In der „Welt“ (Ausgabe vom 8. August, online bei Welt+) schreibt der Journalist und Architekturkritiker Dankwart Guratzsch einen Nachruf auf das Einkaufscenter. Die zentrale These des Beitrags: Der Online-Handel verändere das Stadtleben, doch die kleineren stationären Geschäfte seien von dieser Umstrukturierung weit weniger betroffen als die Shopping-Center. Letztere seien die großen Verlierer, weil sie wegen ihrer geringeren Flexibilität und ihrer höheren Investitionskosten der Beweglichkeit der Online-Konkurrenz nichts entgegenzusetzen hätten.
Dagegen würden die schon abgeschriebenen Tante-Emma-Läden sogar zu Nutznießern des boomenden Online-Handels, weil sie sich als ideale Ergänzung zum Fern-Einkauf positionierten: „Ihre Kunden setzen auf die kurzen Wege. Und die kurzen Wege und der schnelle Einkauf sind Vorteile, die die kleinen Geschäfte mit dem Online-Handel teilen.“
Als Kronzeuge für die These vom Niedergang der Center nennt Guratzsch den Architekturprofessor Wolfgang Christ, der auf Entwicklungen in den USA hinweist, wo kaum noch geschlossene Shopping-Center-Komplexe errichtet und stattdessen „straßenorientierte Läden und städtische Räume“ wieder populärer würden. Auch in Deutschland werden nach Einschätzung von Christ kaum noch großflächige Einzelhandelscenter gebaut.
Die Entwicklung im Einzelhandel habe einen sich selbst verstärkenden Effekt: „Der Trend zu kleineren Ladengrößen begünstigt den Trend zu Urbanität und städtischer Dichte. Die Stadt der kurzen Wege, der Online-Handel und der Tante-Emma-Laden promoten sich gegenseitig.“
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