Im Rahmen einer Live-Radiosendung bei WDR 5 wurden die Gewinnerinnen und Gewinner des Deutschen Hörbuchpreises 2023 bekannt gegeben, der in fast allen Kategorien (außer „Das besondere Hörbuch) mit jeweils 3333 Euro dotiert ist. Erstmals seit der Pandemie konnte der Verein Deutscher Hörbuchpreis mit seinen drei Jurys wieder in Präsenz tagen. Aus insgesamt rund 350 Einreichungen wählten sie in einem mehrstufigen Verfahren folgende Preisträgerinnen und Preisträger aus:
- Schauspieler Max von Pufendorf gewinnt den Preis in der Kategorie „Bester Interpret“ für seine Lesung des Romans „Ich ist ein anderer. Heptalogie III-V“ des norwegischen Autors Jon Fosse (Hörkultur Verlag). „Ohne jegliche Hürde“ gleite man dank der „packenden Sprachmelodie“ und der „klaren, warmen Stimme“ des Interpreten in einen Text, dessen punktlose Bandwurmsätze und „karge Erzählweise“ das eigene Lesen ungleich schwieriger gestalten als das Hören, befindet die Preisträgerjury. Dem „kolossalen, fast schon meditativen Sog“ dieser Literatur verleihe von Pufendorf Struktur, ohne ihn zu stoppen: „ein Hörbuch mit Mehrwert!“
- Als „Beste Interpretin“ wird Schauspielerin Nina Hoss geehrt für ihre „souveräne Lesung“ von Dörte Hansens Bestseller „Zur See“ (Random House Audio). „Unbeeindruckt von möglichen Erwartungen und naheliegenden Gefälligkeiten“ schaffe Hoss „ein ganz eigenes Kunstwerk“, indem sie „selbstbewusst und ruhig, hellwach und pointiert“ sowohl der „Tiefe und Breite“ des Textes Raum gebe als auch „mit nahezu greifbarer Empathie“ die Figuren des Romans zu Personen werden lasse. „Substanziell stark und elegant zugleich“ präsentiere sich Nina Hoss mit dieser Lesung als „eine Insel im Meer der Stimmen“.
- Regisseur Ulrich Lampen erhält den Preis in der Kategorie „Bestes Hörspiel“ für seine Adaption des Klassikers „Bonjour tristesse“ von Françoise Sagan für den Hessischen Rundfunk (Der Audio Verlag). „Ein Hörspiel wie ein Urlaub am Meer“, so empfindet es die Jury. Man tauche augenblicklich ein in die Idylle an der Côte d’Azur mit ihrer „prallen Sonne“ und den „klirrenden Eiswürfeln im Glas“. Changierend „zwischen Hitze und Kälte, auch emotional“ entfalte Ulrich Lampen sein Hörspiel, das „alles in der Schwebe“ halte und auch deshalb so „lebensnah und überzeugend“ sei, weil jede Figur mit ihren Sehnsüchten ernst genommen werde.
- In der Kategorie „Beste Unterhaltung“ wird Luise Helm als Sprecherin des Romans „Eine Frage der Chemie“ von Bonnie Garmus ausgezeichnet (Hörbuch Hamburg / Osterwoldaudio). In einer beispielhaften „Symbiose von Text und Stimme“ verkörpere Luise Helm die kämpferische Selbstbehauptung der Protagonistin in einem patriarchalen Umfeld „mit so viel Energie und Glaubwürdigkeit“, dass deren turbulentes Leben „plastisch“ auferstehe. Seiner komödiantischen Seite ebenso gerecht werdend wie der dramatischen, bereite die Sprecherin dem Text „gekonnt die Bühne“ – ein „Hörgenuss“ in den Ohren der erfreuten Jurorinnen und Juroren.
- Die Entscheidung in der Kategorie „Bestes Kinderhörbuch“ traf eine fünfköpfige Kinderjury, diesmal ausgerichtet vom Literaturbüro Ostwestfalen-Lippe in Detmold. Sie kürte Schauspieler und Sprecher Jona Mues zum Preisträger für seine Lesung des Fantasyromans „Sansaria. Träume der Finsternis“ von Tania Messner (Oetinger audio). „Lebendig und liebevoll“ lese Mues das Buch, finden die Kinder, und man spüre, wie viel Spaß ihm das gemacht habe. Seine „abwechslungsreiche“ Lesung in einem „tollen Tempo“ halte die Spannung über fast elf Stunden und ziehe die Zuhörer*innen mitten hinein in die fantastische Traumwelt, in der sich der Sprecher für die vielen Figuren „jeweils eine eigene Stimme“ ausgedacht habe.
- Autor Mohamed Amjahid bekommt den Preis in der Kategorie „Bester Podcast“ für „17 Tage Scheitern – wie Freiwillige in Afghanistan aushalfen“ (WDR). „Ein Zeitdokument im besten Sinne“ werde hier gewürdigt, lautet die Begründung der Preisträgerjury. Die „packende“, aber nicht vordergründige Dramaturgie lasse Raum für die journalistische Einordnung des Geschehens im Herbst 2021 und auch für die sich einstellende „Sprachlosigkeit“ angesichts der gebrochenen Versprechen westlicher Regierungen. Man könne von diesem Podcast, einer „Weltgeschichte im Kleinformat“, mehr über die Zusammenhänge lernen, „als die Nachrichten allein erzählen“.
Die undotierte Auszeichnung „Das besondere Hörbuch“ des Jahres 2022 schließlich sehen die Jurorinnen und Juroren im vierteiligen Hörspielzyklus „Der Ring des Nibelungen“ nach den Opernlibretti von Richard Wagner (Rundfunk Berlin-Brandenburg / Der Audio Verlag). In ihrer Abschiedsinszenierung für den rbb hat Regisseurin Regine Ahrem das 16-stündige Opernwerk zu einem fünfstündigen Fantasyhörspiel verdichtet, dafür die „stabgereimten Stolpersteine“ gestrichen und das moderne Hochdeutsch, untermalt von Neukompositionen „im akustischen Breitwandformat“, von einem „spielfreudigen“ und hochkarätigen Ensemble in Kunstkopfstereofonie einsprechen lassen: „formal wie inhaltlich auf Höhe der Zeit“, rühmt die Jury.
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