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Wie RWS-Verlage rekrutieren

Fachverlage gehen bei der Anwerbung von Fachkräften neue Wege. Hart ist für sie vor allem der Wettbewerb beim Werben um IT-Nachwuchs.

Netzwerken mit dem Nachwuchs: Personalabteilungen müssen sich immer mehr einfallen lassen, um ihre Unternehmen als Arbeitgeber attraktiv zu machen. Bei der Karriere-Veranstaltung „Talent Meets Bertelsmann“ tauschen sich beispielsweise Studierende mit Führungskräften des Konzerns aus, bearbeiten Fallstudien in Teams – und können sich über Einstiegsmöglichkeiten informieren. (Foto: Bertelsmann)

„Die Buch- und Medienbranche muss daran arbeiten, dass sie auch perspektivisch weiter gute Leute gewinnt und zugleich ihr vorhandenes Personal weiterentwickelt“, umriss kürzlich Personalberaterin Helena Bommersheim im buchreport-Interview die Herausforderungen von Verlagen als Arbeitgeber. Vor allem die Nachfrage nach Digitalexperten verschärft sich ihrer Beobachtung nach immer mehr, „denn nicht nur diese Branche braucht fähige Mitarbeiter, die die digitale Transformation bewältigen und aktiv gestalten können“.

Diese Diagnose trifft auf Fachverlage, die ihre Inhalte stärker als andere Marktsegmente den digitalen Bedürfnissen ihrer Kundengruppen anpassen, in besonderem Maße zu. Dass das Wachstum vor allem aus digitalen Geschäftsmodellen generiert wird, bestätigt Christian Kopp, kaufmännischer Leiter und Mitglied der Geschäftsleitung von C.H. Beck, mit Verweis auf die marktführende Plattform Beck Online. Entsprechend seien Programmierer, Software-Architekten, Cloud-Experten und andere Spezialisten gesucht, „die man nicht unbedingt mit einem Verlag assoziiert, die bei uns aber eine immer größere Rolle spielen und einen erheblichen Anteil der Mitarbeiter ausmachen“.

Von FriendScout24 zu Wolters Kluwer: Martina Bruder ist Geschäftsführerin von Wolters Kluwer Deutschland. Im Jahr 2016 war sie von FriendScout24 zu dem Fachinformationsanbieter gewechselt. Zuvor hatte sie mehrere leitende Positionen bei VIVA TV, Yahoo, NBC Europe und CNBC International inne. (Foto: Wolters Kluwer)

Wolters Kluwer Deutschland ist ebenfalls auf der Suche nach „Experten mit modernen digitalen Profilen“, wie es CEO Martina Bruder formuliert. 2016 selbst von FriendScout24 zum Kölner Fachinformationsanbieter gewechselt, hat sie seitdem ihr Team für den juristischen Bereich neu aufgestellt, in dem dezidiert digitale Ambitionen und Innovationen verfolgt werden. Zuletzt kam Thomas Niemann im Sommer als Vertriebs- und Marketingleiter hinzu. Er war zuvor seit 2006 bei Beck für Vertrieb und Marketing der elektronischen Publi­kationen verantwortlich.

Nachdem Wolters Kluwer in einem ersten Schritt seine Jurion-Datenbank durch die neu aufgesetzte juristische Recherche auf wolterskluwer-online.de abgelöst hat, kommen in diesem Jahr neue Expertenlösungen auf den Markt, „die den unmittel­baren Arbeitsprozess der Kunden unterstützen“, etwa den von Sachbearbeitern in Sozialämtern. Gebraucht werden deshalb vor allem Product Manager und Product Owner, Produktentwickler, UX-Designer oder Digitalmarketing-Spezialisten. Sie sollen gemeinsam mit den Kollegen, die über das inhaltliche Fachwissen verfügen, digitale Produkte entwickeln.

 

Neue Recruiting-Strategien

Da die Fachverlage im digitalen Bereich mit anderen Branchen um die Fachkräfte konkurrieren, sind insbesondere beim Recruiting innovative Strategien gefragt. Diese gewinnen nicht zuletzt deshalb an Bedeutung, weil Verlage „generell in der Außenwahrnehmung nicht unbedingt für hohe digitale Produktanteile oder ausgeprägte digitale Kompetenz stehen“, wie Christian Kopp mit Blick auf das Branchenimage selbstkritisch anmerkt.

