Die Diskussion über die Reform des Urheberrechts polarisiert die Besucher der Buchtage in Berlin. Nach den einleitenden Reden von Gottfried Honnefelder (hier mehr) und Michael Krüger (hier als Video) hat Matthias Spielkamp (Foto: re.) vom Urheberrechtsportal irights.info in einer Podiumsdiskussion massive Kritik an der „Rückwärtsgewandtheit“ und der in den Reden geäußerten Verachtung der Internetgemeinde geäußert
Die beiden Reden vom Verbandsvorsteher und dem Hanser-Verleger erinnerten ihn an Predigten in der Kirche, erklärte Spielkamp und erntete viel Beifall im Publikum. Die Legitimkrise des Urheberrechts sei dadurch gegeben, dass sich mit der Veränderung der Technik auch die Gesellschaft verändert habe. Dies werde vom Börsenverein aber nicht erkannt, weshalb ihm das Dialogangebot von Honnefelder „geheuchelt“ vorkomme. Aktuell sei kein Dialog möglich, er hoffe aber, dass sich die Gemüter beruhigen würden und dann ein zukunftsgewandtes Gespräch in Gang komme.
Helge Malchow (li.), Verleger bei Kiepenheuer & Witsch, erklärte, die Branche sei über den Punkt der Legitimationskrise des Urheberrechts hinaus, die bisherigen Streitigkeiten seien durch „metaphysische Zuspitzungen“ bedingt – die Verteidigung des Abendlandes durch das Urheberrecht versus die mit allen Mitteln zu erreichende Offenheit der Gesellschaft. Erstaunlich sei, dass es im Hochland der Digitalisierung, in den USA; eine solche Debatte über das Urheberrecht nicht gebe.
Die Debatte sei notwenig, aber auch ausufernd, sagte Imre Török (2.v.re.), Chef des Schriftstellerverbands VS. Die Entwicklungen der Technik änderten nichts daran, dass schöpferische Leistungen voll vergütet werden müssten. Auch Török formulierte eine Spitze gegen Teile der Internetnutzer: Viele äußerten sich zur Kreativität, hätten aber noch nie etwas Kreatives im Leben vollbracht. „Ich sehe riesengroße Gefahren, dass wir im riesigen Netz nicht in Richtung Schwarm-intelligenz, sondern -Dummheit wandern“, so Török.
Auch die Autorin Sibylle Lewitscharoff (2.v.li.) äußerte Vorbehalte gegenüber einigen Trends im Internet, insbesondere gegen die Kostenlos-Kultur: Es sei eine riesige qualitative Veränderung, wenn alles verfügbar sei, dies führe zu einer Orientierungslosigkeit. „Ich hasse kostenlos, das ist eine entsetzliche Herabsetzung schöpferischer Leistung.“ Unser gesamtes Wertverhalten drücke sich im Geld. Mit Blick auf die Kritiker des Urheberrechts sagte die Autorin, es störe sie, dass Angriffe von den Leuten vorgetragen würden, die keine Ahnung davon hätten, wie beispielsweise ein Buch entstehe.Mehr zum Thema:
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