Wie von buchreport.de Anfang Juli exklusiv gemeldet, arbeitet Google auf Hochtouren daran, die im Rahmen des sogenannten Partnerprogramms in Kooperation mit Verlagen digitalisierten Bücher noch in diesem Jahr auch in Deutschland als Vollversionen zu verkaufen, zur Lektüre am PC oder an allen anderen mobilen Geräten mit Internetzugang.
Anders als bei den umstrittenen Scan-Aktivitäten von Google in Bibliotheken stellen beim Partnerprogramm die Rechteinhaber (also Autoren oder Verlage) der Google Buchsuche freiwillig ihre Buchinhalte zur Verfügung, aktuell für Marketingzwecke und künftig auch zu digitalen Vertrieb.
Welche langfristige Perspektive das US-Unternehmen verfolgt, hat Daniel J. Clancy, Engineering Director für die Google-Buchsuche, bei einer Podiumsdiskussion in Mountain View, Kalifornien, gezeigt (hier mehr dazu). Demnach will Google Buchhändler und Verleger dafür gewinnen, ihre Bücher als „Google-Edition“ in der Google-„Cloud“ zu speichern: Statt E-Books für bestimmte Plattformen wie spezialisierte Lesegeräte zu verkaufen, erhält der Leser über die üblichen Browser Safari, Internet Explorer, Firefox o.ä. Zugang zum elektronischen Text in der „Wolke“ – zur Lektüre am PC oder an allen anderen mobilen Geräten mit Internetzugang. Auch offline soll die Lektüre möglich sein. Im Interview mit buchreport gibt Clancy einen weiteren Ausblick auf Googles Bücher-Visionen.
Mit den Google-Editionen weiten Sie Ihre ursprüngliche Volltextsuche in den Büchern aus. Mit welchem Ziel?
Wir möchten eine Plattform schaffen, die anderen erlaubt, auf unseren Dienstleistungen eigene Services aufzubauen, ohne dafür eine eigene Infrastruktur entwickeln zu müssen. Beispielsweise ermöglichen wir Buchhändlern weltweit, kostenlose Auszüge aus den Büchern, die wir gescannt haben, auf ihren Webseiten zu platzieren – Kunden können auf die Seiten von Verlagen oder Händlern gehen und in Büchern blättern, ohne dafür zu Google kommen zu müssen.
Nach unserer Erfahrung kooperieren Verlage oft mit uns, weil sie Zugang zu einer globalen Distributionsplattform bekommen möchten, mit der sie Buchkäufer weltweit per Google-Suchmaschine erreichen – und nicht nur wegen der Digitalisierung an sich. Google Books hilft Lesern dabei, neue Bücher zu finden, und Verlagen und Autoren dabei, neue Leser zu finden und mehr Bücher online zu verkaufen.
Traditionelle Buchhändler kämpfen nicht nur gegen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise im Einzelhandel, sondern fürchten, noch mehr Marktanteile an Online-Firmen wie Amazon oder Google zu verlieren. Wie könnte ihr Geschäftsmodell aussehen?
Über diese Frage haben wir lange mit Blick auf unsere Google-Edition-Strategie für neue, noch lieferbare Bücher nachgedacht. Zunächst befürworten wir, dass Kunden ihre E-Books im Internet bei zahlreichen Händlern kaufen können, und auch, dass es elektronische Bücher im stationären Handel gibt. Wir gehen davon aus, dass es eine stabile Perspektive für gedruckte Bücher gibt und dass sich die Märkte für Print- und elektronische Bücher stärker vermischen werden – und dass die Kunden sowohl online als auch offline lesen werden. Dass künftig Buchhändler wie Barnes and Noble oder Borders.com in den USA Google Editions verkaufen werden, gehört zu unserer Kernstrategie.
Wie teilen Sie sich die Erlöse der Google Editions mit Verlagen und Händlern auf?
Der Rechteinhaber bestimmt den Preis für das Buch, sobald wir das Programm gestartet haben. Die Geschäftsbeziehung wird ähnlich der von Großhändler und Einzelhändler sein: Der Großteil des Erlöses nach Abzug des Großhändler-Preises fließt an den Verlags- und Handelspartner.
Anders als Amazon zum Start des Kindle-Programms sollen Ihre Kunden auf möglichst vielen Geräten E-Books lesen können. Warum misstrauen Sie E-Readern?
Unser Modell ist tatsächlich etwas anders. Wir haben damit begonnen, Bücher zu digitalisieren, weil wir davon ausgegangen sind, dass unsere Nutzer die Bücher finden und lesen wollen. Wir glauben aber nicht, dass digitale Bücher, die online gekauft wurden, an bestimmte Geräte gebunden werden sollten. Unser Ziel ist, ein digitales Bücher-Ökosystem aufzubauen und zu unterstützen, in dem die Kunden die von uns gescannten Bücher auf jedem internetfähigen Gerät lesen können, vom PC über das Smartphone, Netbook bis hin zum speziellen E-Reader.
Seit kurzem bieten wir gemeinfreie Titel zum Download im Epub-Format an. Das Format wird schon heute von vielen E-Book-Lesegeräten wie dem Sony Reader unterstützt. Und falls sich Amazon uns öffnen und die von uns digitalisierten Bücher auf dem Kindle anbieten würde, wären wir sehr interessiert.
Die Fragen stellte Daniel Lenz
Kommentar hinterlassen zu "Wir bauen ein digitales Bücher-Ökosystem"