In der kommenden Woche, dann etwa eine Woche nach den Anschlägen auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“, erscheint Michel Houellebecqs Roman „Unterwerfung“ in Deutschland (16. Januar, Dumont). Der Roman ist schon jetzt, auf Basis der Vorbestellungen, ein Bestseller. buchreport.de zeigt, wie der Roman bislang von deutschen Medien rezipiert wurde. Eine Auswahl.
Jürg Altwegg erklärt für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, dass Houellebecq mit seinem „Islamisierungs-Horrorwerk“ eine Falle gestellt hätte, in die nun alle hineintreten würden. Linken Kritikern unterstellt er, Houellebecqs Ironie nicht zu verstehen. Der Roman sei „eine Farce des Antifaschismus“, kein neuer Gipfel der Geschmacklosigkeit oder Wegbereiter rechter Ideologien. „Es ist ein phänomenales, genaues Porträt der französischen Gesellschaft, vor allem ihrer Medien und der politischen Klasse, deren Personal unfreiwillig und ungefragt in Nebenrollen auftritt, wobei der Autor vor herrlichen Überzeichnungen nicht zurückschreckt.“
Stefan Simons geht für SPIEGEL Online der Frage nach, ob „Unterwerfung“ ein „kreativer Tabubruch – oder einfach nur rassistisch“ sei. Eine klare Antwort bleibt jedoch aus. Stattdessen bezieht sich Simons auf Aussagen Houellebecqs, demnach sei „die Phobie vor dem Islam (…) keine Art des Rassismus“. Seine „Politfabel sei ein Spiel mit Ängsten. Man wisse dabei nicht, wovor man Angst habe, vor den Rechtsextremen oder den Muslimen.“ Sebastian Hammelehle betont im selben Portal die „gespenstische Aktualität“ von Houellebecqs Werk.
Gero von Randow sieht in dem Roman „Heuchelei und Opportunismus vor Augen“ geführt. Der Zeit-Online–Rezensent greift dem Vorwurf der „antimuslimischen Hetz“ vor, in dem er klarstellt: „Soumission indessen ist nicht antimuslimisch, vielmehr malt Houellebecq uns eine fiktive Anwendung des Islamismus auf Europa aus, die dessen reaktionären Gehalt deutlich hervortreten lässt.“
In der „Neuen Zürcher Zeitung“ betont Jürgen Ritte, dass „Unterwerfung“ kein politisches Programm, sondern Literatur sei. Ritte sieht Houellebecq als genauen Beobachter der französischen Gesellschaft, als „Seismograph seiner Epoche“ und nicht als rechtsextremen Scharfmacher.
Gregor Dotzauer erkennt für den „Tagesspiegel“, dass der Roman „nicht im geringsten von der Paranoia islamfeindlicher Wutbürger, sondern von der klarsichtigen Abscheu vor einem ökonomisch, politisch und spirituell erschöpften gegenwärtigen Frankreich“ lebe. Dotzauer muss jedoch auch feststellen, dass „die Wirklichkeit des 7. Januar 2015 (Tag des Attentats auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“, Anm. d. Red.) die Weissagungen des Magiers Houellebecq (…) nun auf entsetzliche Weise überholt“ hat.
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