Was bedeutet eigentlich gute Führung? Über welche Chefmanieren stöhnt die gesamte Belegschaft und wie können sie vermieden werden? Im HR-Channel von buchreport.de analysiert Organisationsentwickler Thomas G. Kistner die größten Fehler der Führungskräfte.
Wer kennt nicht den Spruch von den Menschen im Mittelpunkt. Doch die Realität sieht oft ganz anders aus. Die Rede ist von Macho-Chefs, Rüpeln, Cholerikern und Narzissten in den Chefetagen.
Auch von der sogenannten Eigenschaftstheorie, der „Great Man Theory“, haben Sie vielleicht schon mal gehört. Gerade die Kantigen seien erfolgreich, weil charismatisch. Insgesamt wird der Ansatz, nicht zuletzt aufgrund seiner einseitigen Betrachtungsweise, jedoch stark kritisiert und als überholt betrachtet, denn heute haben die Macho-Chefs ausgedient.
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Schauen wir mal genau hin. Wo hakt es bei den Chefs, über die die gesamte Belegschaft stöhnt? Die Angst und Schrecken verbreiten. Die mit ihrem Verhalten dafür sorgen, dass Enthusiasmus, Inspiration, Engagement und Fairness auf der Strecke bleiben. Das Klima in ihren Unternehmen von Misstrauen, Angst und Unlust prägen, die Innovation und Kreativität im Keim ersticken – schlecht für den Output. Es lohnt es sich also, sich mit den Themen Inspiration und Motivation auseinanderzusetzen.
Allein schon wegen des zunehmenden Konkurrenzkampfs um die klugen Köpfe können es sich Unternehmen kaum noch leisten, ihre Mitarbeiter schlecht zu behandeln.
Im Programm „Leadership 2020“ des Autokonzerns Daimler soll zum Beispiel den Mitarbeitern mehr Spielraum verschafft und altes Hierarchiedenken aufgebrochen werden. Dazu gehören Vertrauen, Teamfähigkeit und dass Führungskräfte loslassen lernen. Die waren es laut Daimler-Chef Dieter Zetsche bisher mehr gewohnt, zu diktieren.
Weil eine falsche Führungskultur für jedes Unternehmen zur Last werden kann, müssen sich alle wandeln, und das in immer kürzeren Abständen. Führungskräfte, die Brücken bauen, die integrieren und zur Zusammenarbeit anhalten, sind gefragt.
Auf Mitarbeiter wirken Macho-Chefs nicht nur demotivierend. Forscher der Universität Manchester fanden in einer Umfrage unter 1.200 Arbeitnehmern heraus: Vorgesetzte mit narzisstischen und soziopathischen Tendenzen machen ihre Mitarbeiter krank. Hoher Blutdruck, Herzprobleme und Schlafstörungen bis hin zu Depressionen sind die Folge.
Wenn Sie also Ihre Mitarbeiter nicht demotivieren und verlieren möchten, dann sollten Sie unbedingt diese „Killer“ vermeiden:
Keine Entscheidungen treffen
Ja, Entscheidungen sollte man gut abwägen. Deswegen aber so lange zu warten bis man glaubt auch die letzte Information zu haben, ist meistens falsch. Akzeptieren Sie, dass Sie als Führungskraft Entscheidungen selbst dann treffen müssen, wenn Sie aufgrund fehlender Informationen nicht die gesamte Sachlage überblicken können.Als Führungskraft wie auch als Unternehmer müssen Sie zügig und eindeutig entscheiden, und Sie müssen mit dem Risiko einer Fehlentscheidung leben.
Je höher Sie in der Hierarchie sind, desto unangenehmer werden die Entscheidungen, die Sie treffen müssen. Denken Sie nur an Umstrukturierungen, Kündigungen, Werksschließungen etc. Wenn Sie Entscheidungen aus Angst oder politischem Kalkül immer wieder rauszögern, ja Ihren Mitarbeitern sogar aus dem Weg gehen und E-Mails zu dem Thema einfach nicht mehr beantworten, dann frustrieren und demotivieren Sie Ihre Mitarbeiter – und zwar besonders die, die sehr engagiert und motiviert sind. Als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe, zu entscheiden.
Um den heißen Brei reden
Viele Führungskräfte trauen sich nicht wirklich zu sagen, was Sache ist. Sie möchten sich nicht festlegen. Sie wollen sich alle Optionen offen halten. Die Unverbindlichkeit erkennt man häufig schon an der Sprache. Da werden Phrasen gedroschen und schwammige Ausdrücke verwendet wie:
- Synergieeffekte
- Fokussierende Neuausrichtung
- Proaktives Gesundschrumpfen
Diese Manager merken teilweise gar nicht mehr, dass sie nur noch nichtssagendes Geschwätz von sich geben – die Mitarbeiter merken’s wohl!
