Die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) fordert unter Vorsitz von Ulrich Störiko-Blume: „Kinder- und Jugendbücher müssen in unseren Schulen eine viel größere Rolle spielen.“
Wie ernst steht es um das Kinderbuch?
Es steht eigentlich gut da. Wir melden uns nicht aus einer Situation ökonomischer Schwäche, sondern machen uns Gedanken über die Zukunft. Wir blicken dabei auch auf europäische Nachbarn und sehen, dass gerade kleine Länder wie die Niederlande oder Norwegen eine sehr hochstehene Kinderbuchkultur haben, auch weil sie nationale Förderprogramme für Autoren und die Präsenz von Büchern in den Schulen haben.
Die haben keinen Bildungsflickenteppich…
Bei aller Wertschätzung für die Individualität unserer 16 Bundesländer, in denen zum Teil auch gute Leseförderungen betrieben wird, wäre es nicht schlecht, ein paar nationale Standards zu haben. Kinderbücher sind die erste Begegnung mit Buch und Bildung.
Wie lange noch?
Natürlich spielen die digitalen Medien eine wachsende Rolle und auch mancher unserer Verlage mischt mit und verlinkt. Aber Bücher sind nachhaltiger, weil nicht an Technik gebunden, und das In-die-Hand-Nehmen von Büchern, die Begegnung mit einem Medium, das dem Leser gehorcht, ist nach wie vor eine wichtige Sache.
Warum brauchen Kinderbuchverleger eine Anerkennung als Bildungsvermittler?
Während Literatur in höheren Klassen zum selbstverständlichen Bildungskanon gehört, hängt der Einsatz von Bilder-, Kinder- und Jugendbüchern sehr stark vom individuellen Engagement von Lehrern und Erziehern ab. Hier wollen wir das Bewusstsein schärfen, dass Bücher und Bibliotheken auch im Kindergarten und in der Grundschule selbstverständlich werden, als Angebot, das den Unterschied zwischen Ausbildung und Bildung ausmacht. Die PISA-Studie hat zu Stoffverdichtung und verschärften Prüfungen geführt. Uns geht es um bessere Angebote auch gerade für Kinder aus bildungsferneren Familien, zu deren Medienpalette keine Bücher gehören.
Was erwarten Sie konkret?
Was mir vorschwebt, ist ein nationaler Konsens darüber, dass es in jeder Schule und jedem Kindergarten eine Bibliothek gibt, dass die Lehrer eine solide Ausbildung über den Umgang mit Kinderliteratur bekommen und dass Begegnung mit Autoren und Lesungen zum Schulangebot gehören. Das alles ist nicht neu, bisher aber zu sehr vom Engagement Einzelner abhängig.
Haben Sie Finanzminister als Verbündete?
Die Mittel sind immer knapp, aber kluge Finanzminister denken nicht nur an das nächste Haushaltsjahr, sondern wissen, dass sich manche Investitionen lohnen und ausbleibende rächen.
Die Fragen stellte Thomas Wilking
Zur Person: Ulrich Störiko-Blume
ist seit 2005 Programmchef des Boje Verlags (Vemag-Gruppe, Köln) und seit Jahresbeginn Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen. Die avj will sich politisch stärker artikulieren und strebt auch eine engere Anbindung an den Verleger-Ausschuss des Börsenvereins an.
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