Mit zwei aufeinander folgenden Autorenporträts mit Daniel Kehlmann und Christoph Ransmayr feierte das 38. Erlanger Poetenfest am Abend des 26. Augusts im doppelt ausverkauften Erlanger Markgrafentheater ein fulminantes Finale. Parallel dazu bildeten María Cecilia Barbetta und Angelika Klüssendorf in der Spätsommer-Sonne des Erlanger Schlossgartens den Abschluss der zweitägigen Revue der Neuerscheinungen. An den Abenden zuvor waren der Romancier, Lyriker und Essayist Marcel Beyer und die in Fürth geborene Schriftstellerin Natascha Wodin im Markgrafentheater zu Gast; anlässlich ihrer Auszeichnung mit dem Georg-Büchner-Preis war auch Terézia Mora nach Erlangen gekommen. Der Auftakt des 38. Erlanger Poetenfests war in diesem Jahr dem Ursprung der Poesie gewidmet: Marcel Beyer, Norbert Hummelt, Jan Kuhlbrodt, Tristan Marquardt, Brigitte Oleschinski und Lea Schneider erwiesen der Kunst des Minnesangs ihre Ehre, während Raoul Schrott sich damit auseinander setzte, wie die Ideen in die Politik kommen.
Im Zentrum des Erlanger Poetenfests stehen traditionell die langen Lesenachmittage mit zahlreichen Buchpremieren. Wegen Regen am Samstagnachmittag zunächst in Innenräumen, später im Erlanger Schlossgarten, sonntags dann bei idealem Spätsommerwetter stellten in diesem Jahr María Cecilia Barbetta, Kristine Bilkau, Nora Bossong, Alex Capus, Lucy Fricke, Sylvia Geist, Anja Kampmann, Michael Kleeberg, Sina Klein, Thomas Klupp, Angelika Klüssendorf, Ursula Krechel, Michael Lentz, Tanja Maljartschuk, Christoph Peters, Hans Pleschinski, Anne Reinecke, Christian Uetz, Philipp Weiss und Maike Wetzel ihre teilweise druckfrischen Neuerscheinungen vor. Für Kinder und Jugendliche lasen Björn Berenz, Akram El-Bahay, Rolf-Bernhard Essig, Will Gmehling, Charlotte Habersack, Barbara Iland-Olschewski, Sabi Kasper und Albert Wendt. Zu Gast in der Fünfzehnten Erlanger Übersetzerwerkstatt waren Marcel Beyer, Vera Bischitzky, Sergej Gladkich, Norbert Hummelt, Jan Kuhlbrodt, Tristan Marquardt, Brigitte Oleschinski und Lea Schneider.
Neben dem literarischen Programm sind Gesprächs- und Diskussionsrunden zu politischen und gesellschaftlichen Themen ein ebenso wichtiger Bestandteil des Erlanger Poetenfests. Im Rahmen des aktuellen Podiums zum Thema „Migration und Demokratie“ forderte Ferda Ataman, Journalistin und Sprecherin der „Neuen Organisationen“ dazu auf, Integration nicht einseitig auf Migrantinnen und Migranten zu beziehen, sondern auf alle, die abseits der Gesellschaft stehen: „Wir brauchen auch Integrationsangebote für Hut- und Wutbürger.“ Im Zusammenhang mit der #metoo-Debatte bemerkte die Bachmann-Preisträgerin Nora Gomringer, dass es Zeit wäre für die Frauen, „wie Lysistrata zu handeln. Frauen müssen die Männer wieder erheben. Aber wie erhebt man einen, der einen gequält, vergewaltigt hat?“ Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der traditionellen Sonntagsmatinee – diesmal in der Moderation von Ulrike Ackermann mit dem Titel „Welt Macht Verschiebungen“ – forderten im weltpolitischen Vakuum ein attraktives und starkes Europa als „globale Avantgarde“ (Nicole Deitelhoff), den Dialog mit Russland und China, vor allem aber, angesichts des derzeitigen Präsidenten nicht zu vergessen, dass Amerika der Partner ist, mit dem wir die meisten Werte teilen. Werte, die – so die Spiegel-Korrespondentin Susanne Koelbl – infrage gestellt werden müssen, solange der Wohlstand des Westens „mit der Ignoranz gegenüber dem Elend der anderen erkauft ist“. Weitere Gesprächsrunden beschäftigten sich beim Erlanger Poetenfest mit Freiheit und Überwachung, Datenschutz und Digitalisierung.
Das 38. Erlanger Poetenfest wurde begleitet von einigen Ausstellungen. Besonderes Aufsehen erregten im Ausstellungsraum der Universitätsbibliothek die eindrücklichen Bildfolgen und Collagen des Kriegsreporters Wolf Böwig, der über vierzig Konflikte fotografisch begleitet hat und im Gespräch mit Andreas Langen von seiner Arbeit berichtete. Anlässlich der Kooperationsausstellung im Stadtmuseum „Zeich(n)en der Zeit – Comic-Reporter unterwegs“, die vom 18. Internationalen Comic-Salon bis zum Ende des Poetenfests lief, entwickelten Comic-Künstler und Journalisten gemeinsam Comic-Reportagen über Erlangen, die im Kunstverein präsentiert wurden und ab 3. September in der Redaktion der Erlanger Nachrichten gezeigt werden.
Das Berliner „Poetry Project“ präsentierte sich mit einer Filmpremiere, zweisprachigen Schreibworkshops und einer für alle Besucher offenen Schreibwerkstatt. Mit „Ankommen in Deutschland“ wurden neue, in einem deutsch-arabischen Schreibworkshop mit Larissa Bender und Rosa Yassin Hassan vor dem Poetenfest entstandene Texte junger Geflüchteter aus der Region präsentiert.
Die Moderatorinnen und Moderatoren des 38. Erlanger Poetenfests waren Ulrike Ackermann, Verena Auffermann, Michael Braun, Herbert Heinzelmann, Anne-Dore Krohn, Dirk Kruse, Adrian La Salvia, Andreas Langen, Andreas Platthaus, Annika Reich, Wilfried F. Schoeller, Hajo Steinert, Florian Felix Weyh und Cornelia Zetzsche.
Hauptsponsor des 38. Erlanger Poetenfests: Stadt- und Kreissparkasse Erlangen Höchstadt Herzogenaurach. Medienpartner: Erlanger Nachrichten und Bayern 2. Das 38. Erlanger Poetenfest wurde aus Mitteln der Literaturförderung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst unterstützt.
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