Deshalb: Reden Sie nicht um den heißen Brei herum. Als Führungskraft wollen Sie verstanden werden. Reden Sie Klartext und legen Sie sich fest. Formulieren Sie glasklare Ziele und sagen Sie genau, was Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten. Seien Sie verbindlich und verlässlich und damit auch konsequent!
Kontrollwut und Mikro-Management
Engagierte Mitarbeiter brauchen vor allem eines: Freiraum am Arbeitsplatz, wenn sie effektiv und hundertprozentig bei der Sache sein sollen. Viele Chefs leiden aber an der Vorstellung, nur sie allein wären in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Engagement der Mitarbeiter setzt allerdings voraus, dass sie eigenverantwortlich entscheiden und agieren dürfen.
Mikro-Management ist der Klassiker des demotivierenden Verhaltens von Führungskräften.
Der Mikro-Manager weist Aufgaben an und kontrolliert sie im Detail, ohne die Mitarbeiter an Entscheidungen zu beteiligen. Er gibt nicht nur das Ziel, sondern auch den Weg im Detail vor. Mikro-Manager zeigen durch ihr Verhalten, dass sie ihren Mitarbeitern wenig zutrauen. Das frustriert, demotiviert und lähmt das eigenständige Denken der Mitarbeiter.
Wollen Sie wissen, ob Sie zum Mikro-Management tendieren? Dann beantworten Sie kurz folgende Fragen:
- Müssen Sie in allen Projekten ständig den Überblick haben?
- Wollen Sie bei allen Projekten alles im Detail wissen?
- Können Sie alle Aufgaben Ihrer Mitarbeiter selbst übernehmen?
- Glauben Sie dass Sie als Führungskraft mehr wissen und können als Ihre Mitarbeiter?
Wenn Sie auch nur eine der Fragen mit ja beantworten, sollten Sie genauer analysieren, ob Sie in Ihrer täglichen Arbeit mikro-managen.
Fragen Sie Ihre Mitarbeiter, ob Sie ihnen bei ihrer Arbeit genügend Freiräume lassen. Lernen Sie zu delegieren statt nur zu kontrollieren.
Nicht zuhören
Viele Missverständnisse im täglichen Miteinander ließen sich vermeiden – wenn sich Führungskräfte die Zeit nähmen, einfach nur zuzuhören.
Die meisten Führungskräfte wollen als aktive Macher wahrgenommen werden. Aktivität gibt ihnen häufig vermeintlich ein Gefühl der Kontrolle. Zuhören hingegen wird fälschlicherweise mit Passivität und Unterwürfigkeit gleichgesetzt. Viele Führungskräfte konzentrieren sich deshalb auf das Sprechen statt auf das Zuhören. Der Chef hat schließlich das „Sagen“.
Leider hören viele Menschen nur kurz zu und bilden sich viel zu früh eine Meinung. Der Fachbegriff für sowas lautet: vorzeitige Evaluation. Viele Manager leiden unter „vorzeitiger Evaluation“. Sie beurteilen Aussagen von Mitarbeitern viel zu schnell.
Wenn Sie das tun, dann hören Sie Ihrem Mitarbeiter eigentlich nicht wirklich zu. Sie sind dann schon mit Ihren eigenen Gedanken zur Problemlösung beschäftigt und nehmen sich gar nicht die Zeit, das Problem und die Sicht Ihres Mitarbeiters wirklich zu verstehen. Missverständnisse und Fehlentscheidungen sind so leider vorprogrammiert.
Denken, Sie wären was Besseres
Führungskräfte haben wenig Zeit. Sie sind im Stress, weil sie so viel zu tun haben. Sie sind hochengagiert und hetzen von Meeting zu Meeting. Sie sind schließlich richtig wichtig. Ohne sie läuft nichts.
Deswegen glauben sie, dass sie sich Dinge herausnehmen können, die sich ihre Mitarbeiter natürlich nicht erlauben dürfen, zum Beispiel nimmt sich der Chef heraus, zu spät zu einer Besprechung zu kommen – schließlich war da ja noch das kritische Telefonat mit dem Großkunden. Auch haben solche Manager so viel zu tun, dass sie natürlich ihre E-Mails lesen müssen, während ein Mitarbeiter eine Präsentation hält – aber wehe, der Mitarbeiter liest E-Mails im Meeting, während der Chef die neue Unternehmensstrategie erläutert.
Manche Chefs sind so wichtig und haben so viel zu tun, dass sie überall versuchen, Zeit einzusparen, so auch bei den Wörtchen „danke“ und „bitte“.
Unfair sein
Fairness ist eine wichtige Basis für gute Unternehmenskultur. Manche Führungskräfte scheinen das im stressigen Tagesgeschäft zu vergessen. Sie sind so mit sich selbst und ihren Aufgaben beschäftigt, dass sie sich nicht die Zeit nehmen, sich in die Situation ihrer Mitarbeiter zu versetzen.
