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Eingedeutscht ist’s

Kindle-Kunden auf der Suche nach deutschen Büchern, blicken bis dato in die Röhre. Über drei Jahre nach dem Start des E-Book-Programms liegt noch immer kein deutscher Kindle-Shop vor. Bevor die Münchner Amazon-Statthalter vermutlich noch im Frühjahr (s. unten) den Kindle im großen Stil eindeutschen, haben Random House und andere Verlage eigene Tatsachen geschaffen und einen Teil ihrer Titel in den internationalen Kindle-Shop geladen.

Erste Titel u.a. von Heyne sind verfügbar

Zwar lagen bis dato neben gemeinfreien Titeln auch einige E-Books kleinerer deutscher Verlage wie Blue Panther Books im internationalen Kindle-Store vor. Doch Bestseller großer Verlage waren Mangelware. Jetzt hat die Bertelsmann-Tochter Arvato Systems als erster deutscher Distributeur mit der „BIC Media“-Technologie ein größeres Volumen an Titeln an Amazon ausgeliefert – nach buchreport-Informationen eine vierstellige Zahl. 

Unter den Verlagen ist Heyne mit aktuell 400 Titeln im Kindle-Sortiment. Preislich bewegen sich die Heyne-Titel zwischen 20 und 45% unter der vergleichbaren Taschenbuch-Ausgabe. Beispiele:

  • Verdammnis“ von Stieg Larsson kostet im TB-Format 9,95 Euro, als Kindle-Ausgabe umgerechnet 6 Euro (-40%).
  • Gleiches Bild bei „Sara“ von Stephen King (-40%).
  • Meer der Finsternis“ von Dean Koontz kostet im elektronischen Format jedoch nur 19% weniger als das Taschenbuch.

Deutsche US-Kunden und iPad-Leser mit Amazon-App im Fokus

Hierzulande rücken mit dem Angebot im US-Store neben den Deutschen in den USA besonders die iPad-Nutzer mit installierter Kindle-App in den Fokus – E-Reader wie der Oyo (Thalia) oder Aluratek Libre (u.a. Weltbild) können das Kindle-Format nicht lesen.

Ob jedoch von Deutschland aus per iPad deutsche Titel im Kindle-Store gekauft werden können, bleibt abzuwarten. Aktuell (Mittwoch, 23. Februar) ist dies bei einigen Stichproben zumindest nicht möglich.

Wie lange der deutsche Vorstoß von Amazon (mit einem eigenen „deutschen“ Kindle-Shop) noch auf sich warten lässt, bleibt unklar. Für einen kurzfristigen Launch spricht, dass  seit dem Spätherbst 2010 mehrere „Vendor Manager“ eingestellt wurden. Aktuell sucht Amazon einen PR-Experten, um das Kindle-Programm hierzulande zu vermarkten. In den vergangenen Monaten haben neben Random House weitere größere Verlage nach buchreport-Informationen die Verträge mit Amazon unterzeichnet.

Weiterhin strittige Amazon-Verträge

Bei den Verträgen gab es bislang ein langwieriges Tauziehen zwischen dem Onliner und den Verlagen:

  • Einerseits hat Amazon offenbar immer wieder neue Fassungen der voluminösen Verträge präsentiert, was bei den Justiziaren für Verwirrung gesorgt hat.
  • Andererseits hat das US-Unternehmen lange Zeit die hierzulande – nach Auslegung der Preisbindungstreuhänder – geltende Preisbindung auch von E-Books nicht zugesagt und sei auf Nachfrage von Verlagsseite mit einem „We are in discussions“ ausgewichen.

Inzwischen wird die Einhaltung der Preisbindung zwar in den Verträgen, die buchreport vorliegen, nicht explizit erwähnt, doch seit dem Herbst bietet Amazon Verträge auf Basis des von Apple zunächst in den USA und später auch in Großbritannien hoffähig gemachten Agency-Modells an, bei dem der Verlag den Verkaufspreis bestimmt. Auch bei den Konditionen scheint sich Amazon an Apple angelehnt zu haben, denn die Kindle-Mutter behält inzwischen nach buchreport-Informationen ebenfalls 30% rund an Kindle-Tantiemen ein.

In den USA verknüpft Amazon den Verlagsanteil mit dem Pricing. Liegt der Listenpreis des Titels zwischen 2,99 und 9,99 Dollar, schüttet der Onliner 70% an den Verlag aus (minus eine Gebühr für die drahtlose Übertragung über die Mobilfunkverbindung); bei Preisen darüber oder darunter erhält der Verlag nur 35%, ohne Extra-Gebühren für den Mobilfunk abführen zu müssen (hier weitere Infos).

Obwohl Amazon also auf die Verlage zugekommen ist, bleiben in den Verträgen weitere Unklarheiten und strittige Punkte:

  • In einer Meistbegünstigungsklausel will sich Amazon alle Konditionen, die von den Verlagen mit anderen Portalen ausgehandelt wurden, ebenfalls sichern.
  • Konkret bedeutet dies, dass der Verlag (sollte die Klausel im Vertrag bleiben) beispielsweise nur noch ein Vertriebsmodell wählen kann – also z.B. nicht mit Google einen Lizenzvertrag (Wiederverkäufervertrag) abschließen kann, während Amazon als Kommissionsagent nach dem Agency-Modell beauftragt werden soll.
  • Außerdem sind Aktionen wie befristete kostenlose Downloads nach der Klausel nicht mehr exklusiv mit einem (anderen) Partner möglich, weil sich Amazon das gleiche Angebot zusichern will.
  • Die Verlage sollen sich verpflichten, dass die E-Books nicht teurer angeboten werden dürfen als 70% der günstigsten Print-Ausgabe – der Verlag ist also bei der Preissetzung nicht ganz frei. Das Heyne-/Koontz-Beispiel zeigt jedoch, dass dies offenbar für Amazon verhandelbar ist.

Hilfestellung beim Studium der Amazon- (und Google- sowie Apple-)Verträge leistet die Rechtsabteilung des Börsenvereins.

Dass Amazon auf internationaler Bühne auf Apple-Konfrontationskurs geht, zeigt der jüngste Video-Spot:

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