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Filesharer sind die besseren Kunden

Die Diskussion über das Urheberrecht setzt auch die Parteien unter Druck, ihre Positionen zu schärfen. Aktuelle Entwicklungen: Die SPD fordert ein „faires und zeitgemäßes Urheberrecht“. Und die Piraten wollen Tauschbörsen legalisieren, weil Filesharer ihrer Meinung nach „die besseren Kunden“ sind.
Die Vorschläge der SPD in Kürze (ausführlich nachzulesen bei irights.info):
  • Der Urheber müsse im Verhältnis zum Verwerter gestärkt werden. Das Urhebervertragsrecht müsse wirksamer gestaltet und „um effektive Kontroll- und Sanktionsinstrumente ergänzt werden“. 
  • Legale Geschäftsmodelle will die SPD unterstützen und vorantreiben.
  • Eine Kulturflatrate sei keine geeignete Lösung. Begründung: Aus Sicht der SPD würde sie auch jene belasten, die das Internet nur in geringem Umfang nutzen. Die Kulturflatrate legalisiere die massenhafte, nichtkommerzielle Nutzung digitaler Werke und entziehe dem Urheber damit die Befugnis, über die Nutzung seines Werkes selbst zu entscheiden. Auch sei es schwierig, eine gerechte Verteilung zu gewährleisten. 
  • Dagegen begrüßt die SPD Modelle, die sich auf die Lizensierung von Musik beziehen. Diese Modelle könnten auch auf andere digitale Inhalte übertragen werden.
  • Das vom Börsenverein geforderte Warnhinweismodell lehnt die SPD ebenso ab wie eine flächendeckende Filterung des Datenstroms. 
  • Um Abmahnmissbrauch Einhalt zu bieten, sollte der Streitwert bei einmaligen, geringfügigen Urheberrechtsverstößen begrenzt werden.
  • Provider sollten besser zur Verantwortung gezogen werden können, damit urheberrechtsverletzende Inhalte schneller entfernt werden können. Auch sollten Provider über urheberrechtsverletzende Inhalte keine Werbeeinnahmen generieren dürfen.
  • Die SPD will ein Zweitverwertungsrecht für wissenschaftliche Autoren einführen, damit diese ihre Beiträge bei Bedarf neben der Verlagspublikation auf den Seiten der Hochschule veröffentlichen können. 
  • Die Intranetznutzung in Schulen und Hochschulen müsse „auf eine rechtssichere Grundlage“ gestellt werden. Die Schrankenbestimmung, über die Inhalte für Unterricht und Forschung öffentlich zugänglich gemacht werden, solle entfristet werden.
  • Um verwaiste oder vergriffene Bücher wieder verfügbar zu machen, sollen Verwertungsgesellschaften diese gegen Vergütung lizensieren dürfen, sofern der Urheber nicht auffindbar ist. 
  • Das von den Presseverlagen geforderte Leistungsschutzrecht lehnt die SPD ab. Begründung: Suchmaschinen, Blogs und Netzwerke ermöglichten erst das Auffinden von Informationen im Internet. 
Auch die Piraten haben sich erneut mit dem Urheberrecht beschäftigt und die aus ihrer Sicht wichtigsten Punkte einer Reform zusammengestellt. In Kürze (hier ausführlich nachzulesen):
  • Die Schutzfristen sollen auf 10 Jahre nach dem Tod des Urhebers verkürzt werden. 
  • Die Urheberrechte sollen schneller auf den Urheber zurückfallen, wenn der Verlag das Werk nicht veröffentlicht.
  • Ausschließliche Nutzungsrechte sollen maximal 25 Jahre vergeben werden dürfen und nach Ablauf der Frist die Rechte an die Urheber zurückfallen. 
  • Öffentliche Bildungseinrichtungen sollen nach der regulären Anschaffung keine weiteren Abgaben mehr leisten müssen, damit die Werke dort genutzt dürfen. Neue Geschäftsmodelle auf Basis freier Lizenzen sollen angeregt werden.
  • Bibliotheken sollen Werke „zeitgemäß“ archivieren dürfen.
  • Das Recht auf Privatkopie soll ausformuliert werden, die Erstellung von „Remixes” und „Mashups” erleichtert werden.
  • Kopierschutzmaßnahmen und digitale Rechteverwaltung (DRM) wollen die Piraten abschaffen.
  • Auch das Urhebervertragsrecht soll reformiert werden. Die Piraten fordern mehr Mitspracherechte für Urheber gegenüber Rechteverwertern, darunter ein Zweitverwertungsrecht und eine zeitliche Begrenzung von „Buy-Out“-Verträgen.
  • Privates, direktes, nichtkommerzielles Filesharing soll erlaubt werden. Mit Verweis auf eine Studie der Universität der North Carolina erklären die Piraten Filesharer zu „besseren Kunden“, das Bedürfniss nach „try-before-buy“ als berechtigt.
  • Neue Geschäftsmodelle wie Micropayment, Crowdfunding sowie Pauschalabgaben sollen gefördert werden, um eine faire und angemessene Vergütung für Urheber zu gewährleisten. 
  • Das Abmahnwesen für Verletzungen des Urheberrechtes durch Privatpersonen müsse beendet werden.

