Vor einem Jahr hat Bonnier den damals neuen Nele Neuhaus-Krimi „Muttertag“ (Ullstein) ohne Plastikfolie ausgeliefert und das ganz demonstrativ: „Sind wir bereit, auf Plastik zu verzichten?“, fragte Bonnier-Deutschland-CEO Christian Schumacher-Gebler. Aus dem Handel gab es viel grundsätzliche Zustimmung: Folienfrei solle zur Regel werden, forderten 85% der Buchhändler in einer buchreport-Umfrage im Herbst 2018, als das Thema aufs Tapet kam.
Bedenken gab es allerdings in zweierlei Hinsicht:
- Beschädigungen beim Transport oder auch durch Kunden im Buchhandel, die den ökologischen Effekt durch vermehrte Remissionen reduzieren.
- Zurückhaltende Akzeptanz beim Publikum, das sich an die Folie als Ausweis von Frische und Sauberkeit gewöhnt hat.
Die Publikumszustimmung ist hoch, so das Ergebnis einer aktuellen buchreport-Umfrage ein Jahr nach dem unverhüllten Nele-Neuhaus -Titel: 82% der Buchhändler bezeichnen die Akzeptanz als „sehr gut“ oder „überwiegend gut“ (s. Tabellenkasten). Die im zurückliegenden Jahr noch einmal intensivierte kritische Diskussion über überbordenden Verpackungsmüll dürfte dazu beigetragen haben.
1 Jahr Erfahrung mit Folienverzicht | ||
Wie ist die Akzeptanz der Kunden? | ||
sehr gut | 28% | |
überwiegend gut | 54% | |
durchwachsen | 15% | |
überwiegend kritisch | 2% | |
ablehnend | 1% | |
Steigen die Remissionen durch Beschädigungen? | ||
nein | 48% | |
ja, etwas | 37% | |
ja, wesentlich | 10% | |
weiß nicht | 5% | |
gerundete Werte |
Steigen ohne Folie die Remissionen?
Bonnier-Chef Schumacher-Gebler zufolge gibt es auch keinen Hinweis auf negative Effekte im Einkaufsverhalten. Der folienlose Pilottitel von Nele Neuhaus habe sich wie der eingeschweißte Vorgängerband verkauft. Und die Remissionen hätten sich trotz des Folienverzichts überraschenderweise sogar fast halbiert. In Summe habe es bei den seit November 2018 ausgelieferten über 100 Hardcover-Titeln ohne Folie zumindest keinen Anstieg der Remissionen gegeben.
Dossier
Lesen Sie mehr zum Thema Einschweißfolie: www.buchreport.de/go/folie
Hier differenziert sich die Praxiserfahrung aus dem Buchhandel:
- 48% sehen tatsächlich keinen Remissionsanstieg durch Beschädigung
- 47% melden dagegen einen Anstieg, davon 10% sogar einen „wesentlichen“ negativen Einfluss auf die Remissionen.
Schutzumschlag robuster oder weglassen
In den Umfragekommentaren zur Folienfrage gibt es grundsätzlich weiterhin viel Zustimmung („weiter so“) und sogar Bekenntnisse, dass eine ganze Reihe von Buchhändlern aktiv die Folien entfernen und Bücher entsprechend haptisch und optisch ansprechender präsentieren. Hilfreich wegen des Lerneffekts der Kunden und der Durchsetzung wäre es allerdings, wenn mehr Verlage aufs Einschweißen verzichten würden.
Es gibt aber auch zahlreiche Hinweise auf Schwachstellen und die Aufforderung an die Verlage, nicht nur einfach die Folien wegzulassen, sondern auch die Herstellung anzupassen: Der Schutzumschlag
- müsse seiner Aufgabe entsprechend stabiler werden
- brauche robustere Materialien und Farben
- solle weder weiß noch schwarz glänzend gestaltet werden
- … oder könnte auch ganz entfallen.
Mit Verweis auf die Buchgestaltung von Jugendbüchern und namentlich der „Harry Potter“-Ausgaben wird auf direkt bedruckte, strapazierbare Bucheinbände verwiesen. Auch der widerstandsfähige Einband des aktuellen Hanser-Bestsellers „Miroloi“ wird in seiner Ausstattung gelobt.
Ansonsten wird mehr Sorgfalt in den Auslieferungen angemahnt, weil zu viele Exemplare bereits im Wareneingang beschädigt ankommen.
Buchhandelsumfrage
buchreport hat eine Umfrage durchgeführt, an der sich auf E-Mail-Aufforderung online 415 Buchhandlungen beteiligt haben:
- 58% sind kleinere Buchhandlungen mit bis zu 500.000 Euro Jahresumsatz.
- 25% setzen 0,5 bis 1 Mio Euro um.
- 10% bewegen sich in der Umsatzklasse ab 1 Mio Euro.
- 7% machten zur Unternehmensgröße keine Angabe.
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