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Lizenzgeber haben den europäischen Markt nicht verstanden

Die weltweite Nachfrage nach Comics und Manga wächst – und weckt damit Begehrlichkeiten. Wie in anderen Segmenten zuvor ist jetzt der große Marktveränderer Amazon angetreten, um auch das attraktive Comic-Terrain zu bearbeiten und digital weiterzuentwickeln.

Der Markt der Bilderfolgen weist, wie ausführlich im buchreport.express 31/2013 nachzulesen ist (hier zu bestellen), zweistellige Zuwächse aus: 

  • In Nordamerika stieg der Umsatz im Comic-Markt im vergangenen Jahr um 13% auf  750 Mio Dollar.
  • Die deutschsprachigen Verlage spüren ebenfalls eine wachsende Nachfrage, die sich zuletzt auch im Vertriebsweg Buchhandel bemerkbar macht: Nach buchreport-Zahlen hat das Comic- und Manga-Segment im 1. Halbjahr um gut 10% zugelegt.
  • Treiber in Deutschland sind die japanischen Manga-Helden. 
Im Interview mit buchreport.de zeigt sich Joachim Kaps, seit 2004 Geschäftsführer des Comic- und Manga-Verlags Tokyopop, erfreut über die Entwicklung des deutschen Comic-Marktes. Und erläutert, warum der Digitalmarkt anders als in den USA noch wenig entwickelt ist. 
Blicken Sie neidisch in die USA?
Nein. Wir haben seit drei Jahren in Folge über alle Verlage hinweg deutliche Zuwächse im Buchhandel. Das Wachstum hängt – anders als in der übrigen Branche – nicht von einzelnen Bestsellern ab, sondern zeigt sich in der Breite.
Wie erklären Sie das Wachstum?
Bei den Comics spüren wir positive Effekte durch die Besprechungen von Graphic Novels, die von den Umsätzen her nicht die wichtigste Rolle spielen, aber die Wahrnehmung insgesamt positiv verändern, sodass auch der Buchhandel Berührungsängste verliert. Im Bereich Manga sind die Umsätze nach dem großen Boom durch die TV-Serien 2005 und 2006 zwar zunächst eingebrochen, doch inzwischen haben sich die Verlage auf einen Markt ohne TV-Unterstützung eingestellt und gehen im Marketing eigene und sehr effiziente Wege. Drittens ist die Zusammenarbeit mit dem Buchhandel besser geworden. Inzwischen werden die Regale sehr viel besser gepflegt, sodass die Serien vollständig verfügbar und sichtbar sind.
Warum tun sich digitale Manga und Comics in Deutschland schwer?
Noch ist das digitale Angebot dürftig. Dies hängt damit zusammen, dass etwa 65% der umsatzstarken Titel aus Japan kommen und die Lizenzgeber zunächst die Regeln des europäischen Digitalmarktes nicht verstanden haben. Dort herrschen Streaming-Modelle vor, während wir hierzulande aufgrund der schlechteren Netzabdeckung eher auf Downloads setzen. So langsam aber ist der Knoten geplatzt, sodass wir in Kürze deutlich mehr digitale Titel anbieten können. Zudem waren die Tablets als Geräte, die sich am besten für Comics eignen, für viele jüngere Leser zu teuer. Da immer mehr erschwingliche Geräte auf den Markt kommen, wird die Nachfrage sicher steigen.
Ist Tokyopop darauf vorbereitet?
Wir waren sogar einer der Vorreiter auf dem digitalen Gebiet und haben im Sommer 2009 über jamba.de digitale Manga fürs Handy angeboten. Mit diesem Test waren wir offenbar der Zeit voraus, weshalb wir jetzt erst einmal abwarten, wie sich die Nachfrage entwickelt. Seit Weihnachten bieten wir zwei digitale Comics an und sind extrem zufrieden mit der Resonanz. Im Herbst werden wir deshalb mit einem größeren Angebot, auch an Spitzentiteln, starten.
Zum Ärger des Buch- und Fachhandels?
Die amerikanischen Statistiken zeigen, dass wir durch das Digitalangebot ein neues Publikum erreichen. Die klassischen Comic-Fans bevorzugen die gedruckten Titel als Tausch- und Sam­melobjekt. Bei einer Tokyopop-Umfrage gaben 95% unserer Kernklientel an, keine digitalen Titel zu wollen. Zudem könnte auch der Printmarkt davon profitieren, dass durch das digitale Schaufenster ein größeres Publikum auf Comics und Manga aufmerksam wird. 
Besteht die Gefahr, dass Lizenzgeber auf eigene Faust digitale Titel in Deutschland vertreiben?
Viele ausländische Verlage haben den Versuch gewagt, sie alle sind gescheitert. Weil die Vermarktung und die Kommunikation mit der Zielgruppe vor Ort fehlten, haben viele potenzielle Klienten das Angebot aus dem Ausland gar nicht erst wahrgenommen. Unsere guten Partner wissen, was sie an uns haben. Bei einigen Lizenzgebern mag die Gefahr bestehen. Letztlich wird sich aber zeigen, dass Print- und Digitalgeschäft in Europa nicht zu trennen sind. 

aus: buchreport.express 31/2013

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