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Spagat zwischen Markt und Autoren-Erwartung

Der Schriftstellerveband AdS attestierte an der Jahresversammlung in Solothurn dem Zürcher Kameru Verlag Handlungsbedarf in Sachen Autorenbetreuung. Verlegerin Katarina Graf Mullis (Foto) stellt sich den Fragen von buchreport.
Urs Heinz Aerni: Anlässlich der Jahresversammlung des Verbands Autorinnen und Autoren der Schweiz (AdS) wurde auf ein Verbesserungspotenzial in der Zusammenarbeit mit Ihren Autorinnen und Autoren hingewiesen. Wie sehr hat Sie, Katarina Graf Mullis, das überrascht?
Katarina Graf Mullis: Tatsache ist, dass der Druck an die kleineren und mittleren unabhängigen Verlage besonders  von der Seite des Buchmarktes wächst, was natürlich durch die Ablehnung der Preisbindung noch verstärkt wurde. So müssen diese Verlage immer wieder einen Spagat zwischen dem Markt und den Erwartungen der Autorinnen und Autoren schaffen – nicht nur verlagstechnisch, sondern auch wirtschaftlich, was nicht einfach ist. Leider realisieren dies besonders die neuen, unerfahrenen Autorinnen und Autoren nicht – und wir arbeiten, als einer der wenigen Schweizer Verlage, vor allem mit neuen, noch unbekannten Schriftstellerinnen und Schriftstellern. Wir sind jederzeit bereit, über konstruktive Verbesserungsvorschläge mit den Autorinnen und Autoren zu diskutieren. Solche wurden von keinem an uns herangetragen, deswegen betrachten wir diesen Hinweis der AdS als nicht relevant. 
Aerni: Man macht Sie darauf aufmerksam, dass die Verträge, die Ihr Verlag abschließt noch stark verbesserungswürdig sind. Was sagen Sie dazu?“ 
Graf-Mullis: Dies weisen wir ganz entschieden zurück. Wir arbeiten mit dem SBVV-Mustervertrag, den wir nur ganz gering unseren Verhältnissen angepasst haben. Wir finanzieren die ganze Produktion jeweils selbst. Wir sind kein Zuschussverlag und kein Autor musste auch nur einen Rappen für die Herausgabe seines Buches zahlen. Im Gegenteil, die Autoren erhalten 8 bis 15 % von jedem verkauften Exemplar und zum Teil auch einen Vorschuss – egal, ob sich ihr Werk verkauft oder nicht.“
Aerni: Welchen größten Herausforderungen sehen Sie momentan als Verlegerin auf Sie zukommen?
Graf Mullis: Die ursprüngliche Idee bei der Gründung des Verlages war, unbekannten deutschsprachigen Autorinnen und Autoren eine Plattform zu bieten. Nach mehr als 10 Jahren beschlossen wir nun, diese Linie zu verlassen, die Anzahl der neuen Autorinnen und Autoren zu reduzieren und vorwiegend Übersetzungen aus den skandinavischen und slawischen Sprachen in unser Programm zu integrieren.  Und noch mehr Energie in die Vermarktung der Titel zu investieren. Dies ist eine neue Herausforderung, der wir uns jedoch gerne stellen.
Aerni: Der Verlag wurde 1999 gegründet. Was hat sich in diesen Jahren aus Ihrem Blickwinkel am meisten verändert?
Graf Mullis: Wir haben den Verlag vor 12 Jahren mit sehr viel Herzblut, aber auch mit einer gehörigen Portion Idealismus gegründet. Die Tatsache, dass wir uns weiterhin jedem Projekt mit sehr viel Herzblut widmen, ist geblieben, der Idealismus wich einer realen Sicht der Sache.
Aerni: Was hält Sie am Job der Verlegerin?
Graf Mullis: Ich arbeite weiterhin sehr gerne mit Texten, lasse mich immer wieder von neuen Geschichten überraschen und freue mich besonders über die Begeisterung der Autorinnen und Autoren, wenn sie ihr Buch endlich in der Hand halten bzw. in einer Buchhandlung entdecken. 
Der Verlag Kameru wurde von Katarina Graf-Mullis und ihrem Partner Ruben M. Mullis 1999 gegründet. Das Wort Kameru stamme aus dem Sumerischen und bedeutet so viel wie „das schriftlich vervielfältigte Wort zu verbreiten“.  Zu den Autorinnen und Autoren, die ihre Karriere hier begonnen haben gehören Mitra Devi, Dana Grigorcea und Roger Graf, der mit seiner Reihe „Philip Maloney“ für Hörspielrekorde beim Schweizer Radio DRS3 sorgte.

Kommentare

2 Kommentare zu "Spagat zwischen Markt und Autoren-Erwartung"

  1. Unerfahren.
    Angelika Rudin. Autorin des Kameru Verlags.
    1. anerkannte Publikation in Buchform. August 2012.
    „Fill“
    Frage: Was weiss unerfahren der/die Autor/In über das Geschäft eines Verlags, einer Verleger/In, eines kleinen Verlags, einer kleinen Verleger/In?
    Antwort: Nicht viel. Autor/In könnte … doch vieles spricht anders sich, dagegen … viele sprechen noch mehr mehr …
    Aus dieser Position: Wie könnte Autor/In konstruktiv Verbesserungsvorschläge produzieren? Wie kann er/sie gewichtig tun?

    Transparenz, Verbindlichkeiten und immer noch – tatsächlich im Zeitalter der schnellen Wörter – der persönliche Kontakt, von Aug‘ zu Aug‘, das Gespräch zwischen Verleger/In – Autro/In. Kontinuierlich. Aufklärerisch.
    „Das nächste Mal“, sag ich mir. „Und ich freue mich darauf!“

  2. Ich verstehe die Verlegerin aber man könnte auch weniger Bücher produzieren und dafür länger und intensiver betreuen?

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