Der Arbeit in altersgemischten Teams schlägt manchmal Skepsis entgegen – aus allen Stufen der Alterspyramide. Dabei können diese Unterschiede durchaus produktiv werden, bemerkt Astrid Caetano, Head of Talent bei der Agentur Saatchi & Saatchi, im HR-Channel von buchreport.de.
Generation Beziehungsunfähig, Millennials, Generation Y, Generation Me oder die Jahrtausender – mittlerweile gibt es viele Bezeichnungen für all diejenigen, die zwischen 1980 und 2000 geboren wurden. Sie sind gut ausgebildet, haben einen technologieaffinen Lebensstil, sind ständig damit beschäftigt, sich selbst zu verwirklichen, und möchten dabei möglichst viel Freiraum genießen. Wer zur Generation Y gehört, darf sich wie alle anderen Generationen zuvor zahlreiche Klischees auf die Stirn schreiben lassen. Doch was der Generation Y nachgesagt wird, ist nicht unbedingt negativ, erst recht nicht für die Arbeitswelt: Denn bestimmte Rahmenbedingungen und Gegebenheiten, die den Millennials teilweise einfach und wie selbstverständlich erscheinen, sind für andere Generationen völlig neu und gewöhnungsbedürftig. Wie nicht nur Führungskräfte, sondern das ganze Team mit der richtigen Haltung diese Gegensätze im Arbeitsalltag produktiv machen kann, erklärt Astrid Caetano.
Generation X,Y, Z? – Ein Überblick über das Generations-Chaos
Die Abgrenzung der Generationen ist unscharf. Nach den Babyboomern, die zwischen 1955 und 1969 geboren wurden, kam die Generation X (geboren 1965 bis 1980). Mit Geburtsjahr 1980 bis 2000 folgte die Generation Y. Die ab 1995 Geborenen werden Generation Z genannt.
Den Stempel Generation Y auf der Stirn zu tragen erscheint zunächst etwas seltsam, wirft man jedoch einen Blick in die Vergangenheit, wird schnell klar, dass jede Generation mit ihren Klischees zu kämpfen hat. Ob Traditionalisten oder Babyboomer – jeder Generation wird etwas anderes nachgesagt.
Insbesondere in Bezug auf die Arbeitswelt werden den verschiedenen Generationen ganz klare Verhaltensweisen zugeschrieben. So wird der Generation X beispielsweise nachgesagt, dass sie die Arbeit eher als Mittel zum Zweck sieht. Die Generation Y legt dem Klischee nach viel Wert auf Freiraum und Selbstverwirklichung im Job. Doch sind wir uns dieser Verhaltensweisen überhaupt bewusst? Nicht wirklich.
Das ist genau das Spannende – Stereotypen und Verhaltensweisen einer Generation zeigen sich immer erst in der Retrospektive. Wenn man es im Rückblick liest bzw. von der Metaebene aus betrachtet, ist es offensichtlicher, Klischees wahrzunehmen. Wenn man mitten drinsteckt, erkennt man diese überhaupt nicht.
Wandel in der Arbeitswelt
Die Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt haben sich in den letzten Jahren extrem verändert. Diese Veränderungen haben sich auch auf die verschiedenen Generationen und deren Verhaltensweisen ausgewirkt. Insbesondere drei Gründe haben einen Wandel auf dem Arbeitsmarkt hervorgerufen:
Demografischer Wandel
Durch den demografischen Wandel haben Unternehmen es bereits jetzt schwerer, qualifiziertes Personal zu rekrutieren. Der „War for Talents“ ist in vollem Gange, und der Konkurrenzdruck zwischen Unternehmen steigt an, wenn es darum geht, junge Nachwuchstalente von den Hochschulen als Arbeitnehmer zu gewinnen.
Digitalisierung
Digitale Medien haben den Arbeitsalltag enorm verändert und schaffen mehr Flexibilität in Bezug auf den Arbeitsort und die Kommunikation. Gleichzeitig entsteht dadurch eine ständige Erreichbarkeit im Job, die das Verhältnis von Arbeit und Freizeit gefährdet.
Wertewandel
Mittlerweile kann man sagen, dass 50 % der Mitarbeiter in den Unternehmen Millennials sind. Durch das Eintreten einer neuen Generation in den Arbeitsmarkt haben sich die Wertvorstellungen in Bezug auf das Arbeitsumfeld verändert.
Was die Generation Y auszeichnet – und wie Generation X davon profitieren kann
Unter Berücksichtigung dieser Veränderungen scheint es zunächst schwierig, die beiden Generationen im Arbeitsalltag zu vereinen. Doch genau das passiert in der Praxis schon seit einigen Jahren und hat sogar mehr positive als negative Auswirkungen auf die Unternehmen.
Arbeitszeit
In Bezug auf die tägliche Arbeitszeit gilt für die Generation X oft: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, und Leistung wird in erster Linie an der erbrachten Arbeitszeit gemessen. Durch das Eintreten der Generation Y in die Unternehmen hat sich diese Einstellung zunehmend in eine andere Richtung entwickelt. Nicht die Anzahl der Arbeitsstunden ist hier entscheidend, sondern das Ergebnis. Es geht nicht darum, wie viel Arbeitszeit aufgewendet wird, sondern darum, dass das bestmögliche Ergebnis erzielt wird. Diese ergebnisorientierte Arbeitsweise nimmt nicht nur den Druck aus den Köpfen der Arbeitnehmer, sondern kann gleichzeitig auch zu einer motivierenden Arbeitsatmosphäre führen.
