Damit ist natürlich nicht gemeint, dass die Nation kein intellektuelles Rückgrat mehr bräuchte, sondern dass die Verlage ihre sogenannte Gatekeeper-Funktion verloren haben: Gab es früher für ein Buch im Grunde nur die Alternative zwischen Verlag und Mülltonne, führt heute sozusagen eine breite Straße am bewachten Tor vorbei. Der weltweite Topseller „Fifty Shades“ ist ein eindrucksvolles Beispiel: Die Sado-Saga hatte im Internet bereits ein Publikum, lange bevor Random House sie als gedrucktes Buch herausbrachte.
Mit anderen Worten: Die Gatekeeper-Funktion der Verlage mag futsch sein, die wirtschaftliche Basis ihrer Arbeit ist es noch lange nicht. Jenseits theoretischer Szenarien gibt es in der Realität Millionen Leser, die weder Zeit noch Lust haben, in den Weiten des World Wide Web selbst nach Lesenswertem zu suchen. Sicher müssen die Verlage im Internetzeitalter ihre Rolle neu definieren. Mit ihrem baldigen Verschwinden aber ist nicht zu rechnen.
Zitat:“Ein gutes Beispiel sind die Selfpublisher von Amazon. Die Preise sind so niedrig, der Service – Verleihfunktion, bald eine Flatrate – ist so gut, dass die Kunden nicht nach Buchpiraten suchen müssen. Und es auch nicht tun.“
Das sehe ich genau so!
http://www.reiseruecktrittsver…
Schön wäre es. Leider liest man auch Dinge wie dieses Interview mit Mira Morton letzte Woche:
https://tarnkappe.info/wenn-de…
Und was sehe ich beim Nachfolge-Portal der unlängst so spektakulär hochgenommen Piratenseite boerse.bz? – Zur Stunde 2.646.320 Mitglieder. Von einer gewissen russischen Piratenseite mit ihrem gigantischen deutschsprachigen Angebot mal ganz zu schweigen.
Es gibt auf diesem Gebiet keinerlei Entwarnung, nicht für Verlagsautoren, nicht für Selbstverleger. Da kann sich die – gerade auch deutsche – Buchbranche so sehr in die Tasche lügen, wie sie will.
PS: Was soll eigentlich der Versicherungslink in Ihrem Beitrag? Ach so, der Trend geht ja jetzt zum viralen Marketing:
https://www.youtube.com/watch?…
Die Frage ist doch, wie lange das Geschäftsmodell „Verlag“ noch tragfähig ist? Die Verlage schaufeln sich ihr eigenes Grab, speziell durch die Ignoranz gegenüber den Lesern. Dass diese sich den Piraten zuwenden ist kein Wunder. Ein Beispiel aus der eigenen Praxis: vor Kurzem entschied ich mich, mal den Schritt vom Kindle hin zu einem Tablet Computer (nicht von Amazon) zu machen. Ich denke, das machen ausser mir auch andere? Die „Freude“, die ich dann mit den DRM verseuchten Büchern hatte, möchte ich hier nicht beschreiben. Dazu gibt es genug Kommentare im Internet. Angeblich will ja die Verlagsbranche aus den Fehlern der Musikindustrie gelernt haben – hohle Worte, nichts als Gerede. Zumindest DRM hätte man abgeschaffen sollen – wir haben 2013. Heute überlege ich mir zweimal, ob ich ein Buch mit DRM kaufe – eher nicht. Apropos kaufen: Ich wollte ein Buch aus dem Heyne Verlag kaufen (Geld ausgeben). Obwohl es 2004 erschienen war, gehört es offenbar zum alten Eisen (out of print). Da wollte ich Naivling das als Ebook kaufen – Fehlanzeige, gab es nicht. Naja, auf einer Seite russischen Ursprungs gab es das schon als Ebook, kostenlos und ohne DRM. Hmm? Übrigens, was ich sonst noch auf dieser Seite an deutschen Büchern gesehen habe – Ohlala!!! Mein Fazit ist, dass es die Verlage hier vergeigt haben. Ich lasse mir doch nicht vorschreiben, was ich zu lesen habe. Ich lasse mir auch nicht vorschreiben, an welchen Shop bzw. Hardware ich mich ein Leben lang binden werde (darauf läuft es mit DRM letztlich hinaus). Zuletzt fehlt mir auch noch die Geduld um zu warten, bis ein Verlag so gnädig ist, das Buch mal digital anzubieten. Übrigens gab es das Buch schon noch, gebraucht, im aktuell viel gescholtenen Amazon Shop. Die Verlage missachten nicht nur ihre Leser. Von einem Literaturagenten habe ich erfahren, welche Vertragskonditionen bestimmte Verlage den Autoren für Ebook-Rechte aufdrücken wollen – obzön! Da wundert es mich nicht im Geringsten, warum Amazon-Self-Publishing so einen Zulauf hat. Beruflich arbeite ich in der Ebook Branche, aber diesmal hatte ich eher privat das Vergnügen, als (versuchter) Kunde eines Verlages. Ich denke mal, dass das keine Ausnahme war. Wer sich so wie die Buchbranche am Markt verhält, der braucht sich nicht zu wundern, dass es bergab geht. Daran werden auch „Buy Local“ Aktionen kaum etwas ändern. Um es mal mit Darwin zu sagen, was wir aktuell erleben (mit Amazon) kann man als „Survival of the fittest“ umschreiben, oder bezogen auf die Wettbewerber „Death of the unfittest“.