Wollen Fachkräfte langfristig an den Verlag binden: Dr. Christian Kopp (l.) ist seit 2018 als Mitglied der Geschäftsleitung bei C.H. Beck für den kaufmännischen Bereich verantwortlich. Hannes Mühldorfer ist seit 2012 Personalleiter und seit 2017 zudem Lehrbeauftragter Arbeitsrecht an der KSH München/Benediktbeuren. (Fotos: privat)

Während Juristen, die die Inhalte erarbeiten, noch über klassische Stellenanzeigen in Fachmagazinen erreicht werden können, spricht C.H. Beck potenzielle Kandidaten für die IT auf anderen Wegen an, erläutert Personalleiter Hannes Mühldorfer:

  • Terrific Thursdays: Bei diesem Format werden Unternehmen und Absolventen in lockerer Atmosphäre zusammengebracht, um sich gegenseitig kennenzulernen.
  • Active Sourcing: Die aktive Ansprache von Talenten, u.a. über soziale Netzwerke, gewinnt an Bedeutung. Interessant sind hier für Beck vor allem Business-Plattformen wie Xing oder LinkedIn.
  • Personalberater: IT-Spezialisten werden im deutlich kompetitiveren Umfeld zudem über Headhunter angeworben; Bewerbungsgespräche gehen schon mal via Skype bis in die USA.

Wolters Kluwer – laut Unternehmenssprecher Frederick Assmuth als „Unternehmen und Arbeitgeber nicht mehr allein in der RWS-Landschaft, sondern auch fest in der ‚digitalen Community‘ verankert“ – präsentiert sich zudem auf Digital-Messen und -Konferenzen, darunter der „Digitale Leute“-Summit im November in Köln, um sein Profil als Arbeitgeber zu schärfen.

 

Neue Ausbildungswege

Um geeignete Kräfte zu finden und frühzeitig ans Unternehmen zu binden, investiert C.H. Beck parallel in neue Ausbildungsformate. Ganz frisch ist eine Kooperation mit drei bayerischen Hochschulen:

  • Seit dem Herbstsemester 2019 arbeitet der Verlag mit der Hochschule München, der Technischen Hochschule Nürnberg sowie der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden zusammen.
  • Die Kooperation umfasst ein praxisintegrierendes Studium für die Studiengänge Informatik, Wirtschaftsinformatik und Medieninformatik.
  • Im Rahmen des dualen Studiums werden die Teilnehmer bei C.H. Beck „von erfahrenen ITlern praktisch ausgebildet“ (Mühldorfer).
  • C.H. Beck stellt den Studierenden eine überdurchschnittliche Bezahlung während der Praxis- und Hochschulphasen, die Übernahme sämtlicher Studienkosten sowie Zuschüsse für Miet- und Fahrtkosten, Mittagessen und Fachliteratur in Aussicht.
  • Auf diesem Weg wurde zum Auftakt ein Student gewonnen; die Aktivitäten in diese Richtung sollen jetzt weiter verstärkt werden.

In anderen Bereichen – etwa im Kundenservice, wo zunehmend komplexere Online-Anwendungen auch zunehmend erklärungsbedürftiger werden – wurde die Ausbildung zum Medienkaufmann dem gewachsenen Beratungsbedarf angepasst:

  • Die KSC-Azubis durchlaufen nach wie vor die wesentlichen Abteilungen des Verlages. Dabei lernen sie die beiden Verlagszweige Recht-Steuern-Wirtschaft und Literatur-Sachbuch-Wissenschaft kennen.
  • Neu ist, dass sie dazwischen immer wieder Zeiten im Kunden-Service-Center, ihrer „Homebase“, verbringen. Hier werden sie von Anfang an in die Abteilung integriert und an der Seite einer Mentorin an das Kundengeschäft herangeführt.
  • Die Ausbildungszeit wurde dementsprechend von 2 auf 2,5 Jahre angepasst.

buchreport.spezial RWS II (Herbst 2019)

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im buchreport.spezial RWS. 

Neue Berufsbilder

Personalkonzepte für die Zukunft: Mehr zum Thema Personalmanagement und -führung lesen Sie hier im HR-Channel von buchreport und Channel-Partner Bommersheim Consulting.

