In den Weiten des Internet finden sich zahlreiche kulinarische Blogs. Die inhaltliche Bandbreite, die sich in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat, ist enorm groß – ebenso wie das wachsende Interesse der Kochbuchverlage, die in den ambitionierten Hobbyköchen und -bäckern potenzielle Partner sehen.
buchreport hat bei den Verlagen anlässlich des Erscheinens der aktuellen buchreport.spezial-Ausgabe „Essen & Genießen“ (hier zu bestellen) nachgefragt: Welchen Stellenwert haben Food-Blogger mittlerweile als Autoren und Multiplikatoren? Die Antworten:
- Andreas Hagenkord (Callwey, Presse): Blogger werden bei Callwey schon seit mehreren Jahren sehr ernst genommen – wir pflegen und betreuen mittlerweile mehrere Hundert! Sie genießen einen hohen Stellenwert, wir schätzen den Austausch (wie auch mit Kollegen von den herkömmlichen Print-Titeln). So ist es kein Zufall, dass wir im Herbst 2012 das erste Buch mit einer Food-Bloggerin (Fräulein Klein) herausgebracht haben; mittlerweile sind es schon drei, das vierte ist in Vorbereitung fürs Frühjahr 2016. Und nun also das Buch von Hannah Schmitz mit ihrem Blog „Hannas Küche – Iss Dich glücklich“. Jenseits des Food-Bereichs arbeiten wir gerade auch beim Wohnen/Lifestyle mit den reichweitenstärksten, namhaftesten Bloggern zusammen (z.B. Becker, Luxat, Nieswandt); zudem haben wir den Award Best of Interior Blogs ins Leben gerufen, der am 11. September erstmals verliehen wird.
- Veronika Peschke (ZS Verlag, Presse): Wir sehen in unserem Herbstprogramm durchaus einen Trend zu Bloggern als Autoren: Veronika Pachala erscheint mit „Gesund kochen ist Liebe“ bei uns im ZS Verlag. Sie bloggt sehr erfolgreich und gewann letztes Jahr den Burda Food Blog Award in der Kategorie bestes Rezept. Sie verbindet den Blogger-Trend ideal mit dem Trend zu gesunder Küche mit höchstem Genuss.
- Philipp Jongen (Styria, Vertriebsleitung): Als erster österreichischer Verlag haben wir das kreative Potenzial von Food-Bloggern erkannt und mittlerweile den vierten Titel am Markt. „Geheime Schnatterei auf Reisen“, „Because you are hungry“, „Rock the kitchen“ und „Put a lot of love in it“ – eine junge und moderne Reihe, die durch leicht nachkochbare Rezepte und farbenfrohe Bilder besticht.
- Sabine Melchert (BuchVerlag für die Frau, Programmleitung): Wir haben bereits einige Food-Blogger unter Vertrag und schätzen die Zusammenarbeit sehr. Die Autoren selbst sind ein prima Multiplikator für den Vertrieb, aber auch inhaltlich machen diese Kooperationen Spaß, da die Blogger oft bereits im Schreiben und in der Vermittlung von Rezepten geübt sind; auch sind die Rezepte mehrmals erprobt und für gut befunden worden.
- Birthe Döring (Knesebeck, Leitung Marketing und Vertrieb): Wir haben mittlerweile einige, sehr erfolgreiche Lizenzausgaben von internationalen Bloggern in unserem Programm, wie zum Beispiel die beiden „Grüne Küche“-Bände der „Green Kitchen Stories“ oder „Ein Fest im Grünen“ von Erin Gleeson. Diese Bücher überzeugen durch Qualität, sehr gute Food-Fotografie und die Authentizität ihrer Autoren. Darauf wollen wir auch weiterhin setzen und werden sorgsam auswählen, welche Titel hier in Frage kommen, sei es als Lizenzausgaben oder bei der Verwirklichung von Büchern deutscher Autoren.
