Jochen Wegner (© Vera Tammen)
Der Innovationsdruck und das Innovationstempo sind in der Verlagsbranche in den vergangenen Jahren gestiegen. Der 2. Trendtag Publishing der Medienakademie widmet sich den Entwicklungen und Marktanforderungen der kommenden Jahre. Zu den Referenten gehört Jochen Wegner, Chefredakteur bei Zeit Online, der vorab im Interview den eigenen Puls der Innovationen misst.
Wegners Vortrag heißt „Die Zukunft ist längst da: Erfolgsprinzipien im Digital Business“. Hier gibt es weitere Informationen zur Konferenz.
Der Geschäftsführer eines Wettbewerbers hat kürzlich – mit Blick auf andere digitale Entwicklungen – eingeräumt: „Wir sind nicht mehr die Innovativsten, wir sind zum Dickschiff geworden“. Wie schätzen Sie Ihre Position im Rennen um Innovationen in der Medienbranche ein? Wie leicht und flott sind Sie unterwegs?
Wir können tanzen. ZEIT ONLINE setzt immer wieder Trends und wir fühlen uns geehrt, wenn andere sich dadurch inspirieren lassen. Entscheidend dafür ist nicht nur die Kreativität der Redaktion und der Technik, sondern auch die spielerische Zusammenarbeit im Alltag. Wir arbeiten nicht mehr mit Ein-Jahres-Plänen, Pflichten- und Lastenheften. Wir haben unsere Entwicklung in den vergangenen eineinhalb Jahren auf agile Prozesse umgestellt und können in Zwei-Wochen-Rhythmen auf aktuelle Entwicklungen reagieren. Wenn wir ein neues Produkt, ein neues Feature spannend finden, lässt sich das schnell umsetzen, live testen, optimieren.
Rennen die Presseverlage Entwicklungen hinterher, die woanders ausgelöst werden – man denke an Buzzfeed?
Das kommt auf die Strategie des jeweiligen Verlags an. Wir konzentrieren uns darauf, junge, gebildete, mobile Leser anzusprechen und mit ihnen zu wachsen. Das harmoniert mit unserer Marke und funktioniert ausgesprochen gut. Buzzfeed oder die Huffington Post dürften eher für Sites wie bild.de eine Konkurrenz sein. Doch auch wir fühlen uns durch radikale Angebote wie etwa Upworthy zu Neuem inspiriert. Wir können viel von ihnen lernen.
Die größte wirtschaftliche Bedrohung für Medienverlage scheint der Mobil-Trend zu sein – der noch nicht angemessen monetarisiert werden kann. Was lassen Sie sich einfallen?
Das ist tatsächlich ein spannendes Thema. Wenn unsere mobile Reichweite weiter so wächst, werden im kommenden Jahr mehr als die Hälfte unserer Leser mit ihrem Smartphone bei uns sein. Im Rahmen unseres aktuellen Relaunchs konzentrieren wir uns darauf, dieser stark wachsenden Gruppe neue Formate anbieten zu können, die besonders gut auf mobilen Geräten funktionieren. Und unser gesamtes Design wird responsiv, passt sich also beliebigen Geräten stets perfekt an, wie wir es beim ZEITMagazin Online schon umgesetzt haben. Parallel arbeiten wir gemeinsam mit unserem Vermarkter an neuen Möglichkeiten der Monetarisierung mobiler Inhalte.
Was sind die größten Fehler von Medien im Digital Business?
Es ist wichtig, zu spielen, viel auszuprobieren und zu testen. Manche fundamentalen, für uns sehr relevanten Entwicklungen im Netz geschehen innerhalb von Monaten. Wer seine Arbeitshypothesen nicht immer wieder hinterfragt, kann sehr schnell ins Hintertreffen geraten.
Auch die Zeit setzt verstärkt auf die Zweitverwertung von Inhalten im E-Book-Format. Was können Sie besser als herkömmliche Buchverlage?
Journalismus.
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