Weltweiter Protest von Autoren gegen NSA-Überwachung
Überwachung ist Diebstahl
Erst hat Juli Zehhierzulande Autoren und dann auch Verleger mobilisiert, um gegen die systematische Ausspähung der Bevölkerung durch die NSA Front zu machen. Jetzt ist es Zeh und anderen Schriftstellern gelungen, aus dem Protest eine weltweite Autoren-Kampagne zu machen.
560 Schriftsteller aus der ganzen Welt, darunter sind fünf Literaturnobelpreisträger, haben sich einem von Zeh und Ilija Trojanow initiierten Aufruf angeschlossen, der sich dafür stark macht, die Demokratie in der digitalen Welt zu verteidigen. Am heutigen Dienstag (10.12.2013) haben mehr als 30 internationale Zeitungen, darunter die „FAZ“, den Text der Autoren im Blatt.
Zu den Unterzeichnern gehören Hochkaräter wie Elfriede Jelinek, Umberto Eco, Paul Auster, Günter Grass, Jonathan Littell und Peter Sloterdijk, die an die Vereinten Nationen appellieren, eine „Internationale Konvention der digitalen Rechte“ zu verabschieden.
Der Appell der Schriftsteller (hier die Webseite) kommt zu einem günstigen Zeitpunkt. Erst am Montag hatten US-Internet- und Technologiekonzerne Apple, Facebook, Microsoft und Google eine Beschränkung und strenge Kontrolle der Geheimdienste gefordert und eine Kampagne gegen die Spionageprogramme internationaler Geheimdienste initiiert. Per Brief an US-Präsident Barack Obama und die Kongress-Mitglieder und via Anzeigen in Tageszeitungen wenden sich die Konzerne gegen die staatliche Überwachung von Bürgern.
Nachfolgend der Aufruf der Autoren:
„In den vergangenen Monaten ist ans Licht gekommen, in welch ungeheurem Ausmaß wir alle überwacht werden. Mit ein paar Maus-Klicks können Staaten unsere Mobiltelefone, unsere E-Mails, unsere sozialen Netzwerke und die von uns besuchten Internet-Seiten ausspähen. Sie haben Zugang zu unseren politischen Überzeugungen und Aktivitäten, und sie können, zusammen mit kommerziellen Internet-Anbietern, unser gesamtes Verhalten, nicht nur unser Konsumverhalten, vorhersagen.
Eine der tragenden Säulen der Demokratie ist die Unverletzlichkeit des Individuums. Doch die Würde des Menschen geht über seine Körpergrenze hinaus. Alle Menschen haben das Recht, in ihren Gedanken und Privaträumen, in ihren Briefen und Gesprächen frei und unbeobachtet zu bleiben.
Dieses existentielle Menschenrecht ist inzwischen null und nichtig, weil Staaten und Konzerne die technologischen Entwicklungen zum Zwecke der Überwachung massiv missbrauchen.
Ein Mensch unter Beobachtung ist niemals frei; und eine Gesellschaft unter ständiger Beobachtung ist keine Demokratie mehr. Deshalb müssen unsere demokratischen Grundrechte in der virtuellen Welt ebenso durchgesetzt werden wie in der realen.
Überwachung verletzt die Privatsphäre sowie die Gedanken- und Meinungsfreiheit.
Massenhafte Überwachung behandelt jeden einzelnen Bürger als Verdächtigen. Sie zerstört eine unserer historischen Errungenschaften, die Unschuldsvermutung.
Überwachung durchleuchtet den Einzelnen, während die Staaten und Konzerne im Geheimen operieren. Wie wir gesehen haben, wird diese Macht systematisch missbraucht.
Überwachung ist Diebstahl. Denn diese Daten sind kein öffentliches Eigentum: Sie gehören uns. Wenn sie benutzt werden, um unser Verhalten vorherzusagen, wird uns noch etwas anderes gestohlen: Der freie Wille, der unabdingbar ist für die Freiheit in der Demokratie.
Wir fordern daher, dass jeder Bürger das Recht haben muss mitzuentscheiden, in welchem Ausmaß seine persönlichen Daten gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden und von wem; dass er das Recht hat, zu erfahren, wo und zu welchem Zweck seine Daten gesammelt werden; und dass er sie löschen lassen kann, falls sie illegal gesammelt und gespeichert wurden.
Wir rufen alle Staaten und Konzerne auf, diese Rechte zu respektieren.
Wir rufen alle Bürger auf, diese Rechte zu verteidigen.
Wir rufen die Vereinten Nationen auf, die zentrale Bedeutung der Bürgerechte im digitalen Zeitalter anzuerkennen und eine verbindliche Internationale Konvention der digitalen Rechte zu verabschieden.
Wir rufen alle Regierungen auf, diese Konvention anzuerkennen und einzuhalten.“
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