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Gegen Amazon nicht wehrlos

Bis zum 2. März findet im Ulm die Jahrestagung des Arbeitskreises kleinerer unabhängiger Verlage (AkV) statt. Im buchreport-Interview spricht AkV-Sprecherkreis-Mitglied Bernd Weidmann (Foto) über die Lage der Verlage und ihre Verhandlungsposition gegenüber Amazon

Stehen kleinere Verlage einem inzwischen ziemlich dominanten Marktteilnehmer wie Amazon wehrlos gegenüber?

Nein, das Amazon-Konzept lebt ja davon, dass  die Kunden bei diesem Online-Anbieter nahezu alle Titel kaufen können. Deshalb sehe ich keine Wehrlosigkeit der kleineren Verlage, sondern eine Art gegenseitige Abhängigkeit. Viele Verlage beliefern Amazon außerdem nicht direkt, sondern über die Barsortimente. Wer Amazon als Verlag nicht direkt beliefert, bleibt mit seinen wichtigsten Umsatztiteln also dennoch am Online-Markt. 

Wie können die Bücher kleinerer Verlage noch Leser finden, wenn die Amazon-Konditionen kaum zu ertragen sind und die stationären Buchhandlungen ihre Flächen reduzieren?

Diese Situation existiert schon seit vielen Jahren. Die kleineren Verlage sind gewohnt, ohne große Unterstützung des Handels auszukommen. Es gibt heute viele Möglichkeiten, den potenziellen Kunden zu finden, besonders übers Internet. Ich kann als Verleger meine Produkte in Social Networks anpreisen, kann über die Websites der Autoren die Kunden ansprechen usw. Das heißt, vertrieblich stützen sich viele Verlagsaktivitäten heute aufs Internet. Und dieses Internet ist nicht in Händen von Amazon, sondern steht allen zur Verfügung, und das wird auch so bleiben.

Wenn sich der Vertrieb schon stark aufs Netz konzentriert, sollten sich kleinere Verlage dann auch stark aufs E-Book als Darreichungsform konzentrieren?

Kleinere Verlage befassen sich natürlich auch mit E-Books, oft stehen diese aber nicht so im Fokus wie bei den großen Publikumsverlagen mit ihren Bestsellern. Das müssen sie auch nicht. Zudem kommt die Entwicklung bei den Druckkosten den kleineren Verlagen entgegen: Kleinere Auflagen lassen sich heute viel kostengünstiger produzieren als früher.

Welche Rolle spielen angesichts der Umwälzungen in der Buchbranche Kooperationen und der Austausch zwischen kleineren unabhängigen Verlagen?

Es gibt immer gute und wichtige Gründe zur Zusammenarbeit, auch wenn sich die Kooperation für die betreffenden Verlage in der Praxis oft als schwer organisierbar herausstellt. Der Austausch untereinander – und dazu zählt die AkV-Jahrestagung in Ulm – ist aber in Umbruchszeiten besonders wichtig.

Würden Sie eigentlich heute noch jemandem guten Gewissens empfehlen, einen neuen Verlag zu gründen?

Jederzeit. Wenn er eine gute Idee und eine klare Programmvorstellung hat, soll er es auf jeden Fall versuchen.

Die Fragen stellte Ingo Schiweck

Bernd Weidmann
ist Geschäftsführer des Verlags Die Werkstatt und Mitglied im Sprecherkreis des Arbeitskreises kleinerer unabhängiger Verlage (AkV).

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