Hierarchie
Die Generation Y ist ein großer Freund von strukturierten Arbeitsverhältnissen, bei denen die Rollen klar verteilt sind. Veraltete Top-Down Strukturen werden trotz allem nicht gerne gesehen. Es wird Wert auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen flachen Hierarchien und festen Zuständigkeiten gelegt. Insgesamt geht die Generation Y mit mehr Selbstbewusstsein in die Arbeitswelt.
Ich merke das insbesondere in Bewerbungsgesprächen. Ende der 90-er ist man da eher noch bescheiden aufgetreten und hat den Ball flach gehalten. Die Millennials sind heute in den Bewerbungsgesprächen schon viel selbstbewusster. Fragen nach Urlaub, Sabbatical oder dem Business, das man nebenbei weiterführen möchte, sind mittlerweile ganz normal.
Feedback
Auch in Sachen Feedback kann die Generation X noch etwas von der Generation Y lernen: Die Generation X steht dem jährlichen Mitarbeitergespräch eher ängstlich und ablehnend gegenüber und neigt dazu, Feedback mit Kritik zu verwechseln. Bei der Generation Y lässt sich Gegenteiliges beobachten. Hier wird konstruktives Feedback anders als bei Angehörigen der Generation X aktiv eingefordert, um sich stetig zu verbessern, aber auch um regelmäßig Anerkennung und Lob zu bekommen, denn nur so kann man sich weiterentwickeln und motiviert neue Herausforderungen angehen.
Lebenslanges Lernen
Durch den rapiden Wandel in der Arbeitswelt lernt man vor allem im Job ständig Neues dazu und muss sich somit immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Die Millennials sind an diesen schnellen Wandel gewöhnt und daher hoch motiviert, immer neue Dinge dazuzulernen. Die Generation X ist hingegen mit der Idee aufgewachsen, dass man einen Beruf erlernt, um diesen sein ganzes Leben lang auszuüben. Hier kann die Generation Y helfen, der Generation X das lebenslange Lernen „schmackhafter“ zu machen und es als Selbstverständlichkeit zu etablieren.
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Erfolgsfaktor Transparenz
Eine transparente Kommunikation innerhalb des Unternehmens ist den Millennials sehr wichtig. Anders als Generation X, die eher dazu tendiert, etwas zu kommunizieren, wenn es fertig beschlossen ist, möchte die Generation Y alle Informationen sofort und will aktiv in Entscheidungsprozesse involviert werden.
Technologie und „Always on“-Mentalität
Durch die hohe Technikaffinität der Millennials fällt es dieser Generation oft leichter, neue Technologien schnell zu verstehen und anzuwenden. Die Generation X ist im Vergleich dazu nicht ganz so schnell. Das heißt jedoch nicht, dass die Generation X hier das Nachsehen hat. Hier sollten sich die Generationen gegenseitig unterstützen.
Die Millennials sind zudem die erste Generation, die größtenteils im Umfeld von Internet und mobiler Kommunikation aufgewachsen ist. Durch Laptops, Smartphones, Tablets und mobiles Internet hat man die Möglichkeit, jederzeit erreichbar zu sein. Die Generation X tut sich schwerer mit der Nutzung von digitalen Medien im Berufsalltag und der Abgrenzung zum Privaten. Hier kann die Generation Y helfen, Barrieren abzubauen und einen entspannten Umgang vorzuleben.
Kind und Karriere
In Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat sich in den letzten Jahren schon viel getan, allerdings ist hier immer noch Handlungsbedarf. Insbesondere, da andere Länder Deutschland bei dem Thema in den Schatten stellen – wie zum Beispiel Schweden, wo fast 90% der Mütter in Vollzeit arbeiten. Die Generation Y hat hier ihre ganz eigenen Vorstellungen, da sie viel Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance legt. Demgemäß wird sie das Thema Kind und Karriere in den nächsten Jahren weiter vorantreiben.
Millennials und Generation X: Sind wir wirklich so verschieden?
Dass beide Generationen im Arbeitsumfeld aufeinandertreffen, ist längst der Fall und lässt sich natürlich auch nicht vermeiden. Wichtig ist das gegenseitige Verständnis füreinander.
Die Generation Y muss sich bewusstmachen, was sie kann und was sie mitbringt und warum das für Generation X, die nicht so aufgewachsen ist und andere Arbeitsbedingungen hatte, nicht alles so selbstverständlich ist.
Dass den Generationen verschiedene Werte und Verhaltensweisen nachgesagt werden, ist völlig normal. Entscheidend ist, sich nicht über diese Zuschreibungen zu ärgern, sondern sie für sich selber zu nutzen. Jede Generation sollte sich bewusstmachen, welche Stärken sie hat und diese gezielt im Arbeitsalltag einsetzen.
Am Ende haben die Generationen mehr Gemeinsames als Trennendes. Wenn Alt und Jung zusammenarbeiten, kann sich daraus enorm viel Potential und Benefit für das Unternehmen ergeben. Wichtig ist, dass sich beide Seiten aufeinander einlassen und ein gegenseitiges Lernen stattfindet.
Fakt ist, dass sich das gesamte Umfeld ständig ändert, daher wird keine Generation sein wie die andere. Wichtig ist, dass wir trotz Werte immer wieder aufeinander zugehen, denn nur so kann man produktiv und im Team arbeiten.
Aufzeichnung: Mara Kelch auf der „Add Talent“, der Karriere-Konferenz der Hochschule der Medien Stuttgart. Mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Erstmals veröffentlicht auf Internet Innovators, dem Blog der Studierenden der Hochschule der Medien.
Die „Add 2018“ findet am 6. Juni 2018 an der Hochschule der Medien statt.
Fotos: Kim Heck, Pixabay, privat.
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