- Jessica Knapmeier (Dr. Oetker, Vertrieb Key Account/Digitale Projekte): Food-Blogs und deren „Autoren“ entwickeln sich zu einem immer wichtigeren Partner für Verlage. Sie haben oftmals sehr großes Geschick in der Rezeptentwicklung und der Fotografie – und das garniert mit ansprechenden Geschichten mitten aus dem Leben, die viele Leser interessieren. Der Dr. Oetker Verlag arbeitet daher seit Langem mit Bloggern zusammen. Wir schätzen die motivierten und kreativen Blogger sehr. Im September erscheint unser erstes Backbuch zum Thema Backtrends, welches in Zusammenarbeit mit der Bloggerin Miss Blueberry Muffin entsteht. Im Oktober findet dann unser erster Bloggerworkshop statt.
- Urs Hunziker/Michael Günther (AT Verlag, Geschäftsführung/Verlagsleitung): Food-Blogger werden immer wichtiger. Am Anfang haben sie sich darauf beschränkt, über das Medium Internet zu wirken, jetzt wollen viele von ihnen auch Bücher machen. Das passt gut zusammen: hier das Hippe = elektronische Medien und dort die Oldschool = Gedrucktes auf Papier. Bei uns gibt es einige Kochbuch-Autorinnen, die zuerst erfolgreiche Bloggerinnen waren: zum Beispiel Tess Masters („Das Mixer-Kochbuch“) und Linda Lomelino („Torten“, „Lomelinos Eis“, „Lomelinos backen“).
- Udo Zimmermann (Christian, Vertriebsleitung): Food-Blogger haben in der Tat Auswirkungen auf die Verbreitung und Verkäuflichkeit von Themen und einzelnen Titeln. Als Meinungsbildner können sie ihre Fan-Gemeinde schnell und effektiv informieren und damit Trends setzen, bzw. Trends verstärken. Auch wir wurden von der Größe und Nachfrage der Paleo-Gemeinde, die von unserem Bestseller-Autor Nico Richter in seinem Blog „Paleo360“ angesprochen wurde, überrascht.
- Dagmar Becker-Göthel (Hölker, Programmleitung): Mit Jeanny von „Zucker, Zimt und Liebe“, Lisa von „Liz & Jewels“, Susann und Yannic von „Krautkopf“ und nicht zuletzt Stevan Paul, der den Food-Blog „NutriCulinary“ betreibt, haben wir Blogger im Programm, die es in den letzten Jahren geschafft haben, User mit ihren Beiträgen zu begeistern. Auch wir waren und sind begeistert und haben daher Gespräche mit ihnen geführt. Dabei schauen wir schon sehr genau, wer das Potenzial für ein erfolgreiches Buch hat, das zu uns passt. Nicht jeder Foodblogger ist auch ein Autor. Wichtig ist, dass Blog und Blogger authentisch sind – und man diese Authentizität auf das Buch übertragen kann. Nur so können sich Buch und Blog gegenseitig befruchten.
- Eva Eckstein (Kosmos, Redaktion Essen & Trinken): Es gibt eine riesige Zahl von Food-Blogs von sehr unterschiedlicher Qualität. Der Vorteil der Blogger liegt sicherlich darin, dass gute Blogs für leidenschaftlichen kulinarischen Genuss und für Authentizität stehen. Der Blogger genießt das Vertrauen seiner Leser und wird als Experte gesehen, mit dem man sich austauschen kann. Der Community-Gedanke spielt beim Kochen eine große Rolle. Darüber hinaus sind sie natürlich wichtige Multiplikatoren. Damit ein Blogger als Kochbuchautor interessant wird, braucht es genau diese Authentizität – und ein schlüssiges Konzept für ein Buch. Eine reine Rezeptsammlung reicht nicht aus. Mit Franziska Schädel, die den veganen Foodblog „Wo geht’s zum Gemüseregal?“ betreibt, haben wir zum Beispiel jetzt im Herbst einen „veganen Adventskalender“ entwickelt. Auch Boris Lauser, der Autor des Frühjahrstitel „Go raw – be alive“ hat einen Blog.
- Ralf Frenzel (Tre Torri, Verleger): Die Zusammenarbeit mit Food-Bloggern ist uns nicht fremd, im Gegenteil. Gerade erst haben wir den Wein-Blogger Dirk Würtz als Autor für unseren Verlag gewinnen können. 2012 haben wir bereits mit einem der renommiertesten Food-Blogger Deutschlands, Stevan Paul, ein Buch gemacht: „Schneller Teller“, benannt nach der gleichnamigen Rubrik der Food-Zeitschrift „Effilee“. Entscheidend ist aber auch hier das Zusammentreffen des richtigen Themas und des richtigen Autors.
