In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es: „Elektronische Bücher, die nicht als verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen sind, wie beispielsweise von den Autoren selbst unter Nutzung spezialisierter Plattformen veröffentlichte elektronische Bücher, fallen nicht unter die Preisbindung.“ Außerdem müssten der Preisbindung unterliegende Bücher zum dauerhaften Zugriff angeboten werden – für Flatrate-, Miet- und Abo-Modelle würde die Preisbindung demnach nicht gelten.
Gerd Robertz (Foto: BOD – Books on Demand), Sprecher der Geschäftsführung des Selfpublishing-Dienstleisters Books on Demand (BoD) äußerte sich auf Anfrage von buchreport abwartend: Die aktuelle Fassung des Gesetzestextes ließe zunächst viele Fragen offen. „Eindeutig ist allerdings, dass wir Selfpublishing-Titel klar als buchhandelstypisch ansehen. Wir unterstützen eine Gleichbehandlung von Autoren unabhängig davon, über welchen Weg sie ihre Bücher veröffentlichen. Sollten E-Books von Autoren im Selfpublishing tatsächlich von der Buchpreisbindung ausgenommen werden, käme dies einer künstlichen Trennung von digitalen Inhalten gleich, die aus Sicht des Lesers nicht nachvollziehbar wäre, dem Schutz des Kulturguts Buch zuwider liefe und Autoren benachteiligen würde. Im Sinne unserer Autoren ist es essentiell, dass sie die Preishoheit über ihr Werk behalten. Sie allein sollten gewährleisten können, wo ihr E-Book zu welchem Preis angeboten wird.“
Auch Florian Geuppert, CEO Digital Content Group bei Holtzbrinck, u.a. verantwortlich für die Self-Publishing-Dienstleister epubli und neobooks, sieht zunächst viele Fragen offen. Die unterschiedliche Behandlung nach dem Veröffentlichungsweg sei nicht nachvollziehbar. „Die Realität ist doch, dass Autoren zunehmend beide Wege für unterschiedliche Werke wählen. Bei diesen sog. Hybrid-Autoren zeigt sich klar, dass eine Ungleichbehandlung wenig sinnvoll erscheint. Darüber hinaus: Eine Hauptmotivation für Self-Publishing liegt ja gerade darin, volle Freiheit und Kontrolle über sein Werk zu haben bzw. zu behalten. Das beinhaltet nicht nur die inhaltliche Gestaltung, sondern vor allem auch die Preissetzung als maßgeblichen Hebel der Vermarktung. Sollte das Gesetz in dieser Form in Kraft treten, tauscht der Autor eine vordergründig höhere Flexibilität gegen die Kontrolle, wann und zu welchem Preis er sein Buch verkaufen möchte. Dies kann nicht zum Vorteil des Autors sein.“
Entscheidend kritischer sieht Sönke Schulz (Foto: DANIELFORTMANN·COM), Geschäftsführer von tredition, den Gesetzesentwurf und stellt das Buchpreisbindungsgesetz gänzlich in Frage: „Das Buchpreisbindungsgesetz hat eigentlich die Aufgabe, eine große Buchvielfalt und flächendeckende Versorgung durch kleinere Buchhandlungen zu gewährleisten. Das Gesetz ist in tiefer Eingriff in die freie Marktwirtschaft. Umsatzchancen, von denen alle Marktteilnehmer profitieren könnten, werden stark beschnitten, weil Buchhändler durch die Buchpreisbindung in ihren Marketing- und Kundenbindungsaktivitäten stark eingeschränkt sind – weitere Filialschließungen werden die Folge sein. Die Buchpreisbindung ist daher, ob es sich um Verlags- oder Selfpublishing-Titel handelt, ein überdenkenswertes Modell.“
Besonders im Segment der E-Books zeige sich die Unzeitgemäßheit deutlich: „Beim Verkauf von E-Books teilen sich drei große US-Konzerne den Markt auf: Amazon, Apple und Google machen zusammen über 75% des deutschen E-Book-Marktes aus. Kleinere Buchhandlungen spielen hier keine Rolle. Also darf ein Gesetz zum Schutz kleinerer Buchhändler hier überhaupt nicht angewendet werden. Warum nun auch Titel, die von Autoren selbst verlegt wurden, davon nicht berührt sind, entzieht sich jeder Logik. Selfpublisher veröffentlichen ein E-Book auf dieselbe Art und Weise wie Verlage und verkaufen es über dieselben Plattformen. Diese Gesetzesänderung stimmt mich aber zuversichtlich, dass es bald das Ende der Buchpreisbindung bedeuten kann. Gesetze, deren Formulierung der Ausnahmefälle länger ist, als das Gesetz selber, sind meistens bald gelöscht. Dennoch scheint es derzeit leider noch einfacher, althergebrachte Modelle mit ideelem Mehrwert, wie die ‚Wahrung des Kulturgutes Buch‘, hochzuhalten, als konkret der Stagnation im Buchmarkt entgegenzuwirken.“
Bravo, Herr Schulz von tredition, ich bin auch schon seit 25 Jahren der Ansicht, dass die Buchpreisbindung komplett fallen sollte! Es ist ein Eingriff in die freie Marktwirtschaft und begrenzt die Fähigkeiten zu Marketingaktionen der Händler. Buchmarketing ist notorisch langweilig, kann nie Rabatte oder interessante Zusatzvorteile bieten und fällt damit weit hinter die sonst übliche Konsumwerbung zurück – Endeffekt: Bücher erhalten weniger Aufmerksamkeit als andere Produktkategorien. Das Preisbindungsgesetz soll ja angeblich die „kleinen“ Buchhandlungen „schützen“, doch sterben sie nach wie vor in Deutschland. Das liegt v.a. an schlechter Unternehmensführung, die durch ein Preisb.gesetz nicht ausgeglichen werden kann.
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