Volker Weidermann erklärt im aktuellen buchreport.spezial Jahresbestseller, was es mit seiner SPIEGEL-Sendung „Spitzentitel“ auf sich hat. Er liest gerade in Ulrich Webers „Dürrenmatt“-Biografie:
„Und wie das bei guten Dichter-Biografien so ist, wechsle ich immer wieder von Biografie zu einzelnen Dürrenmatt-Büchern und zurück. Ah, wie lange habe ich den ‚Tunnel‘ nicht mehr gelesen. Was für eine phantastische Erzählung! Seit so vielen Jahren stürzen die Passagiere des Zuges ins Nichts! Dann immer wieder Dürrenmatts verzweifelter Humor: auf der Rutschbahn ins Nichts will er vorher wenigstens ein paar gute Geschichten erzählt haben, will er viele neue Sterne entdeckt haben, will er das Publikum unterhalten haben, seine unter Depressionen leidende Frau im Leben gehalten haben.
Und am Ende, im ‚Durcheinandertal‘, vernichtet er einfach sein ganzes Personal mit einem Höllenlachen. Der böse, humorvolle Regent seiner eigenen Welt. Gott des Dürrenmatt-Universums, das er selbst geschaffen hat. ‚Also wenn es einen Gott gibt‘, hat er spät geschrieben, ‚muss er einen unendlichen Humor haben. Der muss wahnsinnig Freude daran haben, Welten in die Luft zu jagen, der ist wie ein Kind, das mit Zinnsoldaten spielt.‘ Der ist wie sein Schöpfer und sein Geschöpf: der ist wie Friedrich Dürrenmatt.“
Ulrich Weber: „Friedrich Dürrenmatt. Eine Biografie“, 714 S., 28 €, Diogenes, ISBN 978-3-257-07100-9
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