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Durch Autoren-Branding mehr Bücher verkaufen

Nina Greimel ist Gründerin der Marketingagentur Talking Agency. Sie begreift Autorinnen und Autoren als starke und ausbaufähige Marken. Wie das in der Praxis funktioniert, erläutert sie im folgenden Gastbeitrag.

Maiken und Nina Greimel (Foto: talking agency)

Maiken und Nina Greimel (Foto: talking agency)

Es gibt zwei Arten von Autorinnen und Autoren. Jene, die ein Buch schreiben und jene, die ein Buch schreiben und anschließend Geld damit verdienen. Was die beiden Typen voneinander unterscheidet, ist nicht zwangsläufig ein großer Publikumsverlag. Es ist auch nicht unbedingt die Qualität des Buches. Viele Autoren schreiben tolle Bücher, die sich dennoch kaum verkaufen. Der Unterschied liegt auch nicht im Timing der Veröffentlichung, obwohl ein klug gewählter Zeitpunkt von Vorteil sein kann. Aber Trends und Timing lassen sich bei einer durchschnittlichen Vorlaufzeit für Neuerscheinungen von 12 Monaten nur schwer planen. Was also machen erfolgreiche Schreibende anders?

Während sich die einen nach der Abgabe des Buches zurücklehnen und darauf warten, dass Verlage ihre Magie entfalten und Bestellungen eintrudeln, werden die anderen jetzt erst recht aktiv. Zurecht. Es ist ein Mythos, dass Bestseller-Autoren nur durch Verlage entstehen. Leider hält er sich hartnäckig. Bei der Vielzahl an Büchern, die jährlich von Verlagshäusern auf den Markt gebracht werden, ist das auch gar nicht möglich. Tatsächlich engagieren sich viele Autorinnen und Autoren, deren Titel auf den Bestsellerlisten stehen und die jahrelang von ihren Titeln leben können, auch selbst in puncto Marketing. Sie haben erkannt, dass eine Autoren-Marke der Schlüssel für jahrzehntelange Buchumsätze ist. Aber was versteht man eigentlich unter einer Autoren-Marke?

Autoren-Branding und Buchmarketing

Unter Personal Branding versteht man den Aufbau einer Person als Marke. Analog wird beim Autoren-Branding der Autor bzw. die Autorin zur Marke. Dabei steht also nicht ein Produkt oder Unternehmen, wie ein Buch oder Verlag, im Mittelpunkt der Kommunikation, sondern die Person selbst.

Wir als Individuen werden mit unseren Themen, Stärken, unserer Meinung und Expertise auf unterschiedlichen Kanälen sichtbar. Neben dem Know-how, den Erfahrungen und der eigenen Meinung spielt die Persönlichkeit – die menschliche Komponente – eine tragende Rolle. Menschen suchen nach sozialen Kontakten und Verbindungen zu anderen Personen. Deshalb kaufen wir auch „Das neue Buch von Autor X“ und nicht „den Titel“. Lange etablierte Autoren haben sich also in einem bestimmten Themengebiet (oder auch Genre) einen Ruf, Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufgebaut und sich damit langfristig in den Köpfen ihrer Leserinnen und Leser verankert. Wenn der Name Bernhard Aichner fällt, haben wir beispielsweise sofort einen Thriller und den Tiroler Schmäh im Kopf. Deshalb nennt man Personal Branding oft auch die Dokumentation der Reputation.
Ein weiterer wichtiger Unterscheidungspunkt zum Buchmarketing ist die Dauer und der Zeitpunkt. Klassisches Buchmarketing passiert rund um den Erscheinungstermin des neuen Titels und erstreckt sich meist nur über ein paar Monate. Dann gibt es andere Neuerscheinungen, die die Aufmerksamkeit der Verlage und der Medien verlangen. Autoren-Branding ist ein ständiger Begleiter – vor, während und nach dem Buch-Launch.

Längeres und effektiveres Branding

Die größte Stärke des Autoren-Brandings ist also das Potenzial, den Lebenszyklus der Bücher zu verlängern und den Buchverkauf über Jahre aufrecht zu erhalten.

Auch bei zukünftigen Buchprojekten oder bei der Verlagssuche kann eine Autoren-Marke helfen. Viele Verlage nehmen mit Blick auf die Vermarktung bevorzugt neue Autoren auf, die sich bereits einen Namen und eine Community aufgebaut haben. Zehntausende Follower erleichtern für den Verlag schließlich den anschließenden Buchverkauf, sowohl in den Buchhandlungen als auch online. Eine reichweitenstarke Personen-Marke kann ebenfalls bei zukünftigen Vertragsverhandlungen helfen.