Ihnen ist häufig gar nicht bewusst, wie sie Ihre Mitarbeiter mit Worten oder ihrem Verhalten verletzen. So bevorzugt der Chef vielleicht einzelne Lieblingsmitarbeiter bei der Vergabe von interessanten Projekten. Oder einem Mitarbeiter passiert ein Fehler und der Chef kanzelt ihn vor der Gruppe ab. Solches Verhalten ist ungerecht und unfair – und genau so wird es auch von den Mitarbeitern wahrgenommen. Bei denen führt es zu Frust und Demotivation.
Versprechen nicht halten
Führung funktioniert nur mit Vertrauen. Vertrauen müssen Sie sich verdienen. Der einzige Weg, Vertrauen aufzubauen, besteht darin, dass Sie das, was Sie sagen, auch tun.
Wenn Sie etwas versprechen, dann machen Sie es doch auch! Nicht nur bei den großen Dingen, sondern gerade auch bei den kleinen. Wenn Sie Ihrem Mitarbeiter sagen, dass Sie ihm den Bericht heute noch per E-Mail weiterleiten – dann erhält er den Bericht heute noch und nicht erst morgen. Sie haben es schließlich versprochen.
Sie müssen klare Positionen beziehen, Sie müssen ihre Versprechen einhalten und als Führungskraft müssen Sie konsequent handeln.
Sie verlieren Ihre Glaubwürdigkeit sehr schnell, wenn Sie Erwartungen enttäuschen. Deswegen: Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können oder wollen! Vertrauen aufzubauen braucht Zeit.
Vertrauen kann man innerhalb von Sekunden verspielen!
Glauben, dass Vertrauen nur auf Zahlen basiert
Wenn in Ihrem Unternehmen etwas schief läuft, konzentrieren Sie sich nur auf Zahlen, Daten und Fakten? Sie müssen den Dingen wirklich auf den Grund gehen. Das können Sie nur, wenn Sie versuchen die dahinterliegenden Emotionen und Motivationen der Menschen zu verstehen. Dazu müssen Sie fragen und zuhören können.
Gerade bei schwierigen Mitarbeitern ist es wichtig, deren Emotionen und Motivationen zu verstehen. Warum verhält sich der Mitarbeiter so? Wie sieht er den Sachverhalt? Was ist seine Wahrnehmung?
Vermeiden Sie es, voreilige Schlüsse zu ziehen. Vermitteln Sie Wertschätzung und gewinnen Sie dadurch Vertrauen. Sie erhalten so wertvolle Informationen, können Situationen besser einschätzen und vermeiden dadurch Missverständnisse.
Glauben, dass nur andere Fehler machen
Fehler sind erlaubt – solange aus ihnen gelernt wird und genau derselbe Fehler nicht wieder geschieht. Null Fehler zu fordern ist Unsinn. Jeder Mensch macht Fehler – Sie genauso wie Ihre Mitarbeiter. Wollen Sie wirklich, dass Ihre Mitarbeiter keine Fehler machen?
Mitarbeiterförderung vernachlässigen
Die meisten Menschen wollen sich weiterentwickeln. Sie wollen wachsen und besser werden in dem, was sie tun.
Natürlich sollten Sie Ihren Mitarbeitern anbieten, Schulungen zu besuchen und sich weiter zu bilden. Wenn Sie Ihren Mitarbeitern helfen wollen, besser zu werden, dürfen Sie Ihnen keine unrealistischen Ziele setzen und Sie müssen Sie nach deren Fähigkeiten und Stärken einsetzen.
Dazu gehört Feedback. Menschen brauchen Kritik und Lob. Wer sich verbessern will, braucht ehrliches, konstruktives Feedback. Als Führungskraft sollten Sie die Arbeit Ihrer Mitarbeiter ehrlich anerkennen und ihnen konstruktives Feedback geben.
Noch ein Faktum: Ein hohes Engagement der Mitarbeiter kann die Umsatzrendite innerhalb von drei Jahren um 3,7% steigern (Global Workforce Study 2007). Wenn Sie es als Führungskraft schaffen, die Mitarbeiter rational, emotional und motivierend zu erreichen, bekommen Sie gute Ergebnisse. Mit schlechter oder gar fehlender Führungskultur aber generieren Sie kein Wachstum.
Thomas G.Kistner, Geschäftsführer und Managing Partner der Bricklog-Gruppe mit Sitz in Bonn und Apeldoorn, NL.Seit mehr als 25 Jahren erfahren in der Führung von Teams in Deutschland, Europa, später globale Verantwortung. Mit ganzer Seele Organisationsentwickler.
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