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Die Branche hat noch Strahlkraft

Der Buchhändler Jörg Robbert (Foto) hilft mit der Beraterin Christiane Goebel mutigen Gründern in den Sattel. Im Interview mit buchreport bricht er eine Lanze für eine Branche, die ihr Licht unter den Scheffel stellt.

Darf man Gründungswilligen in diesen Zeiten guten Gewissens zum Gründen raten?

Warum nicht? Man darf nicht den Fehler machen, aus der Schwäche von Thalia und Hugendubel eine Schwäche des gesamten stationären Buchhandels abzuleiten. Die Branche hat zum Teil eine falsche Wahrnehmung. Es gibt deshalb so viele Neugründungen, weil der Buchhandel in der Einzelhandelslandschaft zu Recht eine unglaublich hohe Strahlkraft hat. Er gehört zu den wenigen Handelszweigen, die noch mit einem dichten Netz von inhabergeführten Geschäften vertreten sind. In keiner Branche gibt es so viele individuelle Verkaufsstellen, die viel mehr sind als eben nur Geschäfte. Buchhandlungen sind kulturelle Treffpunkte, Orte der Begegnung und Kommunikation. Wo sonst findet man Inhaber, die so viel gesellschaftliches Engagement und Freude am Beruf ausstrahlen?

Die aber oft leider auch am Rande der Selbstausbeutung arbeiten …

Natürlich gibt es Risiken. Für jeden, der heute eine Buchhandlung aufmacht, heißt das, er muss sich klar positionieren, er braucht Profil und Schwerpunktsetzung. Dass er wirtschaftlich arbeiten können muss, ist logisch. Man braucht heute aber auch neue Konzepte und Ideen, was die Kundenbindung angeht. Über das Wagnis, das sie eingehen, sind sich die meisten Gründer, mit denen ich zu tun habe, völlig im Klaren. Die Verbesserung der prekären wirtschaftlichen Situation der kleinen Buchhandlungen ist natürlich ein Thema, über das diskutiert wird. Stichwort portofreie Belieferung, Stichwort kostenloses VlB.

Filialisten betreiben Nonbook-Experimente. Steigen deshalb für die Kleineren die Chancen durch dezidierte Buchhändler-Akzentuierung?

Generell gilt für uns stationäre Buchhändler, dass wir eine große Chance haben, wenn wir uns auf unsere Kernkompetenz konzentrieren. Auswahl und Beratung rund um das gedruckte Buch ist das entscheidende, hinzu kommen das individuelle Profil und die schon erwähnten kulturellen und gesellschaftlichen Aktivitäten. Das sind die Dinge, mit denen wir punkten und deswegen hat der stationäre Buchhandel auch Perspektiven.

Auch mit E-Books? Verlage, aber auch Dienstleister wie die Börsenvereins-Wirtschaftstochter MVB betonen, dass das stationäre Sortiment am E-Book-Markt partizipieren kann.

Ich glaube, dass die MVB vielleicht am E-Book-Markt partizipieren kann. Natürlich verkaufen wir E-Books, wir werden aber selbst in 15 Jahren keine Buchhandlung haben, die auch nur nennenswert Umsatzanteile bzw.  Ergebnisse mit E-Books erwirtschaften wird. Das wird es nicht geben, alles andere ist Augenwischerei.

Die Fragen stellte Rainer Uebelhöde.

Jörg Robbert
führt seit 1990 die Kasseler Buchhandlung am Bebelplatz und hat seit 2010 mit der Übernahme der Brencher Buchhandlung in Kassel-Wilhelmshöhe einen zweiten Standort. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Qualitätsmanagement im Sortiment und leitet gemeinsam mit der Beraterin Christiane Goebel eine Erfa-Gruppe für Gründer.   

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