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Warum weniger Titel, Frau Peretti?

Baumhaus und Boje haben die Titelzahl stark reduziert. Programmleiterin Paula Peretti spricht im Interview über die Hintergründe.
Baumhaus hat sein Programm um ein Drittel reduziert, Boje um ein Viertel; besonders im Taschenbuch wurde gekürzt – weshalb?
Lübbe arbeitet eng mit den großen Buchhandelsfilialisten zusammen. Wenn Thalia, Hugendubel und die Mayersche ihre Flächen reduzieren, ist das wichtig für das Verlagshaus und hat auch Konsequenzen fürs Kinderbuch. Wenn wir auf die Entwicklung im Buchhandel nicht reagieren, fällt zu viel hinten runter. Hinzu kommt eine Konzentrationsbewegung bei den Verlagen. Lübbe zum Beispiel hat 2011 Eichborn gekauft. Die Vertriebsmannschaften bekommen dadurch mehr zu tun und wir müssen immer stärker unsere Profile schärfen.
Also Konzentration auf „Bestseller“?
Zumindest ist die Fokussierung der Marketing-, Vertriebs- und Presseanstrengungen auf Schwerpunkt-, auf Spitzentitel stärker in den Vordergrund gerückt. Bestseller zu werden, schaffen ja nur wenige Bücher, und wenn ein Buch einmal Bestseller ist, zieht dieser im optimalen Fall auch andere Titel und Autoren mit. Neben den Spitzentiteln gilt die gesamte Aufmerksamkeit dem so-genannten „Mittelfeld“, also Titeln von Autoren, die neu eingeführt werden, oder Titel etablierter Autoren, die aber in geringeren Stückzahlen verkauft werden. Insofern können sich die Buchhändler auf die Marke verlassen.
Geringere Buchhandelsflächen, weniger Titel – kommen Sie in der Folge auch mit weniger Mitarbeitern aus?
Wir können vielleicht etwas weniger an freie Mitarbeiter rausgeben, aber unsere interne Personaldecke werden wir nicht reduzieren, weil wir die Kollegen unbedingt brauchen.
Das E-Book bedeutet für die Verlage in manchen Bereichen weniger Aufwand. Wird der Siegeszug des digitalen Buchs die Titelzahl wieder in die Höhe treiben?
Das E-Book steht bei Lübbe deutlich auf Expansion, der Verlag hat ja auch eine Academy ins Leben gerufen, die unter anderem die Aufgabe hat, neue E-Book-Autoren zu gewinnen. Da besteht also tatsächlich Bedarf an neuen Stoffen, neuen Titeln. Und der Weg, als Leser mal etwas Neues auszuprobieren, ist beim Download viel kürzer als beim gedruckten Buch. Insofern kann die E-Book-Entwicklung eine Erhöhung der Titelzahl mit sich bringen.
Sie machen auch schon exklusive E-Books …
Im Jugendbuch gibt es jetzt tatsächlich Titel, die wir zunächst nur als E-Book auf den Markt bringen. Die kommen vielleicht später im Print, vielleicht bleiben sie aber auch exklusiv als E-Book erhältlich. Es geht dabei um Bücher, die sich an ein etwas älteres Publikum wenden, an 16-, 17-Jährige, und die inhaltlich erwachsener rüberkommen.
Die Fragen stellte Ingo Schiweck
Zur Person: Paula Peretti 
geboren 1964, studierte Germanistik, Romanistik und Geschichte; 1993 Promotion. Nach Stationen bei Middelhauve, Pat­mos und Lübbe arbeitete sie als Lektorin und Programmleiterin bei Sau­erländer, danach freiberuflich als Übersetzerin und Agentin. 2011 kehrte sie als Leiterin des Boje Verlags zu Bastei Lübbe zurück; jetzt hat sie auch die Programmleitung von Baumhaus übernommen.
aus: buchreport.magazin 11/2012 (hier zu bestellen)

Wie die Verlage aktuell den Umfang ihrer Programme planen, ist im kommenden buchreport.express 46/2012 zu lesen.

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