Apropos Piraterie-Infrastruktur: Lieber User „spiegelbest“, täusche ich mich oder bieten Sie auf b….bz unseren neuen Roman zum kostenlosen Download an? Genau einen Tag nach dem Erscheinungstermin? Nur, um sich dann hier über die Zukunft der Verlage auszulassen? Ich fasse es nicht, das ist wirklich unglaublich!
@Anne Hertz,
Wir arbeiten zwar im Team, aber ich lass das mal so stehen als ‚meinen‘ Beitrag. Meine Antwort also:
Wenn die Verlage ihre Kunden anständig behandeln – annehmbare Preise, kein DRM-‚Schutz‘ – dann werden die Kunden nicht zu uns Buchpiraten gehen. Es ist also keine moralische Frage, sondern – sehr unbequem – eine praktische Frage, die sich den Verlagen stellt.
Ein gutes Beispiel sind die Selfpublisher von Amazon. Die Preise sind so niedrig, der Service – Verleihfunktion, bald eine Flatrate – ist so gut, dass die Kunden nicht nach Buchpiraten suchen müssen. Und es auch nicht tun.
Das Netz ist nun mal kein Buchladen. Wer im Netz Geld verdienen will, muss sich an die Regeln halten. Wer versucht, die Kunden legal abzuziehen, bekommt eine illegale Antwort. So sind die Regeln im Netz. Und sie sind nicht neu! Wenn ‚Spiegelbest‘ diese Antwort nicht gibt, gibt sie ein anderer.
Fassen Sie sich also wieder, denn das Hochstellen Ihres Buches ist nichts, worauf ich persönlich einen Einfluss hätte.
Nee, klar – ich ziehe meine Kunden ab und deswegen haben sie jedes Recht dieser Welt, mich zu beklauen.
Jetzt mal im Ernst: Wenn ich mit Schreiben kein Geld verdiene, weil niemand meine Bücher lesen will und alle zu dem Ergebnis kommen, dass Anne Hertz nur Schrott verfasst: Geschenkt. Klarer Fall von Beruf verfehlt. Kein Drama.
Anders sieht die Sache allerdings aus, wenn die Romane gut ankommen, aber Menschen der Ansicht sind, dass man diese Arbeit nicht bezahlen muss, weil sich das Produkt mittlerweile ohne große Gefahr klauen lässt. So „billig“ kann ich gar nicht produzieren, dass ich mit Ihrer „for free“-Seite mithalten kann. Insofern ist Ihr Statement zu den Kunden von Selfpublishern, die niemals klauen würden, nur eine durch nichts bewiesene Behauptung.
Natürlich: Diebe wird es immer geben. Gab es immer. Muss ich mit leben. Aber das hier zur gesellschaftspolitischen Errungenschaft zu verklären und den Robin Hood zu mimen – das ist wirklich lächerlich.
@ Anne Hertz
Okay, der ‚Robin Hood‘ muss nicht sein. Ist auch nicht so völlig ernst gemeint. Hat damit zu tun, dass ich jeden Tag blogge und ausschmücken muss.
Ernst gemeint aber ist, dass ‚for free‘ im Netz eine soziale Errungenschaft ist. Natürlich nicht für die Autoren, sondern nur für die Leser! Eine Errungeschaft nicht für die gut betuchten, sondern für die schlecht betuchten Leser. Für die Studenten. Für die Jugend. Für die untere Hälfte der Gesellschaft.
