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Schnell, kurz und seriell

Wie lassen sich Printinhalte in Apps verpacken? Welche Anreicherungen sorgen für Mehrwert und mehr Geld? Welche Social-Media-Aktivitäten fruchten? Deutsche Ver­lage haben in den vergangenen Jahren viel Aufbauarbeit geleistet, um die Grundlage für ein florierendes E-Book-Geschäft zu legen. Lückenhaft ist dagegen noch die Grund­lagenforschung an Inhalten, die am besten zu den Anforderungen solcher Kunden passen, die primär digital lesen.

In den USA hat sich besonders im vergangenen Jahr eine rasant wachsende Szene formiert, die eine Steilvorlage von Amazon ausspielt: Im Oktober 2010 kamen in den USA die „Kindle Singles“ auf den Markt: Mini-E-Books zwischen 5000 und 30000 Wörtern, für 0,99 und 4,99 Dollar. In den ersten beiden Jahren verkaufte Amazon 3,5 Mio Downloads und eroberte häufig die digitalen Bestsellertreppchen der „New York Times“. 

Spezialisten für Mini-Formate formieren sich
Seither haben nicht nur Wettbewerber wie Barnes & Noble („Nook Snaps“) entsprechende Me-too-Produkte auf den Markt ge­bracht, sondern sich einige Spezialisten für das kleine digitale Format formiert:
  • Firmen wie Byliner aus San Francisco, die digitale (Mini-)Originalausgaben von hochkarätigen Autoren wie Margaret Atwood oder Jon Krakauer im Programm haben. 
  • The Atavist aus Brooklyn, deren Titel länger als Zeitschriftenartikel und kürzer als Bücher sind; zu den Investoren zählen der Ex-Google-Chef Eric E. Schmidt und Sean Parker (Ex-Chef bei Facebook). 
  • Anbieter wie Holocene, Matter oder The Magazine, deren Portfolio die Grenzen zwischen Buch und Journalismus verwischt.
Der Erfolg solcher E-Verlage ist nicht überraschend: Christoph Bläsi von der Universität Mainz hat schon 2010 nachgewiesen, dass Lesen in kleineren Portionen zunimmt. Der Erfolg von Smartphones, der selbst den Tablet-Boom in den Schatten stellt, hat dazu geführt, dass Millionen Menschen unterwegs auf der Suche nach Lektüre für Minuten sind. Besonders beliebt: Facebook, Twitter, SPIEGEL Online – oder eben ein kompaktes Buch.
Buchverlage müssen ihre Strukturen ändern

Dass klassische Buchverlage diesen Markt für „Subcompact Publishing“ (ein Begriff des Autors und Designers Craig Mod, hier sein Essay) bislang vorwiegend den Start-ups und Amazon überlassen, mag daran liegen, dass die eigenen Strukturen nicht kompatibel sind:

  • Die Programm- und Marketing-Planung darf nicht nach dem eingeübten Höhepunkt-Modus (z.B. Frühjahr/Herbst) erfolgen, sondern muss kontinuierlich passieren.
  • Die Entscheidungswege müssen radikal verkürzt werden, um auch mit digitalen Schnellschüssen ins Ziel zu treffen.
  • Interessant sind besonders Abo-Modelle zur Leserbindung und Sicherstellung eines kontinuierlichen Erlösstroms (von Bastei Lübbe mit digitalen Serien praktiziert, Tests auch bei Egmont VGS). Daher sind Vertriebskanäle wie der iBookstore von Apple für das kleine, serielle Digitale nicht optimal, in den Fokus rücken dagegen Angebote für Perio­dika in App-Form wie Newsstand (Apple).
Allzu viel Zeit sollten sich die Buchverlage nicht lassen, um sich neu zu positionieren. Zeitungsverlage wie die „FAZ“, Gruner+Jahr oder Springer, deren Strukturen besser zu „Subcompact“ passen, entdecken gerade das E-Book als Zweitverwertungs-Kanal. Nach der langen friedlichen medialen Koexistenz bahnt sich also mittelfristig ein Konkurrenzkampf an, in dem die Buchverlage ihren Erfahrungsvorsprung nutzen sollten.

aus: buchreport.magazin 3/2013

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