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Themenvielfalt fällt auf fruchtbaren Boden

Das Münchener Verlagshaus GeraNova Bruckmann vereint unter seinem Dach viele Zimmer: Rund 300 Buchnovitäten pro Jahr, über 20 Magazine und Sammler-Editionen sowie über 150 DVDs stehen für eine breite Vielfalt an Special-Interest-Medien. Verleger Clemens Schüssler lenkt mit den Geschäftsführern Clemens Hahn und Carsten Leininger ein Unternehmen, das mit einem Umsatz von 23,5 Mio Euro (2011) auf Platz 63 im buchreport-Ranking „Die 100 größten Verlage“ rangiert. Die Sehnsucht vieler Menschen nach einem Leben im Einklang mit der Natur bedient das Verlagshaus vor allem mit Büchern, die im integrierten Christian Verlag erscheinen. Hinzu kommt ein Zeitschriften-Joint-Venture mit dem Gong-Verlag, der zur WAZ-Mediengruppe gehört.
Seit 2009 ist die Zeitschrift „LandIdee“ auf dem Markt, die sich im Segment der Lebensartmagazine einen festen Platz erobert hat. Um diesen Nukleus wurden mehrere Ableger platziert, die bei der Zielgruppe landen konnten. Seit August 2011 wird die „LandIdee Wohnen & Deko“ verkauft, die „Landapotheke“ wurde im Mai 2012 erstmals angeboten. Der jüngste Ableger ist das Magazin „Landfrisch“, das sich den kulinarischen Aspekten widmet.
Die Verzahnung der Zeitschriften mit Buchprojekten verschafft GeraNova Bruckmann viele Vorteile. Geschäftsführer Clemens Hahn beleuchtet im buchreport-Interview Perspektiven und Möglichkeiten.
Die ganze Welt redet vom digitalen Zeitalter, gleichzeitig wird „Zurück zur Natur“ zum Trend. Ein medien- und marketingesteuertes Phänomen oder tatsächlich eine Entwicklung aus der Mitte der Gesellschaft?
Die Medien haben diesen Trend zunächst eher verschlafen und sind erst relativ spät darauf aufmerksam geworden. Eine Zäsur waren sicherlich die Krisenjahre, als Teile des Wirtschafts- und Finanzsystems unter Druck gerieten. Da wuchs bei vielen Menschen die Sehnsucht nach den sogenannten alten Werten, und sie wurde medial weit stärker als zuvor wahrgenommen. Viele Menschen sehnen sich nach den guten, althergebrachten Dingen. Entschleunigung ist ein zentraler Begriff, wenn man diesen Trend näher unter die Lupe nimmt. In Zeiten, die unübersichtlich geworden sind, suchen viele nach Fixpunkten.
iPhone und Kräuterziehen nach Hildegard von Bingen – verträgt sich das?
Das verträgt sich absolut. Ich glaube nicht, dass die Menschen, über die wir hier reden, dem modernen Leben entsagen wollen. Wir sprechen über Leute, die in ihrer Freizeit ganz bewusst einen Gegenentwurf zum hektischen Alltag der Allgemeinheit leben. Viele von ihnen werden ein iPhone in der Tasche haben, wenn sie in ihrem Kräuterbeet knien. 
Das Verlagshaus GeraNova Bruckmann beackert das Feld mit der Zeitschrift „LandIdee“, die in Form eines Joint Ventures mit dem Gong Verlag herausgebracht wird. Mehr als ein Me-too-Produkt?
In der Gruppe der Landzeitschriften ist die „LandIdee“ eines der ältesten Magazine, sie hat den Trend maßgeblich mit gesetzt. Was uns auszeichnet, ist der Umstand, dass wir um den Kern „LandIdee“ mittlerweile eine ganze Zeitschriftenfamilie angesiedelt haben. Sie bedient mit den Heften „Wohnen und Deko“ und „LandFrisch“, den „LandIdee“-Rezeptsammlungen und neuerdings der „LandApotheke“ die für die Zielgruppe wichtigsten Teilaspekte des gesamten Landtrends. Wir fächern die Themen sehr zielgruppenorientiert auf, das verschafft uns Alleinstellung. 
Wie eng sind Zeitschrift und Buchproduktion verzahnt?
Der Start der Zeitschriftenfamilie war durch das Themen- und Zielgruppen-Know-how des Christian Verlages erst möglich geworden. Umgekehrt haben wir für das Buchprogramm durch die „LandIdee“ zwei große Vorteile. Erstens können wir von einem sehr starken, unmittelbaren Leserfeedback profitieren. Wir sehen schnell, welche Themen bei der „Landidee“ besonders erfolgreich sind. Und auch wenn das Buch als Medium deutlich langsamer ist als das Magazin: Was in der „Landidee“ ankommt, fließt anschließend in das Buchprogramm ein. 
Die andere wichtige Komponente sind die Daten, die wir aus Befragungen der Leserinnen – ich sage bewusst Leserinnen, denn es sind vor allem Frauen, die wir ansprechen – gewinnen. Wir haben in unserem Haus eine eigene Marktforschung und wir wissen soziodemografisch sehr viel über unsere Zielgruppe. Bei der Entwicklung neuer Bücher für den Christian Verlag nehmen wir darauf natürlich Rücksicht. So wissen wir, dass die „LandIdee“-Leserinnen überwiegend im ländlichen Raum leben. Nahezu die Hälfte wohnt in Orten mit weniger als 5000 Einwohnern. Die Lebensverhältnisse und Interessenlagen dieser Leserinnen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von denen vieler anderer, eher „urbaner“ Käufer von Büchern aus dem Christian Verlag. Das eröffnet uns die Riesenchance auf eine echte Zielgruppenausweitung.
Gibt es konkrete Beispiele?
Im Bereich Essen und Trinken haben wir bei Christian erfolgreich die Reihe „Lust auf Land“ etabliert. Und ein weiteres schönes Beispiel liefert „Arnika und Bohnerwachs“. Ein Haushaltsbuch von der Krimi-Autorin Rita Falk, das bewährtes Haushaltswissen aus alter Zeit neu entdeckt. Einer der wichtigsten Frühjahrstitel des Christian Verlags.
Im stationären Sortiment schrumpft die Verkaufsfläche. Wird der Kampf um einen Platz auf der Bücherbühne härter?
Wie alle Verlage merken auch wir, dass der Kampf um die Fläche schwerer wird. Der stationäre Buchhandel hat es schwer und muss sich auch gegen die wachsende Konkurrenz des Internethandels behaupten. Das Thema „Lust auf Land“ bietet viele Ansatzpunkte für attraktive Aktionen. Wir kommen dem Sortiment mit frequenzfördernden Angeboten entgegen und offerieren Verkaufsunterstützung und originelle Dekomaterialien bis hin zu Strohballen und Melkschemel, um dieses Trendthema herauszuheben. Insbesondere die kleineren inhabergeführten Buchhandlungen gehen auf solche Angebote sehr gern ein. Wir sehen anhand der Verkaufszahlen, dass solche Aktionen sehr erfolgreich laufen können. Emotionalisierung ist ein großes Thema im Handel und da ist vieles schon in Bewegung gekommen. Aber es gibt sicher noch Spielräume.
Die Fragen stellte Rainer Uebelhöde

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