Es geht ja nicht nur um Unterhaltung á la Anne Hertz, sondern auch um Fachbücher, um das Lesen lernen, um das Buch als Alternative zur Glotze, um Teilhabe an dem, was die Gesellschaft diskutiert.
Wenn Anne Hertz sich ins Netz begibt, muss sie mit dem ‚free4all‘ leben. Für die Autorin ist das sicherlich keine soziale Errungeschaft. Einfacher war es vorher.
Die Frage ist auch nicht, ob ich das moralische Recht habe, mich zu Wort zu melden. Die Frage ist, ob meine Einschätzung der Lage stimmt. Denn wenn sie stimmt, dann denkt Amazon bereits über ein Matt in 3 Zügen nach, während die Verlage und ihre Autoren nicht einmal die Regeln richtig begriffen haben.
Das halte ich aber für einen Mythos, dass Piraterie sich nur an die „schlecht betuchten Leser“ wendet. Wenn man z. B. wie ich für die Stiftung Warentest als Anti-Piraterie-Dienstleister unterwegs ist, sieht man recht deutlich, was der Pirat will. Platz 1 ganz klar: Sonderheft allerneueste Fernseher. Auch beliebt: Kameras, Waschtrockner, Reiseversicherungen, gebrauchte Immobilien, Bankschließfächer. Klingt für mich alles nicht nach arme Studenten, sondern eher nach Generation „Geiz ist geil“. Geld hat die genug, gibt es aber halt nicht für digitale Autoren-Produkte aus. Gelegenheit macht Abstauber.
@Anne Hertz: Spiegelbest äußert sich hier immer mal wieder, siehe auch: http://www.buchreport.de/nachr…
Leider hat er auf viele Fragen/Vorwürfe keine Antwort, z.B. gab es keine Reaktion mehr auf meinen dort hinterlassenen Post (Auszug) „Sie mögen sich als eine Art Robin Hood, der Bücher befreit, verstehen oder gerne so verkaufen (übrigens: Es gibt Bibliotheken und andere legale Möglichkeiten, günstiger an Bücher heranzukommen … Und sind die Nutzer Ihres Angebots wirklich so bedürftig? Oder haben sie einfach nur keinen Bock, den Ihrer Meinung nach „viel zu hohen“ Preis zu bezahlen? Was sind uns geistige Schöpfungen überhaupt noch wert?). Auch wenn Sie sich hehre Motive einreden – gibt Ihnen das allein das Recht, sich über geltendes Gesetz hinwegzusetzen?“
Das mit der Teilhabe an Gesellschaft ist hehres Blabla, mit dem sich Spiegelbest seine kriminellen Machenschaften schönzureden versucht. Gerne erwarte ich von ihm den Gegenbeweis in Form von Nutzerdatenerhebungen o.ä. – wollen mal sehen, wie viele HartzIV-Empfänger sich melden und bedanken, Zugang zu E-Literatur oder Fachbüchern zu haben … ohne diesem Personenkreis zu nahe treten zu wollen.
Und übrigens: Auch Verlage, die ihre Titel DRM-frei anbieten, werden Opfer von Piraterie.
Insofern ist auch die Frage nach der Motivation noch immer offen … ist es doch das Geld??
Piraten wird es immer geben, aber es muss nicht immer Nutzer geben, die zu den Piraten gehen.
Um das klar zu sagen: Es ist an den Verlagen, die Nutzer zurückzugewinnen. Es ist nicht Aufgabe der Piraten, Einkommensnachweise zu verlangen. Sind wir die Dienstboten der Verlage?
Natürlich laden wir auch Selfpublisher hoch, wenn verlangt, aber die Nachfrage ist deutlich geringer wegen vernünftiger Preise. Das stellen wir fest.
Auch DRM-freie Titel müssen die Verlage selbst einführen, um ihre Kunden zurückzugewinnen. Uns ist egal, ob hartes oder weiches DRM drauf ist. Wir sind kein Förderverein!
Ob wir Geld verdienen, lässt sich einfach überprüfen. Wir nutzen eigene, teure Server. Und die Spenden der Nutzer sind meist an einen Buchwunsch gekoppelt. Nichts leichter als eine Überprüfung, ob wir Geld abzweigen.
Die großen Verlage und Buchketten haben viele kleine Verlage und inhabergeführte Buchhandlungen existenziell vernichtet. Appelle an die Anständigkeit haben bei den Finanzinvestoren damals nur Gelächter ausgelöst.
