Nachhaltiger Führungserfolg hängt heute in der Regel mit einer Fähigkeit zur zugewandten Kommunikation zusammen. „Harte Hunde“ mögen als Sanierer gefragt sein, aber selbst sie brauchen ein breiteres Verhaltens-Repertoire. Im HR-Channel von buchreport.de erklärt Sandra Navidi, was es damit auf sich hat.
Warren Buffett, legendärer Investor, schreibt einen wesentlichen Teil seines Erfolges seiner Teilnahme an dem Dale-Carnegie-Kurs „Wie man Freunde gewinnt: Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden“ (deutsches Taschenbuch bei Fischer) zu, bei dem vor allem Sozialkompetenz trainiert wird. Darüber hinaus habe seine erste Frau Susan sein Bewusstsein dafür geweckt, dass sich alle Probleme, denen wir – auch im beruflichen Umfeld – begegnen, letzten Endes auf die ihnen zugrunde liegenden zwischenmenschlichen Beziehungen zurückzuführen sind.
Unerlässlich für den Aufstieg: Soft Skills
Die meisten Menschen gehen davon aus, dass Führungskräfte an der Spitze von Top-Unternehmen ihren überragenden Erfolg allein aufgrund ihrer kognitiven Intelligenz, Ausbildung und harten Arbeit erlangt haben. Viel zu wenig Beachtung erfährt hierbei häufig die Rolle, die die Sozialkompetenz, auch „soft skills“ genannt, bei ihrem Aufstieg gespielt hat. Emotionale Intelligenz (EQ), die aus der Fähigkeit besteht, sich kritisch mit sich selbst auseinanderzusetzen, sich in andere hineinzuversetzen und tiefgehende Beziehungen aufzubauen, ist jedoch eine unverzichtbare Voraussetzung für den beruflichen Aufstieg, auch wenn sie nicht unbedingt das gleiche Ansehen genießt wie eher greifbare und messbare Qualifikationen, beispielsweise ein Universitätsabschluss.
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Business beruht aber nicht nur auf Zahlen und Fakten, sondern auf dem grundlegendsten Level vor allem auf menschlichem Zusammenwirken. Zwar kann emotionale Intelligenz kognitive Intelligenz niemals ersetzen, aber IQ für sich genommen ist nur in den seltensten Fällen die alleinige Basis für Erfolg. Erfolgreiche Führungskräfte sind fast ausnahmslos mit großer sozialer Kompetenz ausgestattet, die es ihnen erlaubt, ihr Unternehmen mit Umsicht erfolgreich zu führen. Sie sind eher in der Lage, konstruktive Kritik anzunehmen, wertvolle Mitarbeiter für das Unternehmen zu gewinnen, zu binden und zu managen, sowie Teams effektiv zu leiten.
Da fast alle Führungskräfte ausgesprochen intelligent, hervorragend ausgebildet und arbeitsam sind, haben diejenigen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, die darüber hinaus über emotionale Intelligenz verfügen. Angesichts niedrigem globalen Wachstums und härterem Wettbewerbs, macht ihre Sozialkompetenz im Hinblick auf Kundengewinnung, Vertragsabschlüsse und Gewinngenerierung häufig den entscheidenden Unterschied.
Zum IQ muss der EQ hinzukommen
Emotionale Intelligenz manifestiert sich auch in ihren Kommunikationsfähigkeiten und ihrer Überzeugungskraft. Nach Ansicht des CEO von JP Morgan, Jamie Dimon, ist EQ wichtiger ist als IQ. Gerade in der Finanzwelt ist die Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen unerlässlich, weil Finanzprodukte abstrakt sind, sich ihr Erfolg erst in der Zukunft manifestiert und die meisten Finanzfirmen sehr ähnliche Produkte und Dienstleistungen anbieten, ohne das zugrunde liegende geistige Eigentum schützen lassen zu können. In einer Welt, in der die meisten Unternehmen grenzübergreifend tätig sind, über eine diverse Belegschaft verfügen und Kundschaft in verschiedenen Ländern haben, ist die Fähigkeit sich auf Feinheiten und Empfindsamkeiten im kulturübergreifenden Dialog einzustellen, unverzichtbar. Emotional intelligente Menschen haben in der Regel auch einen gut ausgeprägten Sinn für Humor, der Unterschiede in Kulturen, Status und Interessen überbrückt und hilfreich sein kann, Situationen zu entschärfen. Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass ihre Sozialkompetenz in der Regel zu einer angenehmen Atmosphäre beiträgt, was insofern wichtig ist, als dass Menschen sich meist intuitiv daran erinnern, wie sie sich in Gegenwart anderer gefühlt haben, auch wenn Ihnen andere faktische Details eher weniger präsent bleiben.