Nicht nur im IT-Bereich nehmen die Herausforderungen bei der Fachkräfte- Akquise zu. Sind beispielsweise im juristischen Lektorat oder im Rechnungswesen spezielle Kenntnisse gefragt, kann es auch hier zu Engpässen kommen, berichtet Beck-Personalchef Mühldorfer. Deshalb sei auch hier Flexibilität gefragt: Um auf Bewerbermarkt-Veränderungen und die Aufgabenverschiebungen im juristischen Lektorat zu reagieren, wurden Anpassungen bei den Berufsbildern vorgenommen und dem Lektor sowie der Lektoratsassistenz neuerdings ein „Lektoratsreferent“ zur Seite gestellt. Damit sollen auch Einstiegsmöglichkeiten, u.a. für Quereinsteiger, sowie neue Entwicklungsmöglichkeiten für die eigenen Mitarbeiter geschaffen werden.

Im Wettbewerb mit anderen Branchen wie z.B. Software- oder Beratungsunternehmen sieht sich C.H. Beck gut aufgestellt. Bei der Anwerbung will man vor allem mit folgenden Argumenten punkten:

  • Innovation: C.H. Beck arbeitet mit neuen und modernen Technologien, die von den potenziellen Angestellten weitergedacht werden sollen. Kopp: „Viele Bewerber sind überrascht, wie stark das Thema IT und Digitalisierung bespielt wird und wie hoch die Anforderungen an die Mitarbeiter sind.“ Für das Employer Branding heißt das: „Diese Qualitäten in Zukunft noch stärker nach außen zu tragen.“
  • Zukunftssicherheit: Verlagsprodukte in unterschiedlichen Medienformaten werden langfristig am Markt Bestand haben.
  • Weiterbildung: Das Unternehmen bietet Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, die bedarfsgerecht vorgenommen werden, darunter beispielsweise Projekt-Schulungen oder Weiterbildungen in Cloud-Technologie.
  • Rahmenbedingungen: Mit Sozialleistungen, die junge IT-Firmen nicht bieten, und dem Versprechen einer guten Work-Life- Balance sowie einer langfristigen Beschäftigung sieht Mühldorfer den Verlag auch mit „traditionellen Werten und Qualitäten im positiven Sinne“ im Rennen.

Eine auffällige Veränderung im Bewerbungsprozess, die auch mit den Ansprüchen der jetzt ins Berufsleben tretenden Generation Z zusammenhängt (s. auch Interview mit Unternehmensberater Rüdiger Maas unten), sei der schnellere Verlauf des Verfahrens: Die Bewerber erwarten laut Christian Kopp sehr rasch eine Entscheidung, „weil sie auch mit anderen Unternehmen im Gespräch sind“. Negative Erfahrungen mit jungen Bewerbern möchte Personalleiter Mühldorfer jedoch nicht bestätigen: Die Anzahl der engagierten Neuzugänge habe sich in den vergangenen Jahren nicht verändert.

 

Nicole Stöcker  stoecker@buchreport.de

Digital vernetzt und anspruchsvoll

Rüdiger Maas gibt Unternehmen Tipps im Umgang mit der Generation Z

Rüdiger Maas (Foto: Adrian Beck)

Der Diplompsychologe Rüdiger Maas ist Inhaber einer Unternehmensberatung mitSchwerpunkt in den Bereichen Rekrutierung, Prozessoptimierung sowie Organisations- und Personalentwicklung. Seit 2012 beschäftigt sich Maas mit Generationen- und Kohortenforschung. 2017 gründete er das Institut zur Generationenforschung, das die gegenseitige Beeinflussung der Generationen in Unternehmen und in der Gesellschaft erforscht. Im September hat Maas bei Hanser Fachbuch den Titel „Generation Z für Personaler und Führungskräfte“ herausgegeben, in den Ergebnisse der vom Institut durchgeführten „Generation-Thinking-Studie“ eingeflossen sind.

 

Warum sollten Unternehmen beim Personalmanagement stärker generationsbezogen denken?

