Die Leipziger Buchmesse wertet ihr Fachprogramm auf. Am Messe-Donnerstag (15.3.) steht die Zukunft der Verlage auf der Agenda. In vielen Vorträgen ist die technische Weiterentwicklung des Marketings ein großes Thema (hier geht es zum Programm). Es gibt dort aber auch noch einen anderen Blick in die Zukunft der Verlage.
Der Medienwirtschafts-Professor Ernst-Peter Biesalski wird auf dem Leipziger Buchmesse-Forum „Zukunft. Verlage“ zusammen mit Medienmarketing-Professor Heiko Hartmann einen provokativen Blick in die Zukunft des Verlagswesens werfen: „Odyssee 2050 – wohin geht’s mit den Verlagen?“
Das führt zur noch grundsätzlicheren Frage: Wird es denn 2050 noch Verlage geben?
Da bin ich optimistisch, kenne aber die Zweifel und ihre Ursache: Die Diskussion über die Zukunft von Verlagen ist zu technologiegetrieben. Das kann ich durchaus nachvollziehen, denn die Digitalisierung wirkt sich ja auf nahezu alle Tätigkeiten im Verlag aus. Die substanzielle Funktion von Verlagen besteht aber nicht in Vervielfältigung, Distribution und dem Beherrschen von Technologie
Wo liegt positiv formuliert die Perspektive?
Verlage sind Unternehmen der Kreativwirtschaft. Da geht es um Tugenden wie Aufmerksamkeit erzeugen, das Publikum fordern und überraschen, Lesern den Mehrwert eines Angebots vermitteln. Das bedeutet, im Publikumsmarkt gute Geschichten zu erzählen, die den Leser betreffen, ihn anrühren. Im Bildungs- und Fachinformationsmarkt geht es darum, relevante Informationen auszuwählen und zu bündeln, Orientierung zu stiften in einer komplexer werdenden Welt. Das alles ist etwas anderes als Logistik und Abrechnung und so denke ich, dass Verlage ihre Rolle neu definieren müssen.
Verlage arbeiten mit Technologie daran, ihre Kunden kennenzulernen …
Die strikte Orientierung an den Nutzern und ihre Interessen führt doch leicht zu austauschbaren und schnell langweiligen Produkten. Es wird schon weit vor 2050 Unterhaltungsromane geben, die von Maschinen geschrieben und sich auch gut verkaufen werden. Dafür braucht es aber keinen Verlag. Entscheidend ist, von Autoren und ihren Ideen überzeugt zu sein und dies dem Publikum näherzubringen, auch mit dem Risiko des Scheiterns. So etwa an das Buch eines Försters zu glauben, der beschreibt, wie Bäume mit den Wurzeln kommunizieren … und das dann ein Bestseller wird.
Was müssen Verlage tun, um zukunftsfähig zu bleiben?
Sie müssen sich darüber klar werden, wofür sie stehen, und zwar von den Autoren, von kreativen Konzepten und von den Inhalten her gedacht. Und vom Publikum, denn dieses ändert sich auch. Das erleben wir an der Hochschule jedes Jahr neu, wenn wir auf junge Studierende und damit Leser treffen. Diese reden über Inhalte, über Stoffe, wenig über Format und Technik. Natürlich müssen sich Verlage am Ende damit befassen, wie Menschen lesen und arbeiten. Das bleibt auch eine technologische Herausforderung. Aber die Kernfrage bleibt: Was kann ich und was habe ich dem Publikum anzubieten und werden dabei alle Möglichkeiten ausgeschöpft?
Ernst-Peter Biesalski ist seit 1997 Professor für Buchhandel/Verlagswirtschaft an der HTWK Leipzig. Zuvor hatte er in Buchverlagen in den Bereichen Herstellung, Lektorat und Marketing gearbeitet.
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