Mehr zum Thema:

Weitere Positionen zum Urheberrecht lesen Sie im aktuellen buchreport.express 20/2012 (hier zu bestellen). 

Kommentare

1 Kommentar zu "Filesharer sind die besseren Kunden"

  1. Michael Nardelli | 21. Mai 2012 um 22:54 | Antworten

    Also, diese Soße, die die Parteien – in bester Nichts-Konkretes-Sagen-Manier auch die Piraten, schnell gelernt, Burschen – hier anrühren, ist ja ungenießbar. Was soll man damit anfangen? Hauptsache, mal was gesagt – wenn es auch nichts ist.
    Als ehemaliger Urheber, der als IT-Journalist den ersten Internet-Nutzern Mitte der 90er-Jahre erklärt hat, was sie da eigentlich machen und wie das Ganze funktioniert, finde ich ja toll, dass über das Verhältnis von Urhebern und Kunden geredet wird. Um aber im Bilde zu bleiben: Es wird nicht so heiß gegessen, wie gekocht wird,schon gar nicht dieser Parteienquatsch mit Soße. Ich erinnere mich noch an die Dollar-Zeichen, die die Verlage in den geldgierigen Augen hatten, als sie alsbald wie die Goldgräber ins Web stürzten und alles verschenkten, was sie hatten. Irgendwann haben sie dann angefangen zu jammern über die bösen Raubkopierer, die einfach nichts zahlen wollen. Ich erinnere mich aber auch noch an das Jammern und Lobbyistenlosschicken von erst Musik- dann Filmindustrie. Gut, Kino- und Konzertkarten sind deutlich teurer geworden, aber sie wären es auch ohne die angeblichen Einnahmeverluste durch die Webpiraten. Und die Gagen der Film- und Musikstars sind immer noch astronomisch. Mancher wäre ohne die Schnorrer bei Youtube und Co erst gar nicht bekanntgeworden.
    Es bleibt dabei: Statt jammern lieber gute Inhalte produzieren. Die finden immer noch genügend Käufer. Und sich eben nicht nur phantasielos an der Bestseller-Liste entlanghangeln, sondern in Inhaltsmatsch die echten Pertlen suchen. Das macht Mühe, aber es lohnt sich. Und, ein Letztes: Man muss ja nicht jeder Digital-Rampensau hinterherlaufen. Am besten vor bösen Piraten geschützt sind Inhalte immer noch auf der eigenen Festplatte. Keine App, kein Web, kein Download. Nur Print. Wie früher, in der grauen Vorzeit des ach so antiquierten Urheberrechts.

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