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Kein Preisverfall zu befürchten

Der E-Book-Markt steuert in eine neue Entwicklungs-Phase. Besonders im Vertrieb und Marketing ergeben sich neue Perspektiven. buchreport sondiert die Zukunft mit einer internationalen Umfrage. Ralf Biesemeier vom E-Book-Dienstleister Readbox über die Internationalisierung des E-Book-Vertriebs, Preiskämpfe und neue Geschäftsmodelle.

An der Umfrage, die im buchreport.magazin Oktober 2013 zu lesen ist, haben außerdem u.a. Oliver Pux (Bastei Lübbe), Stefano Mauri (Gruppo editoriale Mauri Spagnol) und Anne Stirnweis (Verlagsgruppe Random House) teilgenommen.
Immer mehr Verlage übersetzen ihre Bücher selbst und publizieren sie für ausländische Märkte digital (statt die Rechte anderen Verlegern zu verkaufen). Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?
Hier sehe ich ein großes Potenzial für die Verlage, selbst einen größeren Anteil an der Wertschöpfungskette zu bekommen. Der Teufel steckt aber oft im Detail und man muss schon gut vorbereitet sein, was lokale Eigenheiten, Gesetzgebung, Pricing, vertragliche Besonderheiten und auch die technische Infrastruktur angeht. Logistisch jedoch bedeutet es keinen wirklichen Mehraufwand, digitale Inhalte auch im Ausland anzubieten und die Investitionen für eine internationale Auslieferung sind vergleichsweise gering. Insofern ist hier sicher eine gute Perspektive für die Verlage, ihr Geschäft auszuweiten.
Besonders Amazon drückt bei den E-Books aus den eigenen Verlagen die Preise. Was bedeutet das für das zukünftige Preisgefüge des Digitalbuchs?
Sicherlich ist die Preissensitivität in digitalen Märkten – nicht nur beim E-Book – deutlich ausgeprägter als in anderen Distributionskanälen. Einen Preisverfall in der Produktkategorie E-Books selbst können wir jedoch kaum feststellen. Richtig ist, dass der Durchschnittspreis, den der Kunde für ein E-Book zu zahlen bereit ist, teilweise deutlich unter dem von den Marktteilnehmern gewohnten Preis für beispielsweise ein Taschenbuch liegt.
Der Durchschnittspreis, den wir mit unseren inzwischen über 14 000 ausgelieferten E-Books erzielen, ist seit über einem Jahr sehr stabil. Vor niedrigen Preisen sollte auch niemand Angst haben – in einem noch nicht „reifen“ Markt führen niedrige Preise natürlich zu Mitnahmeeffekten, aber auch zu einem positiven Schub: Niedrige Preise oder Kostenlosangebote schaffen einen Mitnahmeeffekt und sind ein Verkaufsförderungsmittel. Mit zunehmender Reife des Marktes werden durchaus auch höhere Preise akzeptiert und gezahlt werden. Verlage, die ihre (Marketing-)Hausaufgaben machen und ihre Bekanntheit sowie Markenidentität kontinuierlich ausbauen und weiterentwickeln, brauchen einen Preiskampf nicht zu fürchten.
Was kommt nach dem klassischen E-Book und wohin entwickeln sich perspektivisch Formate, digitale Inhalte, Vertriebswege, Geschäftsmodelle?
Das E-Book bietet Verlagen die Chance, direkter und unabhängiger vom Handel zu agieren und damit den Geschäftserfolg auch mehr in der eigenen Hand zu haben. Hier eröffnen sich übrigens auch insbesondere kleineren Verlagen viele Möglichkeiten.
Formate: Kurzfristig werden wir weiterhin Epub- und Mobi-Formate sehen, langfristig werden aber auch E-Books eher generisch web- und browserbasiert sein. Zusätzliche Reader-Technologie (Hardware oder App) wird wahrscheinlich eher ein Zwischenschritt sein.
  • Digitale Inhalte: Bei den Inhalten werden wir wahrscheinlich auch sehen, dass der Markt reif wird. Auch hier wird viel davon abhängen, ob sich nicht-belletristische Inhalte werthaltig (d.h. mit einem klaren Nutzen für den Konsumenten/Nutzer) digital als E-Book umsetzen lassen. Mit fortschreitender Technologie und Leistungsfähigkeit von Geräten und Formaten sowie der damit einhergehenden Akzeptanz des Marktes werden aber ganz sicher auch immer mehr Fach- und Sachbuchinhalte und andere nicht-belletristische Inhalte nachgefragt und verkauft werden.
  • Vertriebswege: Bei den Vertriebswegen wird es eine Entwicklung in zwei Richtungen geben: Auf der einen Seite wird die Konzentration im Handel weiter zunehmen, neben wenigen großen Händlern wird es wohl nur Raum für zusätzliche spezielle Nischenanbieter geben. Auf der anderen Seite wird auch das Direktgeschäft der Verlage deutlich ansteigen. Das Web ist als Vertriebsweg der zentrale Ort. Wenn es Verlagen gelingt, dort die nötigen Kompetenzen zu entwickeln und einzusetzen, sind die Chancen für eine größere Sicht- und Findbarkeit viel größer, als es im physikalischen Geschäft je möglich war.
  • Geschäftsmodelle: Spannend wird es sein zu beobachten, ob sich alternative Nutzungsmodelle (Lending, nutzungsbasierte Abrechnungsmodelle) durchsetzen und sich für die Marktteilnehmer in ein profitables Modell übersetzen lassen. Davon bin ich persönlich noch nicht überzeugt – u.a. zeigen ja auch die Beispiele der Musikindustrie (Spotify, Napster und Co.), dass für den Nutzer attraktive Modelle für die Content-Anbieter nicht unbedingt attraktiv sein müssen.

