Was ist in der Verlagswelt besonders innovativ? Beim Publishers‘ Forum (28., 29. April 2016 in Berlin) bewertet Jörg Rheinboldt (Foto: Springer) und sein Team von Axel Springer Plug and Play Accelerator neue Ideen. Vorab zieht Rheinboldt eine Bilanz zum Startup-Standort Deutschland und zum Stellenwert der Medienszene.
Deutschland und die Startup-Szene – wie viele Kilometer liegen wirklich zwischen der Spree und dem Silicon Valley?
Meinem Eindruck nach sind die Szenen durchaus unterschiedlich und haben doch viele Ähnlichkeiten. Was das Silicon Valley ausmacht ist die technische Tiefe und die Größe des Ökosystems. Dort sind viele Top-Universitäten, sehr viele Firmen mit vielen exzellenten Mitarbeitern, und eine sehr interessante Arbeitskultur. Außerdem sind die größten Venture-Capital Firmen dort, und alle zusammen haben eine lange Geschichte mit vielen großen Erfolgen. Bei uns in Berlin ist das alles etwas jünger aber entwickelt sich meinem Eindruck nach sehr gut. Bei Axel Springer Plug and Play stellen wir fest, dass wir immer mehr Bewerbungen aus ganz Europa und weltweit bekommen, da Berlin inzwischen international als sehr guter Ort wahrgenommen wird, seine Firma zu starten bzw. in der Startup-Welt zu arbeiten.
Es gibt wenige Vorzeige-Firmen der New Economy hierzulande, Zalando mal ausgenommen. Woran liegt’s?
Da möchte ich ein wenig widersprechen: Soundcloud, Delivery Hero, Number26, … Sind Firmen, die ihre Wurzeln bei uns haben. Aber eins stimmt auch: Heute gibt es in Deutschland Venture Capital, das Firmen auch langfristig finanzieren kann, und das führt dazu, dass die erfolgreichen Firmen nicht sofort gekauft werden, sobald sie international erfolgreich werden. Ich hoffe wir sehen noch viele erfolgreiche europäische Startups, die an die Börse gehen.
Wie lautet Ihre Bilanz nach über zweieinhalb Jahren Axel Springer Plug & Play? In wie vielen Firmen hat der Accelerator bisher investiert, wie hoch ist die Quote der Anschlussfinanzierung?
Wir freuen uns, dass wir in in 8 Programmen in 70 Firmen investieren könnten. Unser nächstes Programm startet Ende April, dann kommen noch einmal ein paar dazu. Mehr als die Hälfte der Firmen hat es bisher geschafft, eine Anschlussfinanzierung zu bekommen.
Wie schätzen Sie das Angebot an Startups aus der Medienszene ein? Kommt da viel nach?
Für uns besteht die mediennahen Wertschöpfung aus Content, Werbung und Kleinanzeigen / Marktplätzen. Startups, die sich mit Werbetechnologie oder Marktplätzen beschäftigen gibt es viele und sehr gute. Startups, die Content-basierte Geschäftsmodelle haben, die attraktiv für Venture Capital Firmen sind, gibt es leider in Europa nicht so viele. In den USA können wir da einfacher investieren. Ich hoffe, bei uns entstehen auch mehr solche Startups und wir können sie von uns als wertvollem Gesellschafter überzeugen.
Was finden Sie in der Medienszene besonders interessant?
Medien sind von Natur aus sehr digitalnah. Die gesamte Wertschöpfungskette bietet viele Möglichkeiten digitale Formate und Geschäftsmodelle umzusetzen. Das kombiniert mit sozialen Netzwerken und der fortschreitenden Vernetzung aller Lebens- und Arbeitsbereiche bietet viele Chancen.
Und die Buchbranche, sehen Sie da Potenzial?
Ich glaube, dass es noch viele Möglichkeiten gibt, Inhalte in Büchern digital erlebbar zu machen. Mit einem Freund, der sehr schöne Bücher macht, spreche ich oft darüber, dass man Bücher digital „verlängern“ kann, also weitere Inhalte anbieten oder neue Geschäftsmodelle wie zum Beispiel E-Commerce mit dem Buch verbinden kann. Ich bin fest davon überzeugt, dass man das „ehrenhaft“, geschmackvoll und erfolgreich machen kann.
Wenn Sie privat 1 Mio Euro in ein deutsches Startup investieren sollten, wo würden Sie das Geld anlegen?
Die Investments, die wir mit Axel Springer Plug and Play machen, würde ich auch privat machen. Dort sind wir Lead Investor bis zur nächsten Investmentrunde. Privat würde ich manchmal ganz gerne mitinvestieren.
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