buchreport

Demian Lienhard über »Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat«

In den aktuellen Frühjahrsprogrammen finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autoren. buchreport stellt 13 dieser Nachwuchsschriftstellerinnen und -schriftsteller in Steckbriefen vor. Heute: Demian Lienhard, mit seinem Debütroman „Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat“ im März im Programm der Frankfurter Verlagsanstalt.

Demian Lienhard, geboren 1987 in Baden/Schweiz, hat in klassischer Archäologie promoviert und arbeitete danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Er erhielt zahlreiche Stipendien und Preise für seine Texte. „Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat“ ist sein Romandebüt. (Foto: Laura J. Gerlach)

Mein Roman in drei Sätzen

Eine Hochbrücke mit einem Tiefensog für Schüler, die das nicht mehr sein wollen, eine aufrührerische Jugendbewegung, die mit Parolen wie „Macht aus dem Staat Gurkensalat“ und Pflastersteinen um sich wirft und jede Polizeipatrouille und jede Fensterscheibe Zürichs zum Zittern bringen, eine aus dem Ruder laufende Heroinszene, die sich in der reichsten Stadt der Welt einnistet und weltweite Rekorde ganz anderer Art aufstellt: Das sind die Hauptthemen des Romans. Daneben geht es um das Attentat auf Ronald Reagan, die Wichtigkeit von klümpchenfreier Polenta, ein schizophrenes Dorf in der Hinterukraine, Mark Rothko, einen Drink namens „Kubakrise“ und die Frage, wie man mit einer Hand klatscht. Das alles wird von der eigensinnig, erfrischend und schnoddrig erzählenden Alba zu einer odysseeartigen Geschichte einer verlorenen Generation verflochten: der Schweizer Jugend der 80er- und 90er-Jahre.

Mein Weg zur FVA

Im Nachgang zu meinem ersten Open Mike 2016 ist der Kontakt zu meiner Agentin Eva Semitzidou entstanden, die die Entstehung des Manuskriptes mit Rat und Tat, gelegentlichem Kaffee und ebensolcher Kritik (die so subtil war, dass sie mich glauben machte, ihre Änderungsvorschläge seien meine eigenen Ideen) begleitet und dieses schließlich vermittelt hat. Interessiert waren mehrere Verlage, doch nach einem persönlichen Gespräch entschied ich mich für die Frankfurter Verlagsanstalt. Aufs Ganze gesehen wurden mir und meinem Text hier die besten Bedingungen geboten, und vor allem: eine spürbare Begeisterung für den Text. Ich bereue die Entscheidung nicht. Die FVA ist ein Verlag wie ich. Klein, aber mit den allergrößten Ambitionen.

Das Verdienst meiner Lektorin

Das bloße Wissen um ihre Existenz bewahrt mich bereits vor der Hälfte der möglichen Fehler. Allerdings ist sie mir dann auch wieder Sicherheitsnetz, das mir erlaubt, Dinge zu wagen, die ich mir allein nicht erlauben würde. Meine Lektorin zieht mit mir an einem Strick, und gerade deswegen muss sie mir allenthalben Widerstand geben. Das tut sie vortrefflich.

Mein Eindruck von der Buchbranche

Gewiss, in der Buchbranche wird einem nichts geschenkt, und: Ihr wird nichts geschenkt. Trotzdem: Ob in der Agentur, im Verlag, bei Buchhandelsvertretern, in den Buchhandlungen oder bei Literaturveranstaltern: Fast ausnahmslos bin ich enthusiastischen Menschen begegnet, die sich mit Herzblut für ihr Produkt einsetzen. Bis zum heutigen Tag hört das nicht auf, mich zu beeindrucken.

Meine Lieblingsbuchhandlung

Die Buchhandlung Calligramme in Zürich. Vom Boden bis zur Decke drängen sich die Bücher, oft auch zweireihig, viele Autoren sind mit ihrem Gesamtwerk vertreten. Auch im Raum überall Regale, dazwischen bleiben dem Kunden nur schmale Gänge. Für Auslagen indes ist kein Platz: Bücher in der Horizontalen auszubreiten, das wäre reine Verschwendung. Auch wenn oder gerade weil eine solche Buchhandlung eigentlich gar nicht überleben dürfte, kaufe – und schmökere – ich hier doch am liebsten.

Meine Lieblingsautoren

Sylvia Plath und Truman Capote. Der weibliche und der männliche Midas der Literatur: Was auch immer sie anfassen, es wird zu Gold. Oder eben zu Weltliteratur.

So lese ich

Sitzend nur im Zug und Flugzeug, ansonsten: immer liegend. Und ich lese: langsam, sehr langsam.

Schreiben ist für mich

Schreiben bedeutet mir die Welt, in beiden Sinnen und mit allen: Es lässt mich in fremde Köpfe eintauchen und Welten, öffnet mir neue Perspektiven und vermeintlich bekannte, es macht mich unbequeme Meinungen verstehen und meine eigene überdenken, es lässt mich reisen im Raum und vor allem: in der Zeit.

Wenn ich nicht gerade schreibe

Überlege ich, worüber ich als Nächstes schreiben könnte.

Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?

Wenn schon die ersten Sätze knistern und man alles stehen und liegen lässt, um sich auf eine wilde Achterbahnfahrt durch die 1980er und 1990er zu begeben, dann ist das ein klarer Fall von Lektüreliebe auf den ersten Blick. So ging es uns mit Demian Lienhards „Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat“: Die funkensprühende Erzählstimme, der warmherzige, hakenschlagende Humor, der originelle Sprachwitz, die irrwitzigen Höhenflüge und berührenden Tiefschläge der Heldin mit ihrem widerborstigen, unwiderstehlichen Charme haben uns begeistert –eine Erfahrung, die wir mit Leserinnen und Lesern teilen wollen.

Nadya Hartmann, Lektorin

Debütanten im Frühjahr 2019

– im buchreport.magazin 3/2019

 

Kommentare

Kommentar hinterlassen zu "Demian Lienhard über »Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat«"

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihre Daten elektronisch gespeichert werden. Diese Einverständniserklärung können Sie jederzeit gegenüber der Harenberg Kommunikation Verlags- und Medien-GmbH & Co. KG widerrufen. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutz-Richtlinien

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*