Darüber hinaus ist die Wirkung von Personen-Marken anders: Buchmarketing hat die Aufgabe, in kurzer Zeit möglichst viele Bücher zu verkaufen und wird deshalb oft von den Leserinnen und Lesern als Werbung wahrgenommen. Autoren-Branding verfolgt hingegen in erster Linie das Ziel, die eigene Bekanntheit aufzubauen und Mehrwert für die Leser zu stiften. Die Buchverkäufe entstehen durch intelligente und regelmäßige Integrierung der Titel in guten Content. Somit ist die Wirkung wesentlich subtiler und wird als weniger plump wahrgenommen.

Klingt gut, aber wie fängt man nun am besten mit dem Autoren-Branding an?

Erste Schritte für Autoren und Verlage

Ganz egal, ob man gerade dabei ist, ein Sachbuch zu schreiben oder bereits zwei belletristische Werke veröffentlicht hat: Es ist nie zu spät, an der eigenen Marke zu arbeiten, um sich langfristig besser zu positionieren. Dabei geht man anfangs wie folgt vor:

  1. Positionierung ausarbeiten: Dazu gehört die Definition der Fokusthemen, der Zielgruppe, des Alleinstellungsmerkmals und der Emotion, die man bei seinen Lesern primär hervorrufen möchte. Am besten legt man nur 2 bis 3 Themengebiete fest und fokussiert sich auf eine primäre Zielgruppe.
  2. Die richtigen Kanäle auswählen, über die man die Zielgruppe erreichen kann: Hier ist Vorsicht geboten. Wir neigen dazu, uns zu viel vorzunehmen. Wenn wir die Aktivitäten etablierter Autoren betrachten, sehen wir bereits ein gesamtes Universum, das über Jahre aufgebaut wurde. Unser erster Impuls ist, alles nachzumachen. Das führt bei 3 Social-Media-Profilen, einem Podcast, einem Online-Kurs und einem Newsletter aber schnell zu Überforderung. Am Anfang am besten auf einen Social-Media-Kanal fokussieren, der am besten geeignet ist, die Zielgruppe anzusprechen, und diesen qualitativ betreuen.
  3. Guten Content liefern: Im nächsten Schritt müssen die Kanäle mit Content bespielt werden, der den Lesern Mehrwert liefert und sie dazu bringt, zurückzukommen. Die Posting-Frequenz hängt vom Kanal ab. Als Richtwert für das Job-Netzwerk LinkedIn kann etwa 2 bis 3 Mal pro Woche gelten. Die Videoplattform TikTok hingegen benötigt tatsächlich jeden Tag neuen Content.
  4. Aktive Teilnahme: Inhalte zu teilen, reicht nicht aus, denn anfangs werden unsere Beiträge nur an wenige Menschen ausgespielt. Daher unbedingt aktiv unter den Posts der Zielgruppe sowie von Branchenkolleginnen und -kollegen kommentieren und sich inhaltlich vernetzen. So macht man andere Nutzer auf das eigene Profil und sich selbst aufmerksam.
  5. Reichweite ausbauen: Dann gilt es, auf anderen Kanälen mit mehr Reichweite wahrgenommen zu werden, wie beispielsweise Medien, Podcasts, Radio, andere Newsletter, Events. So erhöht man die Sichtkontakte und baut Vertrauen in die eigene Marke auf.
  6. Alltagstauglichkeit schaffen: Zum Schluss gießt man diese Schritte in einen individuellen Prozess, den jeder für sich gut machbar in den Alltag integrieren kann. Es ist wichtig, hier einen Modus zu finden, der auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele abgestimmt und langfristig durchhaltbar ist. Als Richtwert gilt hier 30 bis 60 Minuten pro Tag.

Was ist guter Content?

Durch konstant relevante Inhalte und zielgerichtete Interaktion, die eine Beziehung zur Zielgruppe aufbauen, können Bücher sinnvoll im Content inszeniert werden. Guter Content ist neben einer klaren Po­sitionierung also das Herzstück einer Autoren-Marke, denn über ihn werden die Bücher verkauft.

Das Wichtigste bei der Erstellung von Inhalten ist der Mehrwert für die Leser – egal ob auf Social Media, in Interviews oder bei Lesungen. Zu viele Autorinnen und Autoren posten einfach nur Bilder ihrer Bücher. Das wirkt schnell wie das Schaufenster einer Buchhandlung, ohne klaren Mehrwert. Wir müssen Menschen aber
einen Grund geben, ihre wertvolle Zeit mit uns und auf unseren Kanälen zu verbringen. Dafür kommen unterschiedliche Gründe in Frage: Unser Content kann inspirieren, weiterbilden, unterhalten oder mitfühlen. Das schafft man durch eine Kombination aus fachlichen Inhalten und persönlichen Beiträgen. Einblicke in den Alltag der Autorin bzw. des Autors oder ihre Denkweisen sind ebenso wichtig wie gute Tipps für ein gutes Exposé oder den Unternehmeralltag. Nicht nur Fach, sondern auch Romanautoren können auch ihre Recherchen und die fachlichen Inhalte des Grundthemas ihres Buches aufgreifen.

