Der Deutsche Buchpreis 2023 geht an den 31 Jahre alten österreichischen Tonio Schachinger. für sein Buch „Echtzeitalter“ (Rowohlt). Das gab die Börsenvereins-Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs stellvertretend für die Jury am Montagabend im Frankfurter Römer bekannt. Der Titel hatte es in der SPIEGEL-Bestsellerliste Hardcover Belletristik auf Platz 34 geschafft – auf eine höhere Nachfrage wird sich Rowohlt nun einstellen können.
Sein Debütroman „Nicht wie ihr“ war 2019 im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen und wurde 2020 bei Rowohlt Taschenbuch veröffentlicht.
In der Begründung der Jury heißt es: „Auf den ersten Blick ist Tonio Schachingers ,Echtzeitalter‘ ein Schulroman. Auf den zweiten viel mehr als das: ein Gesellschaftsroman, der das Aufwachsen seines Helden Till an einer Wiener Eliteeinrichtung beschreibt, an der die künftigen Leistungsträger*innen mit reaktionärem Drill und bildungsbürgerlichen Idealen aufs Leben vorbereitet werden. Aus dieser repressiven Umgebung, verkörpert durch den mephistophelischen Lehrer Dolinar, flüchtet sich Till in die Welt des Gaming. Mit feinsinniger Ironie spiegelt Schachinger die politischen und sozialen Verhältnisse der Gegenwart: Aus gebildeten Zöglingen spricht die rohe Gewalt. Die Welt der Computerspiele bietet einen Ort der Fantasie und Freiheit. Auf erzählerisch herausragende und zeitgemäße Weise verhandelt der Text die Frage nach dem gesellschaftlichen Ort der Literatur.“
„Jedes Jahr ist der Deutsche Buchpreis ein Kaleidoskop aktueller Themen und Thesen. Er fördert die besonderen, außergewöhnlichen Werke zutage und gibt guten Geschichten den nötigen Raum zur Entfaltung. Für uns als Leser*innen macht er die Vielfalt und Lebendigkeit der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur erlebbar und beeindruckt uns im besten Fall so, dass wir mit unserer Begeisterung andere anstecken und das Gespräch über Literatur befeuern“, so Karin Schmidt-Friderichs.
Rowohlt auf Erfolgswelle
Für den Verlag Rowohlt war es eine starke Woche. Gerade erst am 5. Oktober hatte der Rowohlt-Autor Jon Fosse den Nobelpreis für Literatur erhalten. Auch die tags drauf bekannt gegebene Friedens-Nobelpreisträgerin Narges Mohammadi ist Rowohlt-Autorin.
Gewinnertitel erntet regelmäßig große Aufmerksamkeit
Seit seiner Premiere 2005 hat sich der Deutsche Buchpreis als einer der einflussreichsten deutschen Literaturpreise positioniert, der die Karriere eines Titels entscheidend mitbestimmen und auch die Lizenzverkäufe ankurbeln kann. Der Gewinnertitel erntet regelmäßig große Aufmerksamkeit in den Medien und beim Lesepublikum und war in den vergangenen Jahren auch immer mit einer hohen Platzierung auf der SPIEGEL-Bestsellerliste vertreten.
Der Deutsche Buchpreis wird von der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung vergeben. Der Sieger erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro. Die anderen 5 Finalisten bekommen jeweils 2500 Euro.
Dies waren alle Bücher auf der Shortlist 2023:
- Terézia Mora: „Muna oder Die Hälfte des Lebens“ (Luchterhand Literaturverlag, erschienen im August 2023)
- Necati Öziri: „Vatermal“ (Claassen, Juli 2023)
- Anne Rabe: „Die Möglichkeit von Glück“ (Klett-Cotta, März 2023)
- Tonio Schachinger: „Echtzeitalter“ (Rowohlt Verlag, März 2023)
- Sylvie Schenk: „Maman“ (Carl Hanser Verlag, Februar 2023)
- Ulrike Sterblich: „Drifter“ (Rowohlt Hundert Augen, Juli 2023).
In diesem Jahr hat die Jury 172 Titel aus 111 Verlagen gesichtet (im Vorjahr waren es 233 Titel). Der Jury gehörten dieses Mal an:
- Shila Behjat (Journalistin und Publizistin)
- Heinz Drügh (Goethe-Universität Frankfurt am Main)
- Melanie Mühl (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
- Lisa Schumacher (Steinmetz’sche Buchhandlung, Offenbach)
- Katharina Teutsch (freie Kritikerin)
- Florian Valerius (Gegenlicht Buchhandlung, Trier)
- Matthias Weichelt (Zeitschrift Sinn und Form)
Einen Überblick über alle bisherigen Gewinner des Deutschen Buchpreises, angefangen mit Arno Geiger zum Auftakt im Jahr 2005 bis zu Kim de l’Horizon (2022), finden Sie hier.
Rückblick:
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