Die geplante Urheberrechtsreform („Dritter Korb“) konkrete Züge an, und zwar immer kleinere. Dem Vernehmen nach wird der Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums, der nach der parlamentarischen Sommerpause im September in den Bundestag kommen soll, zwar Regeln für die Digitalisierung sogenannter verwaister Werke enthalten, nicht aber für vergriffene Werke.
Dabei ist die gegenwärtige Rechtslage ein Problem für die kulturpolitisch allgemein gewünschte Digitalisierung von Bibliotheksbeständen, und zwar nicht nur hinsichtlich der verwaisten Werke, an denen das Urheberrecht noch nicht erloschen, ein Rechteinhaber aber nicht mehr aufzufinden ist, sondern auch hinsichtlich der vergriffenen Werke. Für beide Probleme hatte bereits 2009 die Deutsche Literaturkonferenz, der neben dem Börsenverein etwa auch Bibliotheks- und Autorenverbände sowie die VG Wort angehören, einen Regelungsvorschlag vorgelegt (buchreport berichtete).
Ein möglicher Grund dafür, dass im Ministerium jetzt über eine Beschränkung auf die verwaisten Werke nachgedacht wird, könnte der Zeitdruck sein, unter den das ganze Gesetzesvorhaben zu geraten droht: Da 2013 ein neuer Bundestag gewählt wird, könnte es mit der Verabschiedung in der laufenden Legislaturperiode eng werden. Die ursprünglich ambitionierten Pläne für den „Dritten Korb“ sind in den vergangenen Monaten wegen der Zerstrittenheit der Regierungsparteien in zentralen netzpolitischen Fragen bereits immer weiter zurückgestutzt worden (buchreport berichtete).
Wenn wirklich im Dritten Korb nichts sein wird, was, wie vom Bundestag einmal in Aussicht gestellt, als Wissenschaftskorb angesehen werden kann, was also die völlig unbefriedigende Situation von Bildung und Wissenschaft bei der Nutzung publizierten Wissens verbessern könnte, wäre die Gesetzesänderung nicht das Papier wert, auf dem sie veröffentlicht wird. Noch liegt ja nichts vor – man kann sich nicht vorstellen, dass Regierung und Parlament sich wirklich gegen die Wissenschaftsorganisationen, gegen KKM, gegen Enquete-Kommission „Internet“, gegen CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gegen die gesamte Opposition, gegen Piratenpartei und nicht zuletzt gegen die in Bildung und Wissenschaft Tätigen positionieren wollen.