- Matthias Reimann (Thorbecke, Leitung Direktmarketing Verlagsgruppe Patmos): Der pointierten Überschrift des „NZZ“-Beitrags „Food-Blogs sind die neuen Kochbücher“ aus dem Juli 2015 kann ich so natürlich nicht zustimmen. Gleichwohl sind Food-Blogs ein sehr lebendiges und junges Forum, wo Trends und Innovationen unmittelbar aufgenommen und extrem schnell verbreitet werden. Im Gegensatz zum Buch sind Blogs interaktiv und erhalten dadurch eine persönliche Komponente. Blogs sind also im Idealfall sehr trendy, abwechslungsreich und unterhaltsam und erreichen oft sehr schnell eine große Fangemeinde – gute Gründe, weshalb Blogs für Verlage interessante Kooperationspartner darstellen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass auf dem entsprechenden Blog viel und vor allem regelmäßig gepostet wird – der Knackpunkt bei vielen Blogs: Passiert auf ihnen nämlich nicht (mehr) viel, sind sie ganz schnell out und damit vergessen. Das Medium ist also sehr schnelllebig und flüchtig. Dennoch: Blogs und Bücher können eine sehr sinnvolle Symbiose eingehen, wie wir selbst an verschiedenen Buchprojekten mit Bloggern als Autoren feststellen konnten, zuletzt mit dem Band „Mias süße Kleinigkeiten“ von der Autorin Mirja Hoechst – die als Mia den quirligen Blog „Kuechenchaotin“ führt. Die Verlage gewinnen mit Bloggern oft sehr interessante und kompetente Autoren und profitieren von einem nicht unbeträchtlichen Multiplikatoren-Effekt des entsprechenden Blogs, der im Idealfall auch bestens mit anderen Social-Media-Foren vernetzt ist. Der Blogger seinerseits profitiert von einem weiteren Medium, in dem er seine vielfach bereits vorhandenen Inhalte verbreiten kann, außerdem von dem bestehenden Marketing-, Vertriebs- und Presseapparat des Verlags, der sein Buch promotet und verbreitet – und damit wiederum seinen Blog ins Gespräch bringt. Und schließlich: Welcher Blogger verweist in seinem Blog nicht gerne auf sein erstes, zweites oder drittes eigenes Buch, das man nun endlich auch verschenken kann …
- Claudia Uhr (Gräfe und Unzer, Leitung Presse, PR & Social Media): Wir halten sowohl auf Programm- als auch auf Kommunikationsseite sehr engen Kontakt zu diversen Food-Bloggern, stehen in regelmäßigem Austausch und haben einige renommierte Autoren aus der Bloggerszene im Programm, z.B. Nicole Stich, Nicole Just oder Stevan Paul. Wir laden Blogger zum Austausch in den Verlag ein, oder als Gastschreiber auf unseren eigenen Blog „Messerspitzen“ und arbeiten selbstverständlich auch mit Bloggern als Rezensenten zusammen.
- Isabell Gemende (Freya, Presse): Im Rahmen unserer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit setzen wir schon seit Jahren verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Bloggern – sowohl im Food-Bereich als auch im Rahmen unserer weiteren Schwerpunkte. Sie werden als gleichberechtige Medienpartner gesehen, mit denen oftmals ein sehr enger persönlicher Kontakt entsteht. Die zunehmende Kommerzialisierung der Kooperationen ist im Food-Bereich aber derzeit noch kein Thema. Wie bei unseren Medienpartnern stammen auch viele unserer Autoren aus dem Bereich der Online-Akteure – mit zunehmender Tendenz.
- Julia und Simone Graff (Hädecke, Verlagsleitung): Food-Blogger spielen als Multiplikatoren oder auch Informationsquellen eine wichtige Rolle. Als Autoren müssen sie – ebenso wie alle anderen auch – ein gutes Thema und eine hohe Qualität mitbringen. Mit „Foodblogs – Kulinarische Momentaufnahmen“ hatten wir als einer der ersten Verlage auch ein solches Thema im Programm. Im Bereich Marketing versuchen wir den engen Kontakt zur Szene zu pflegen, vernetzen uns gut auf digitalen Wegen und nehmen z.B. auch an Foodbloggercamps teil. Dies hat unserem Standing und der Wahrnehmung unserer Marke sicher geholfen.
