Patrick Neale ist Präsident des britischen Buchhändlerverbandes. Der Indie-Buchhändler ist dafür bekannt, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Im buchreport-Interview erläutert er, an welchen Stellschrauben der Handel drehen muss, um sich gegen die Herausforderungen des Marktes allgemein und des Online-Wettbewerbs im Besonderen zu behaupten.
Bei der Jahrestagung der Booksellers Association haben Sie sich Anleihen in der Ökologie geholt und Buchhändler mit Bienen verglichen. Wie funktioniert das?
Ich habe gesagt, dass der Buchhändler genauso wie die Biene eine ökologische Schlüsselart ist, die als selbstverständlich hingenommen wird. Sollte die Biene aussterben, so heißt es, verbleiben der Menschheit nur noch vier Jahre bis zum Untergang. Damit will ich nicht sagen, dass der Planet ohne Buchhandlungen verdammt ist, aber ich bin sicher, dass viele Menschen ihre lokalen Buchhandlungen vermissen werden, wenn es keine mehr gibt. Aber dann ist es zu spät.
Ist der unabhängige Buchhändler eine bedrohte Spezies?
Die meisten Buchhändler sind es gewöhnt, dass sie sich zur Decke strecken müssen. Das ist in Deutschland sicherlich nicht anders, auch wenn der Buchhandel dort mit der Preisbindung ein stabilisierendes Instrument im Rücken hat, um das wir ihn nur beneiden können. In England waren es nach dem Ausstieg aus der Preisbindung zuerst die Buchketten und Supermärkte, die spürbar Umsätze abgegriffen haben. Jetzt ist es der Online-Handel. Es wird immer unabhängige Buchhändler geben, aber ohne zusätzliche Stolpersteine wäre das Leben einfacher.
Stolpersteine?
Es sind nicht nur Amazon und E-Books, die dem High-Street-Buchhändler das Leben schwer machen. Die Liste ist lang, egal ob Mieten oder Gewerbesteuern, die nur den Weg nach oben kennen. Nicht zu vergessen die Banken, die seit der Finanzkrise Firmenkredite nur noch unter verschärften Bedingungen bewilligen. Als wir Jaffé & Neale 2006 eröffnet haben, mussten wir zwar auch dreimal bei unserer Hausbank antreten, bevor die Finanzierung in trockenen Tüchern war, heute bräuchten wir es gar nicht erst zu versuchen. Jaffé & Neale ist eine kerngesunde, florierende Buchhandlung, aber ich bezweifle, dass die Bank Erweiterungspläne abnicken würde, so wir denn welche hätten. Das Konzept und der Businessplan können noch so gut sein, aber Buchhandlungen haben keine Lobby und gelten nicht als investitionswürdige Unternehmungen, zumindest nicht in Großbritannien.
Sie haben außerdem bei den Verlagen nachdrücklich ein neues Konditionenmodell für unabhängige Buchhändler eingefordert. Wo drückt der Schuh?
Das lange Jahre bewährte Modell ist durch den Strukturwandel in der Buchbranche außer Kontrolle geraten. Richtwerte, mit denen früher alle relativ gut leben konnten, sind obsolet. Es kann nicht sein, dass Amazon und die Supermärkte 60% und mehr Rabatt erhalten und wir mit bestenfalls 45% abgespeist werden, wenn wir direkt bei den Verlagen ordern. Ich kenne Buchhändler, die Bücher bei Amazon oder im Supermarkt billig kaufen und dann ins Regal stellen, weil es für sie günstiger ist. Die Beweggründe dafür kann ich nachvollziehen, aber das ist der falsche Weg. Wenn es sich große Händler leisten können, mit freundlicher Unterstützung der Verlage einen Bestseller 60% unter dem empfohlenen Ladenpreis anzubieten, ist das für mich Marktverzerrung und eklatant ungleicher Wettbewerb, dem niemand Vorschub leisten sollte.
Das vollständige Interview lesen Sie im buchreport.magazin 12/2013 (hier zu bestellen).
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