Kommentare

4 Kommentare zu "Kein Preisverfall zu befürchten"

  1. Ich denke, Herr Biesemeier meint 14.000 Titel, die sie im Vertrieb haben. Das kommt hier falsch rüber.

  2. 14000 E-Books/1Jahr (so habe ich das verstanden) sind ein Witz. Bei einer solchen Zahl auf das Konsumentenverhalten zu schließen halte ich für sehr gewagt. Da hat Manuel Bonik wohl recht mit seinem Kommentar und den (richtigen) Markt teilen sich andere (z.B. Amazon und selbsternannte Buchpiraten).

    • Witz würde ich es nicht nennen, eher blanken Hohn. Ich habe mir mal, angeregt durch diesbezügliche Diskussionen hier, die Statistiken eines (nur eines!) Piraten mal angesehen. Der liefert diese Menge ja z.T. in 3 Stunden aus. Die Statistik von Bookrix ist ja damit schlimmer als jämmerlich! Von 130.000 vorhandenen Büchern auf Bookrix sind ganze 14.000 Exemplare bisher ausgeliefert worden – Was ist denn das?? Die Pressemitteilungen bzw. Erwähnungen gehen bis auf das Jahr 2008 zurück. Seit 2008 wurden ganze 14.000 Bücher in Umlauf gebracht – ich kann es nicht glauben! Viel interessanter (wirtschaftlich) ist doch die Frage, wie Bookrix damit überleben konnten. DAS ist ein Wunder

  3. „zeigen ja auch die Beispiele der Musikindustrie (Spotify, Napster und Co.), dass für den Nutzer attraktive Modelle für die Content-Anbieter nicht unbedingt attraktiv sein müssen.“ – Zum Spaß hat die Musikindustrie solche Flatrate-Modelle auch nicht eingeführt, sondern nur als letzten Notnagel nach einem Jahrzehnt brutalsten Umsatzeinbruchs. Sollte dieser auch der Buchbranche bevorstehen – und das ist eher meine Einschätzung -, wird man sehen, ob ihr was Attraktiveres einfällt. Dem Angler muss der Wurm nicht schmecken.

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