In dem Maße, in dem der Indie-Buchhandel allen Unkenrufen zum Trotz Strukturwandel und konjunkturellen Dellen erfolgreich trotzt, räumen auch die Verlage dem „Winter Institute“ als Mischung aus Kontaktbörse und Fortbildungsveranstaltung VIP-Status ein.
Für die meisten Verleger ist es ein Pflichttermin, auch Autoren müssen nicht überredet werden: Zur großen „Author Reception“ zum Abschluss waren mehr als 60 Schriftsteller von Richard Ford und Janet Winterson bis Stewart O’Nan gekommen. Topautoren wie James Patterson, Douglas Brinkley und Ann Patchett standen zudem als Redner auf der Tagesordnung der dreitägigen Großveranstaltung.
Zahlen untermauern den „gefühlten“ Aufschwung
- Insgesamt 41 neue ABA-Mitgliedsbuchhandlungen wurden 2011 neu eröffnet.
- Der Indie-Buchhandel hat laut Nielsen BookScan in der letzten Novemberwoche um mehr als 15% und in den Folgewochen bis zum Jahresende ebenfalls jeweils „deutlich“ zugelegt.
- Die Buchhändler, die sich dem von der ABA gesteuerten Internetshop IndieCommerce angeschlossen haben, haben online im Dezember ein durchschnittliches Umsatzplus von 26% geschafft.
- Der (erstmals gemessene) Anteil von E-Books am gesamten IndieCommerce-Umsatz lag übers Jahr bei 5,2%.
Aus eigener Tasche könnte der gastgebende Buchhändlerverband eine Großveranstaltung wie das „Winter Institute“ kaum finanzieren. Braucht er aber auch nicht, denn an Sponsoren herrscht kein Mangel: Neben Hauptsponsor Ingram Content Group listet die ABA 41 Sponsoren, darunter ausnahmslos alle großen Publikumsverlagsgruppen sowie Fachverlage wie W. W. Norton und Wiley, aber auch sieben Kleinverlage.
Innovative Sortimentsbuchhändler haben eine Zukunft
Zu den Höhepunkten des Seminar- und Fortbildungsprogramms gehörte die Präsentation der dritten Buchkäuferstudie „Survey of Book-Buying Behavior“ von Verso Digital, die von Jack McKeown, in Personalunion Vorstandsmitglied von Verso und Indie-Buchhändler (Books & Books Westhampton Beach) sowie ehemaliger Verlagschef von Perseus und HarperCollins, erarbeitet worden ist.
McKeowns Fazit deckt sich mit dem spürbaren Optimismus der Tagungsteilnehmer: „Innovativen Buchhändlern, die ihren Markt kennen und keine digitalen Berührungsängste haben, stehen Türen offen.“
Versos Studie, an der zwischen dem 30. November und 4. Dezember 2.200 Amerikaner teilgenommen haben, erwartet „auf lange Sicht“ einen hybriden Markt, in dem gedruckte Bücher und E-Books parallel nachgefragt werden:
- 23% der Befragten würden am liebsten im unabhängigen Buchhandel einkaufen, gefolgt von Buchketten (22%), Online (21,1%) und Discounter (11,7%).
- Zwischen Wollen und Tun klaffen gleichwohl Welten, denn der Marktanteil der Indies liegt aktuell bei nur 8%, was neben der Bequemlichkeit des Einkaufens per Mausklick laut McKeown auch damit zu tun hat, dass nur 45% aller Amerikaner in einem 15-km-Radius einer Indie-Buchhandlung leben.
- Etwa 60% aller Befragten haben (auch) bei der im September in Konkurs gegangenen Buchkette Borders eingekauft. Von denen hat sich aber nur ein harter Kern von knapp 35% bereist fest neu orientiert, während die große Mehrheit der Kunden noch unschlüssig ist. McKeown: „Hier wartet eine Zielgruppe nur darauf, abgeholt zu werden.“ Wichtige Kriterien für diese Käufer sind der Preis (35,7%), Erreichbarkeit (31,6%) und Auswahl (31%).
Aus: buchreport.express 4/2012 (hier zu bestellen)
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