- Christine Birnbaum (Heel, Food-Lektorat): Food-Blogs spielen eine immer größere Rolle im Rezensionswesen, weil zum einen der Informationsaustausch im Web immer wichtiger und dichter wird und auf der anderen Seite herkömmliche Besprechungsorgane schrumpfen. Unser Verlag spielt in diesen Blogs zunehmend eine größere Rolle entsprechend dem Wachstum, das wir im Kochbuchbereich seit Jahren verzeichnen. Im Grill- und BBQ-Segment kommt kein Blog an uns vorbei.
- Janne Lemke (Mosaik, Presse): Neben Besprechnungen in Print- und Onlinemedien spielen Food-Blogs eine große Rolle in der Pressearbeit für Kochbücher. Das gilt vor allem für Autoren, die selbst sehr aktiv im Bereich Social Media und Blogs sind und deren Themen von Bloggern sehr gemocht werden. Viele Foodblog-Besprechungen hatten wir im Frühjahr und anhaltend zum Beispiel für „Cookies“ von Cynthia Barcomi, die sich mit ihren Fans auch über ihren eigenen Blog austauscht. Food-Blogger werden von uns über das Blogger-Portal der Verlagsgruppe Random House umfassend zu Kochbüchern informiert. Gleichzeitig speisen sich immer mehr Bücher aus Food-Blogs, siehe „A modern way to eat“ von Anna Jones.
- Stefanie Neuhart (Brandstätter, Programmleitung Kochen & Genießen): Food-Blogs haben sich in den letzten Jahren mehr und mehr etabliert und sind ein wichtiger Bestandteil unserer Pressearbeit. Natürlich gibt es neben einflussreichen Food-Blogs zunehmend kleine Liebhaberprojekte, doch diesen Trend sehen wir positiv, da er das Bewusstsein für Kochen & Genießen im Alltag stärkt.
- Birgit Carlsen (Trias, Marketingleitung): Für uns haben Multiplikatoren immer einen hohen Stellenwert, und es ist spannend zu sehen, welch lebendige Szene sich da inzwischen im Netz entwickelt hat. An Food-Bloggern fasziniert, wie leidenschaftlich und unverkrampft sie ihr Herzensthema – sei es vegane Küche, Low Carb, einfach lecker Essen etc. – mit ihren Followern teilen. Als Multiplikatoren sind sie für uns unglaublich wertvoll, wenn ihre Meinung in der Szene Gewicht hat. Deshalb sprechen wir sie auch gezielt an, bieten ihnen Lese- und Verlosungsexemplare an, verabreden Aktionen mit ihnen und binden sie in unsere Arbeit mit ein. Auch als Autoren schätzen wir sie sehr, denn sie bringen oft neue Denkweisen mit und geben einem Thema einen ganz persönlichen Touch. Von uns lernen sie im Gegenzug das „old school business“ namens Print. Die Zusammenarbeit sorgt für Erhellung und Begeisterung auf beiden Seiten. Jetzt gerade ist bei Trias zum Beispiel das Buch „Low Carb für die Seele“ von Jasmin Mengele erschienen, die regelmäßig in ihrem Blog „Soulfood Low Caberia“ schreibt und das erste Low-Carb-Café Deutschlands betreibt.
- Katharina Eichler (Edition Michael Fischer, Presse): Food-Blogs sind für uns ein sehr wichtiger Faktor bei der Vermarktung unserer Bücher – vor allem, da viele unserer Kochbuchautoren selbst Food-Blogger sind, wie beispielsweise der „Backbube“ Markus Hummel. Durch die gute Vernetzung untereinander promoten die Food-Blogger-Autoren zum einen ihr eigenes Buch perfekt in der relevanten Zielgruppe, zum anderen vermitteln sie durch ihre positiven Erfahrungen mit uns als Verlag neue interessierte Autoren. Auch Food-Blogger, die (noch) keine Autoren bei uns sind, sind für uns wichtige Multiplikatoren, um unsere hochwertigen Kochbücher einer neuen Zielgruppe nahe zu bringen.
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