Es ist wahrscheinlich eine historische Chance für den Buchmarkt, alte Versäumnisse der Preisfestsetzung zu korrigieren. Da die neuen Vorschauen gerade veröffentlicht wurden, sollten wir beobachten können, wie die Verlage die Zeichen der Zeit erkennen und wegen diverser Kostenerhöhungen allüberall nun ertragreiche Ladenpreise definieren.
Der buchreport hat das getan und im Großen und Ganzen eine durchschnittliche Preiserhöhung von um die 8% festgestellt. Das klingt zuerst einmal wie ein ordentlicher Schluck aus der sprichwörtlichen Pulle. Aber: Prozentwerte stellen eben doch nur Veränderungen dar, nicht aber die wahren Preispunkte. Im Vergleich zu den vorher definierten Preisen geht die Tendenz in die richtige Richtung, nur: Da die Ladenpreise seit Jahren unterdurchschnittlich angehoben wurden, dienen die jetzigen Veränderungen nur dazu, die überall gestiegenen Kosten auszugleichen. Aber sie reichen nicht aus, um die lange schon bestehende Lücke zwischen wirtschaftlich notwendigen und vorgegebenen Preisen auszugleichen.
Einige beliebige Beispiele:
- Taschenbücher für 10,99 Euro? Positiv ist anzumerken, das man geradezu übermütig die 10-Euro-Grenze übersprungen hat. Aber 10,99? Wenn man doch eh die 10 aufgibt, warum dann nicht etwas mehr Abstand zu dieser Grenze?
- Hardcover Belletristik für 23 Euro? Dieses Festhalten an der Nähe zur 20, auf was gründet sie bloß? Selbst die große Pricing-Studie von PwC zeigte doch auf: Bei den Konsumenten existiert die Grenze von 20 nicht. Und der Markt braucht im Grunde die 30 oder zumindest die Bewegung dahin.
- Nordeuropäischer Krimi im Paperback: 16 Euro? Auch hier klebt man an den 15, die im Bewusstsein der Konsumenten nicht existieren. Gerade die Tradepaperbacks, fraglos eine schöne Sache als Zwischenvermarktung zwischen TB und HC, halten jetzt erkennbare hohe Preise auf, hier steht die 18 als Obergrenze leider sehr, sehr stabil.
- Bestseller von Top-Autorinnen und -Autoren unter 25? Selbst wenn man großmütig noch bei vergleichbaren Genretiteln die Angst der Vergleichbarkeit akzeptieren möchte (was schwer genug fällt), bleibt diese Vorsicht bei eigenständigen und stark nachgefragten Autorinnen und Autoren tatsächlich rätselhaft. Hier kann man sich problemlos abgrenzen von den alten Preisen und sollte jetzt die Grenze in Richtung 30 schieben.
- Bildbände und andere hochpreisige Titel aufrunden? Hier findet man noch immer viele Titel zu Preispunkten wie 79,95 oder 69,- Euro. Warum wird hier nicht selbstbewusst und ästhetisch aufgerundet? Das wäre ein Leichtes, würde der Ausstrahlung des Objekts sicher guttun und brächte über die Menge geräuschlos mehr Umsatz in die Kassen.
Papierpreise steigen um 80%, Bücherpreise um 8%? Dieser Vergleich ist, zugegeben, zugespitzt, aber, eine ernsthafte und substanzielle Ertragsverbesserung stellt diese moderate Änderung nicht dar. Die wäre aber bitter nötig. Der Handel scheint einmütig höhere Preise zu wollen und ist optimistisch, sie durchsetzen zu können. Das ist erfreulich und sollte jetzt gemeinsam genutzt werden.
Erstaunlich ist, dass keiner im GESAMTEN Buchhandel glaubt, dass Kunden Geld ausgeben möchten und nicht mit permanentem Sparfimmel einkaufen