Zum intellektuellen »Content« muss Kontext hinzukommen
Eine weitere wichtige Komponente von „Superhub-Power“ ist kontextuelle Intelligenz, das heißt die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, Veränderungen zu begreifen und sich Trends frühzeitig zu Nutze zu machen. Kontextuelle Intelligenz ist eng verknüpft mit emotionaler und kognitiver Intelligenz und resultiert aus Verbindungen zu anderen Menschen. Diese Verbindungen eröffnen Zugang zu entscheidenden Informationen, was insbesondere im Zeitalter der Informationsüberflutung wichtig ist, denn relevante, zeitnahe und direkte Informationen kommen nicht aus theoretischen und abstrakten Quellen, sondern von anderen Menschen. Wie der Gründer und Vorsitzende des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, bemerkt, kann man sich kontextuelle emotionale Intelligenz nicht aus theoretischen Quellen aneignen, sondern nur durch den Umgang mit anderen Menschen.
Ein zusätzlicher Vorteil: EQ bietet in unserer Wissensökonomie relative Arbeitsplatzsicherheit. Laut einer Studie der Universität Oxford haben Jobs, die große Sozialkompetenz erfordern, das geringste Risiko, automatisiert zu werden, da sie zumindest noch nicht digitalisiert und von seelenlosen Robotern ausgeführt werden können. Algorithmen können zwar beim Beziehungsmanagement hilfreich sein, aber zwischenmenschliche Beziehungen sind doch so komplex, dass digitale Bits sie vermutlich niemals ganz ersetzen werden können. Diese Tatsache wird auch von einer Studie der Denkfabrik Pew Research Center untermauert, nach der die meisten Menschen immer noch den persönlichen Kontakt dem elektronischen vorziehen, auch wenn letzterer bequemer ist. Und obwohl Zeit für Top Führungskräfte das wertvollste Gut darstellt, investieren sie diese doch in die Teilnahme an zeitaufwändigen internationalen Zusammenkünften wie dem Weltwirtschaftsforum in Davos, da ihnen bewusst ist, dass sie belastbare Beziehungen nur durch persönliche Begegnungen knüpfen und pflegen können.
Für diejenigen, die nicht von Natur aus mit großer emotionaler Intelligenz gesegnet sind, gibt es dennoch gute Nachrichten: Soft Skills können erlernt werden und nehmen mit steigendem Alter zu.
Dieser Artikel basiert auf Sandra Navidis internationalem Bestseller „$uper-hubs: Wie die Finanzelite und ihre Netzwerke die Welt regieren“, das 2016 als eines von „Bloomberg’s Best Books“ ausgezeichnet wurde. In Deutschland erschienen im Finanzbuch Verlag.
Sandra Navidi ist Gründerin und CEO der in New York ansässigen Unternehmens -und Strategieberatungsfirma BeyondGlobal. Dort berät sie die Vorstands- und Geschäftsführungsebene internationaler Firmen, Finanzinstitute und Family Offices. Zuvor gehörte sie zum engsten Beraterkreis des renommierten Ökonomen Nouriel Roubini, mit dem sie als Director of Research Strategies und Senior Relationship Manager bei Roubini Global Economics arbeitete. Bevor Frau Navidi zu Roubini wechselte, bekleidete sie Positionen als Investmentbankerin bei Scarsdale Equities, Chefjustiziarin bei Muzinich & Co. und als Beraterin bei Deloitte. Nach Abschluss des rechtswissenschaftlichen Studiums an der Universität zu Köln, hat sie an der Fordham University School of Law in New York, den Abschluss eines Master-of-Law in Banking Corporate and Finance Law erlangt. Sie ist sowohl in Deutschland als auch im Staat New York als Rechtsanwältin zugelassen. Als Expertin für internationale Kapitalmärkte hat sie über 500 Interviews in internationalen Medien gegeben und als Gastrednerin Vorträge auf zahlreichen großen Fachveranstaltungen gehalten. $uper-hubs: Wie die Finanzelite und ihre Netzwerke die Welt regieren; One of Bloomberg’s Best Books 2016
Foto: Dirk Eusterbrock.
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