Stichwort: Authentisch bleiben. Es geht nicht darum, sich von seiner perfekten Seite zu zeigen, sondern echt und nahbar zu sein. Leser merken sehr schnell, wenn etwas gespielt ist. Das bedeutet, dass Autoren ihre Meinungen, Gedanken, Wünsche und Ängste zu den Schwerpunktthemen öffentlich ehrlich kundtun sollten. Menschen wollen mit anderen Menschen interagieren, mitfühlen, von ihnen lernen und inspiriert werden. Das ermöglichen wir nur, wenn wir einen Teil unserer Persönlichkeit in der Öffentlichkeit zeigen.

Relevanz schaffen wir, wenn wir die eigenen Inhalte auf die Herausforderungen, Wünsche und den Wissensstand der Zielgruppe abstimmen und mit klaren Learnings oder Tipps Hilfe für den Alltag bieten, sei es fachlich oder emotional. Das können Methoden, Mindset-Tipps, Quick-Wins oder ein positives Gefühl sein.
Und zu guter Letzt: der Plattform-Fit. Dieser gilt sowohl offline wie online. Jeder Social-Media-Kanal, jedes Magazin, jeder Podcast hat eine eigene Handschrift, ein bestimmtes Format, das gut funktioniert. Und diese Handschrift sollten wir bei unserem Content berücksichtigen.

Die letzten Jahre haben ganz klar gezeigt: Das Verhalten der Leser verändert sich, die Art, wie wir Medien – egal ob Social Media oder Bücher – finden und konsumieren, verändert sich. Wer sich rein auf klassisches Buchmarketing verlässt, stößt schnell an Grenzen. Wenn Autorinnen und Autoren langfristig erfolgreich sein wollen, dann brauchen sie Strategien, um ihre eigene Bekanntheit und Wiedererkennbarkeit zu erhöhen – auch wenn sie vielleicht gerade kein neues Buch haben. Und sie brauchen Prozesse, um ihre Bücher eigenständig und abseits des Verlages intelligent in Szene zu setzen.

Nina Greimel, Talking Agency

 

Case Study: Ranjay Gulati

Ranjay Gulati (Foto: Foto: Evgenia Eliseeva)

Ranjay Gulati (Foto: Foto: Evgenia Eliseeva)

Wie ausschlaggebend guter Content und die Adaptierung der Inhalte auf den jeweiligen Kanälen ist, zeigt die Zusammenarbeit unserer Agentur Talking Agency mit dem „New-York-Times“-Bestseller-Autor Ranjay Gulati. Für sein Management-Buch „Deep Purpose“ wurde ein Podcast produziert, der auf LinkedIn promotet werden sollte. Und obwohl die Inhalte durch das Buch und Ranjays Recherchearbeit bereits vordefiniert waren, wollten wir den Inhalten auf LinkedIn eine spannende Storyline und mehr Persönlichkeit geben und sie auf den Algorithmus der Plattform anpassen.

Innerhalb von 3 Monaten konnten wir die Impressionen auf seine LinkedIn-Posts verzwanzigfachen und ein Wachstum von 20% an Followern generieren. Das schlug sich auch auf die Buchverkäufe nieder. Hierbei waren vor allem folgende Punkte ausschlaggebend:

1. Entwicklung einer Content-Strategie mit Fokus auf seine Buchinhalte
2. Etablierung von Content-Formaten, die die Inhalte besser zur Geltung bringen
3. Anpassung des Layouts und der Struktur der Lin­kedIn-Posts
4. Optimierung der sogenannten Call-To-Actions, also aktivierenden Aufrufe, im Text, die Menschen zu den Podcast-Episoden führen und von den Podcast-Episoden zum Buch
5. Knackigere Einstiege in die Captions, also in die bildbegleitenden Texte, einprägsamer zu gestalten
6. Mehr Absätze im Text
7. Besseres Einbinden von Medienberichten über ihn und sein Buch auf Social Media
8. Optimierte Integration seiner Bücher in das LinkedIn-Profil
9. Etablieren einer Vernetzungsstrategie, die genau seine Zielgruppe anzieht

 

buchreport.magazin 5/2023

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im buchreport.magazin 5/2023.

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