Das sogenannte Generation Thinking meint, bei der Besetzung neuer Stellen und auch bei der Mitarbeiterführung immer die jeweilige Sozialisierung mitzudenken: Jede Generation kommt mit unterschiedlichen Vorstellungen und Werten ins Unternehmen. Den Ton in der Arbeitswelt gibt aktuell die Generation X, also die Jahrgänge zwischen 1965 und 1980, an. Für diese Generation sind Arbeitsplatzsicherheit und Statussymbole besonders wichtig. Für die gerade ins Berufsleben eintretende Generation Z der ab 1990 Geborenen spielen dagegen andere Werte eine Rolle, wie beispielsweise die klare Trennung von Beruf und Freizeit. Außerdem ist Z die erste Generation, die in der digitalen Welt groß geworden ist: Alles muss mit wenigen Klicks erreichbar sein, und die sozialen Netzwerke sind immer dabei – auch am Arbeitsplatz. Da viele Xler demnächst in Rente gehen, sind die Unternehmen gezwungen, sich neu zu orientieren und sich an die Bedürfnisse der Zler anzupassen.

Was heißt das konkret, bezogen auf die Akquise neuer Arbeitskräfte?

Da Zler es gewohnt sind, online schnell und intuitiv an Informationen zu kommen, müssen auch die Stellenausschreibungen schnell erreichbar sein, also optimalerweise auf der Startseite anklickbar und dann übersichtlich gegliedert sein. Dabei sollte eine einfache, authentische Sprache, aber keine Jugendsprache verwendet werden. Auch bei der Rückmeldung auf eine Bewerbung sollte man schnell sein, um der an unmittelbare Reaktionen in der Online-Welt gewöhnten Generation Z seine Wertschätzung zu signalisieren. Und keinesfalls sollte man, wie immer noch gern üblich, die Bewerber mehrfach zum ersten Kennenlernen, zum Assessment und nochmaligem Vier-Augen-Gespräch antanzen lassen. Die Erfahrungen, auch von einigen unserer großen Kunden, zeigen, dass gerade junge Bewerber dazu keine Lust haben und abspringen.

Unternehmer beklagen, dass die Zler sich vor allem durch Anspruchsdenken und wenig ausgeprägtes Arbeitsethos auszeichnen …

Die Generation Z tritt tatsächlich mit einem enormen Selbstbewusstsein auf – zum einen gestärkt durch die Eltern, die immer als Auffangbecken und Motivator bereitstehen, zum anderen mit dem Wissen, dass der Fachkräftemangel sie potenziell zu begehrten Mitarbeitern macht. Da gibt es z.B. den 21-jährigen Berufsanfänger, der seine Bewerbung mit Rechtschreibfehlern abgibt und sich dann noch herausnimmt, in Teilzeit arbeiten zu wollen, weil er seinem Freundeskreis einen großen Stellenwert einräumt. Frühere Generationen hätten sich das auch gewünscht, aber nicht zu fordern gewagt.

Gerade die Einarbeitungsphase scheint ein Minenfeld zu sein: Die jungen Menschen wollen gleichzeitig umsorgt werden und spannende, verantwortungsvolle Tätigkeiten übernehmen. Wie lässt sich das umsetzen?

Indem man darauf achtet, die Aufgaben entsprechend der Stärken so zu vergeben, dass sie erfüllbar sind, und die Umsetzung mit einem Lob zu verbinden. Schließlich ist die Generation Z es gewohnt, von ihren Eltern mit positivem Feedback überhäuft zu werden; mit einem Übermaß an Kritik, von der sie bislang abgeschirmt worden ist, kann sie nicht umgehen.

Das klingt nach viel Anpassungsleistung seitens der Unternehmen. Gibt es auch unmittelbaren positiven Input durch die Zler?

Internet-Affinität ist ein sehr wichtiger Faktor für die Unternehmen. Wie jüngst das Negativbeispiel von Rezo gezeigt hat, treffen auf die internetaffine Jugend wie Blogger, Youtuber etc. oft träge Politiker, die digital kaum etwas entgegenzusetzen haben. Auch bei Themen wie Robotic, künstliche Intelligenz und Deep Learning haben ältere Generationen Ängste, viele befürchten, dass irgendwann die Maschinenherrschaft ausbricht. Die Generation Z bringt da eine viel größere Offenheit mit, die notwendig ist, um die Entwicklung sinnvoll voranzubringen. Mit der folgenden Generation Alpha wird sich dieser Trend verstärken, deshalb ist es wichtig, bereits jetzt eine Brücke zu bauen.

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