

Sich neu erfinden

Generell versteht man unter einer Transformation den Prozess einer gezielten Umgestaltung der „genetischen“ Grundstruktur eines Systems – unabhängig davon, ob es sich um eine Gesellschaft, ein Unternehmen oder einen Unternehmensbereich handelt. Im Verlauf dieses Prozesses definiert zum Beispiel ein Unternehmen sich selbst und einen großen Teil seiner Beziehungen zu seiner Umwelt neu. Zudem hinterfragt es neben seiner Strategie und seinem Geschäftsmodell auch seine Geschäftsprozesse und gestaltet diese bei Bedarf radikal um.

Die Transformation eines Unternehmens lässt sich am ehesten mit der Metamorphose vergleichen, die viele Insekten im Laufe ihres Lebenszyklus durchlaufen. So gibt es zum Beispiel bei einem Schmetterling die Entwicklungsphasen Ei, Raupe, Puppe und Falter. Beim Übergang von einem Entwicklungsstadium ins nächste verwandelt sich das genetische Material vollständig. Doch nicht nur das. Eine Schmetterlingsraupe hat am Ende des Entwicklungszyklus auch andere Fähigkeiten als der Falter: Eine Raupe kann zum Beispiel nicht fliegen.

Der Channel Strategie & Transformation

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Das Unternehmen entwickelt eine neue Identität

Ähnlich verhält es sich bei der Transformation eines Unternehmens. Auch in diesem Prozess wird das Unternehmen unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen wie Erfahrungen und Kompetenzen so radikal umgestaltet, dass die transformierte Organisation für Personen, die mit ihr längere Zeit keinen Kontakt hatten, kaum wiederzuerkennen ist; unter anderem, weil sich neben ihrer Strategie, auch ihre Kultur und Struktur gewandelt haben. Nach dem Durchlaufen eines Transformationsprozesses verfügt eine Organisation über ein neues Selbstverständnis und eine neue Identität sowie neue Kompetenzen. Deshalb brauchen auch ihre Mitarbeitenden teils neue Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Es gibt jedoch auch Unterschiede zwischen der Metamorphose eines Schmetterlings und der Transformation eines Unternehmens. Bei einem Schmetterling ist der Transformationsprozess genetisch festgelegt: Erst das Ei, dann die Raupe, dann die Puppe, dann der Falter. Er läuft sozusagen automatisch ab. Dies ist bei der Transformation eines Unternehmens nicht der Fall. Hier gilt es vielmehr das System ausgehend von einer Vision durch sorgsam geplante Interventionen gezielt zu entwickeln beziehungsweise zu verändern.

Komplexe Change-Prozesse

Letztlich ist jeder Transformationsprozess ein komplexer, multidimensionaler Change-Prozess, der seinerseits wieder aus einer Vielzahl von Projekten besteht, die sich wechselseitig beeinflussen. Entsprechend groß muss die Change-Management-Kompetenz der Projektverantwortlichen sein. Sie müssen, um zwei Termini aus dem agilen Projektmanagement zu gebrauchen, inkrementell und iterativ vorgehen. Sie müssen also immer wieder überprüfen, ob die Veränderungsinitiativen die gewünschten Wirkungen erzielen und sich die Organisation in Richtung des angestrebten Ziels bewegt; zudem bei Bedarf eine Kurskorrektur oder Änderung am Design des Gesamtprojekts vornehmen. Deshalb sollten die Projektverantwortlichen außer über eine hohe analytische auch über kommunikative Kompetenz verfügen, um den Betroffenen und Beteiligten die Notwendigkeit der Kurskorrekturen zu vermitteln.

Transformation von Unternehmen: Einwirkende Faktoren und Wirkfaktoren auf Umfeld

Georg Kraus (Foto: Tobias Fröhner)

Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Kraus & Partner (Bruchsal), die unter anderem eine Ausbildung zum „Agile Coach
und Transformation Consultant“ anbietet. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal. (Foto: Tobias Fröhner)

Hinzu kommt: Bei der Transformation von Unternehmen steht, anders als bei der Entwicklung eines Schmetterlings, das Endziel des Prozesses unter Vorbehalt – unter anderem, weil er sich in einem dynamischen Umfeld vollzieht. So kann zum Beispiel kein Top-Manager in der Automobil-Industrie heute bereits mit Gewissheit sagen, wie Autos in 15 oder 20 Jahren konstruiert und gebaut sein werden, ob ihr Unternehmen dann noch existiert, es in 20 Jahren überhaupt noch einen motorisierten Individualverkehr geben oder dieser zumindest in den Ballungsräumen verboten sein wird.

Hohe Agilität erforderlich

Deshalb haben die Transformationsverantwortlichen gar keine andere Möglichkeit, als bei der Projektplanung und -steuerung agil zu sein und zu bleiben, selbst wenn die innerhalb des Gesamtprojekts stattfindenden Teilprojekte klassisch oder hybrid gemanagt werden. Entsprechend groß sollte neben ihrer Change-Kompetenz auch ihre Projekt-Management-Kompetenz sein. Zudem sollten sie reife Führungspersönlichkeiten sein, denen die Betroffenen beziehungsweise Beteiligten, wenn nicht gerne, so doch bereitwillig folgen – unter anderem, weil sie ihnen nicht nur aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz, sondern auch Persönlichkeit vertrauen.

Georg Kraus

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