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Die Wucht des Wandels

Nach einer längeren Baustellenphase gehen Weltbild und die DBH wieder stärker in die Offensive. Im Schulterschluss von Versand und breiter Ladenpalette markieren sie die Marktführerschaft. Im Interview mit buchreport beschreiben Weltbild-Chef Carel Halff und Hugendubel-Geschäftsführer Maximilian Hugendubel die Vorzüge ihres Multichannel-Konzepts.

Auch vor fünf Jahren hatte Weltbild Kataloge, einen Webshop und flächendeckend Shops unter einer Marke. Was hat sich so grundlegend verändert, außer dass wir das jetzt Multichannel nennen?
Halff: Weltbild gehört sicher zu den Pionieren im Multichannel-Vertrieb. Früher haben wir gesagt, wir sind auf allen drei Vertriebswegen präsent, wo­bei es sicher eher ein Nebeneinander war. Inzwischen ist daraus eine praktizierte Strategie geworden. Wir denken stärker in Marken und weniger in Kanälen: Weltbild und die DBH bearbeiten den Markt als gelebte Einheit in einer eng abgestimmten Strategie nach Marken und mit dem Multichannel-Konzept.

Wo sehen Sie mittelfristig die Funktionen der Elemente Laden, Papierkatalog, und Weltbild.de?
Halff: Der Katalog ist das zentrale Marketing-Instrument für alle Vertriebskanäle, das Internet der dominierende Informationskanal und die Läden halten den persönlichen Kontakt.

Wenn das Glück über das sich rundende Multichannel-Marketing bei Weltbild so groß ist, wie weit entfernt ist die übrige DBH davon?
Halff: Wir haben sicher das Glück, dass wir hier bei Weltbild ein Stück weiter sind, aber rund um die Buchmesse werden auch Hugendubel und der Sortimentsbuchhandel über einen nächsten Schritt informieren.

In einem Interview hat buchreport Sie einmal gefragt, wer in dem breiten Spektrum von Wohlthat bis zur Nobel-Buchhandlung Gewinner und Verlierer sein werden. Damals haben Sie diese Breite als Stärke bezeichnet, weil Sie für alle Entwicklungen gewappnet seien. Was kristallisiert sich 2010 heraus?
Halff: Die Aussage gilt nach wie vor. Wir betrachten den Markt von den verschiedenen Kundengruppen aus und versuchen, diese mit dem optimalen Format anzusprechen. Gewinner und Verlierer wird es innerhalb aller Formate geben – vom Boulevard-Anbieter bis zum großen Vollsortiment. Entscheidend ist immer die einzelne Filiale in ihrem jeweiligen stationären Umfeld an einem bestimmten Standort.

In welche Richtung geht die DBH und wie unterschiedlich sind die Geschwindigkeiten?
Hugendubel: Diese Frage nach den Geschwindigkeiten ist falsch gestellt. Wir denken den Prozess von den Marken her und nicht von zwei Gesellschaftern aus. Bei Hugendubel waren wir mit dem modernen Ladenbau früher dran und im Internet dafür etwas langsamer, bei Weltbild war der Multichannel-Ansatz stärker ausgeprägt und wir haben dort mit der Weiterentwicklung des klassischen Katalogs zum Versand- und Online-Handel begonnen, dafür wird dort jetzt das Thema Ladenbau in großem Umfang angegangen.

Deutet der gemeinsame Auftritt von Weltbild und dem Joint Venture DBH an, dass Weltbild jetzt den weiteren Takt vorgibt?
Halff: Weltbild und DBH sind heute eine gefühlte und gelebte Einheit: Unter den verschiedenen Marken und in kleinen Organisationseinheiten bearbeiten sie in einer eng abgestimmten Strategie den Markt.

Herr Hugendubel, Sie verantworten in der DBH die Vollbuchhandlungen. Wie weit stimmen Sie mit der Prognose von Herrn Halff überein, dass 40% der Handelsfläche für Bücher verschwinden werden?
Hugendubel: Das ist zu 100% richtig.

Was bedeutet das konkret für Hugendubel, Habel und Weiland?
Hugendubel: Wir schauen uns jede Filiale genau an. Jede Filiale, die dauerhaft am Markt erfolglos ist, hat keine Perspektive. Erstes Beispiel für dieses Vorgehen war die Schließung auf der Berliner Friedrichstraße.

Herr Halff hat sich zudem über halbherzige Multichannel-Ansätze von Buchhandlungen mit angehängtem Online-Shop mokiert, der nur ein paar Prozent zum Umsatz beiträgt. Wieso haben die Vollbuchhandlungen die Multichannel-Signale des 50%-Partners nicht früher erhört?
Hugendubel: Wir haben die Bedeutung des Themas gesehen und auch nicht aus den Augen verloren. Auch in einem großen Unternehmen sind die Ressourcen begrenzt. Wir haben bei der Marke Weltbild große Summen in den Ausbau des Internetshops investiert, bei den Vollsortimenten ebensolche Millionenbeträge in neue Filialen gesteckt. Die Notwendigkeit, den stationären Handel auf Multichannel umzustellen, hat sich im Vollsortimentsbereich erst später ergeben. Dort hat uns die Wucht der Veränderungsnotwendigkeit wohl alle überrascht. Jetzt haben wir den Vorteil, dass wir auf das Know-how und die IT-Ressourcen von Weltbild zurückgreifen können.

Wie kommt die Sortimentsergänzung zum Ausgleich rückläufiger Buchumsätze voran? Funktionieren die Nonbooks wie erhofft oder leiden die auch unter der allgemeinen Nachfrageschwäche?
Hugendubel:
Hugendubel hat hier schon sehr früh vielfältige Erfahrung gesammelt. Jedes neue Geschäftsfeld, jede Produktgruppe läuft anders. Es ist ein permanentes Probieren, Anpassen und Lernen auf der Erfolgskurve. Sehr gut funktionieren bei uns DVDs, mit Navigationssystemen haben wir keine so guten Erfahrungen gemacht.

Im Januar haben Sie im buchreport-Gespräch u.a. die Mietkosten angesprochen. Stehen neben Nürnberg weitere Standorte wegen auslaufender Mietverträge auf der Kippe?
Hugendubel: Mietkosten sind weiterhin ein Thema. Einige ganz wenige Standorte sehen wir uns deswegen derzeit genauer an. Wir führen aktuell Gespräche mit den Vermietern und suchen gemeinsame Lösungsoptionen. Welche Veränderungen es gegebenenfalls gibt, werden wir zuerst intern kommunizieren.

aus: buchreport.express 27/2010

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