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Leipzig ist ein fast 100-prozentiges Manga-Event

Ab dem morgigen Donnerstag wird die Halle 2 der Leipziger Buchmesse wieder zum Anlaufpunkt vieler Comic- und Mangafans. Comic? Dieses Wort könnte man aus der Messeankündigung fast streichen, meint Burkhard Ihme Gründungsmitglied und Vorsitzender des Interessenverbandes Comic, schließlich sei die Messe ausschließlich ein Manga-Event. Viel mehr als mit Leipzig beschäftigten sich die Comicschaffenden derzeit mit dem Image ihrer Superhelden.

In welcher Stimmung fahren die Comicschaffenden nach Leipzig?
Ich kenne niemanden, der nach Leipzig fährt. Und wenn, teilt er mir vorher nicht seine Gemütslage mit. Leipzig ist für den Comicbereich ein fast 100-prozentiges Manga-Event, und leider sind die Schnittmengen der verschiedenen Szenen gering.

In den USA will eine Gruppe von Comicschaffenden darauf aufmerksam machen, dass Comics mehr sein können als die Wiederholung altbekannter Superheldenabenteuer. Wie bewerten Sie die Aktion?
Die Aktion ist verständlich. Ob sie Erfolg hat, ist allerdings zweifelhaft. Auch in den USA gibt es unterschiedliche Szenen. So haben sich die Zeitungscartoonisten immer gegen die Bezeichnung „Comiczeichner“ gewehrt, weil die Comic Books ihnen als minderwertige Produkte erschienen. Und mit dem Auftauchen der Underground Comix und Independent Comics haben sich unterschiedliche Verlage und teils auch Vertriebswege entwickelt. DC und Marvel sind mit Superhelden erfolgreich und werden kaum davon abweichen.

Dominieren auch die Deutschland Superhelden und Großkonzerne den Comicmarkt?
Superhelden spielen in Deutschland nicht annähernd die Rolle wie in den USA, sind allerdings bei einigen Vertriebswegen sehr präsent. Aber sie spielen bei der Comicproduktion, also bei in Deutschland gezeichneten Stoffen, nicht die geringste Rolle. Und wenn tatsächlich mal ein Zeichner auf die Idee kommt, sich mit Superhelden zu beschäftigen, dann ganz sicher nicht auf Druck der Verlage.

Seit 2002 sind es vor allem Manga, die die großen Verkaufszahlen versprechen, und diesen Markt teilen sich die Großverlage Carlsen, Egmont, Tokyopop und Panini. Im Buch- und Albensegment sind Verlage, die von Fans und Zeichnern gegründet wurden, wie Splitter und Reprodukt, mittlerweile fast führend.

Wie kreativ dürfen Comicschaffende noch sein?
Die Situation der Rechteaufgabe, wie in den USA, hat es in Deutschland nie gegeben. Natürlich haben Zeichner, die fremde Figuren benutzen – wenn sie früher etwa Fix und Foxi zeichneten, heute zum Beispiel die Abrafaxe – wenig Mitspracherecht. Die Regel ist aber, dass Comiczeichner, wie andere Autoren auch, an den Erlösen ihrer Werke prozentual beteiligt sind und sämtliche Nutzungsrechte nur im Rahmen des jeweiligen Vertrages abtreten.

Ist es denn in Deutschland ähnlich schwierig wie in den USA, anspruchsvolle Comics zu etablieren?
In den Buchhandlungen ist es eher schwierig, weniger anspruchsvolle Comics zu etablieren. Manga hatten einen gewältigen Boom zu Zeiten, als der normale Buchhandel rückläufig war, und konnten so viele Regalmeter erobern. Soweit der Einkauf nicht eh von Konzernfilialen bestimmt wird, entscheiden meist Buchhändler mit wenig Comic-Kompetenz und geringer Affinität über die Präsentation. Da hilft eine positive Rezension im Feuilleton der „SZ“ oder „FAZ“ oft enorm.

Wie bewerten Sie Self-Publishing-Projekte wie die Wormwoldsaga? Wächst der Stellenwert alternativer Vertriebswege?
Einzelne Projekte wie „Wormworldsaga“, „Union der Helden“, „Deae ex machina“ oder „Das Leben ist kein Ponyhof“ erreichen hohe Besucherzahlen, funktionieren nicht als wirtschaftlicher Vertriebsweg, sondern bieten den Content kostenlos an und profitieren nur indirekt von der Werbewirkung. Auch Joscha Sauer konnte erst durch die Veröffentlichung bei Carlsen Geld mit seinen durch das Internet bekannt gewordenen Cartoons verdienen. Die Bedeutung des Internets bleibt im Comicbereich bisher auf Öffentlichkeitsarbeit beschränkt.

Die Fragen stellte Lucy Kivelip.

Kommentare

1 Kommentar zu "Leipzig ist ein fast 100-prozentiges Manga-Event"

  1. Arne Schulenberg | 17. März 2011 um 21:03 | Antworten

    Wer sich „Union der Helden“, „Deae ex machina“ oder Sarah Burrinis „Das Leben ist kein Ponyhof“ gerne näher ansehen möchte, findet sie übrigens auf den folgenden Webseiten:

    http://www.unionderhelden.de
    http://www.eriks-deae.de
    http://sarahburrini.com

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