Also – damals waren wir nicht in der Kuschelecke und jetzt sind wir es auch nicht!
b…bz ist in der Tat das größte Piraterie-Ärgernis für deutschsprachige Belletristen, mit zur Stunde immerhin 2.276.109 „Mitgliedern“. Und allerdings handelt es sich um ganz normale Filehoster-Piraterie, die man per Notice-and-Takedown-Verfahren in den Griff kriegen kann. Wenn Ihnen Ihr Verlag nicht sagen kann, wie das geht, fragen Sie mich.
Übrigens gibt es inzwischen immer mehr Autoren, die Antipiraterie-Maßnahmen von ihrem Verlag als Dienstleistung explizit verlangen. Das ist interessant im Zusammenhang mit der Diskussion, was die Kernaufgaben von Verlagen sind – Antipiraterie gehört da heute eindeutig auf die Liste. Schade eigentlich, dass die wenigsten Verlage auf diesem Gebiet kompetent sind; das Niveau ist da im März 2013 immer noch in der Regel: „Ja, wir haben die Sache an unseren Justitiar weitergeleitet. Er hat sich leider noch nicht dazu geäußert.“ Schade eigentlich auch, dass sich der Börsenverein mit Händen und Füßen dagegen wehrt, eine konzertierte Aktion gegen b…bz einzuleiten; das wäre ja keine Rocket Science. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es der deutschen Buchbranche noch viel zu gut geht.
1.) „2.276.109 „Mitgliedern““ und alle sind sie nur des Lesens willen da ?
2.) „eine konzertierte Aktion gegen b…bz einzuleiten;“ und Sie glauben das ist dann der erste Versuch?
3.) dass es der deutschen Buchbranche noch viel zu gut geht.
Sie mögen sich ja ein bisschen auskennen aber wirklich wissen tun Sie gar nichts. Allerdings haben sie mit Ihrer Aussage Nr.3 den Nagel auf den Kopf getroffen.
Auf http://www.buchreport.de/nachr… hat zwar sehr spät „FLO“ eine Antwort auf die Diskussion gegeben. Nur scheint sie keiner registriert zu haben:
„Es ist wohl eher die Frage, ob es einen Weg gibt an die Bücher zu kommen und dafür nicht bezahlt. Dann Spenden hierfür kassiert und das Geld dann in die eigene Tasche steckt. Das lohnt sich dann bei wie vielen Tsd. Usern die monatlich 5€ Spenden, genau ab wann??“
Somit ziehe ich das Fazit, das Problem sollte an den Wurzeln gepackt werden und nicht bei den Verteilern.
Ich versuche zu erahnen, was Sie sagen wollen. Und da ich da Fragezeichen sehe, sei geantwortet:
Ad 1: Nein, bei b…bz sind nicht nur Leser, aber Ebooks sind das dort das wichtigste Segment. Wenn man Software, Filme, Musik will, gibt es bessere Seiten.
Ad 2: Hätte es da in den letzten Jahren irgendeine ernstzunehmende Aktion gegeben, hätte ich das mitbekommen. Hat es offensichtlich nicht.
Das FLO-Statement verstehe ich nicht. Können Sie mir erklären, was er/sie sagen will?
Und dann schreiben sie noch, „das Problem sollte an den Wurzeln gepackt werden“, ein Spruch, den ich so oder ähnlich schon so oft vom Börsenverein und anderen wohldotiert seit Jahren untätigen Piraterie-Verstehern gehört habe. Da wüsste ich doch zu gerne einmal, was das für Wurzeln sein sollen. Können Sie mich da aufklären?
Die Musikindustrie hat rund zehn Jahre gebraucht, um sich jetzt bei ca. der Hälfte der Umsätze zu konsolidieren – dank Flatrates und Beteiligung an den Umsätzen von Live-Konzerten. Letzteres fällt für die Buchindustrie flach – wer zahlt schon echtes Geld für Lesungen? Und Amazon wie Piraterie-Infrastruktur sind inzwischen deutlich stärker geworden. Optimismus fällt mir da schwer.
Amazon lässt Millionen Leser auf seine Selfpublisher los. Die Einkaufskörbe werde dann hochprofessionell ausgewertet.
Ich seh nicht, wie ein Verlag mit ein paar Lektoren ein Chance hätte.
Die nächste ‚Shades of Grey‘-Autorin wird die KDP-Plattform nutzen und Amazon direkt in die Arme laufen !!
So sieht’s aus. Hinzu kommt die kuriose Tatsache, dass heutzutage die Verlage versuchen, auf „Trendzüge“ aufzuspringen und möglichst schnell profitable Self-Publisher abzuwerben. Früher hat das genau andersrum funktioniert…